Dr. Axel Kip ist Internist, also Facharzt für Innere Medizin. Er arbeitet seit 1996 als Arzt, davon 14 Jahre im Krankenhaus und Notarztdienst. Seit 2006 arbeitet er zusammen mit einem Allgemeinmediziner in der Gemeinschaftspraxis Wietmarschen im Landkreis Grafschaft Bentheim. Neben der hausärztlichen Medizin sind seine Tätigkeitsschwerpunkte die Diabetologie, Ernährungsmedizin sowie Sport- und die Notfallmedizin. Zusätzlich hält er bundesweit Vorträge zu den Themen Muskeltraining und Ernährung.
Sommer 2018: Die Bäume werfen vor lauter Dürre ihre Blätter ab. In den Medien gab es wie immer bei Hitzewellen Berichte, die Wettkampfsportler im Fokus hatten: so auch die Ironman-Läufer. Experten empfahlen aufgrund der Hitze selbst sehr gut trainierten Hobby-Triathleten nur zu starten, wenn sie kurz zuvor einen Gesundheitscheck im Herz-Kreislauf-Bereich mit guten Ergebnissen absolviert hätten. Überhaupt empfahl einer der Mediziner, einen Start zu überdenken. Selbst die, die keine Extremsportler sind, sollten einige gesundheitliche Aspekt beim Sport im Sommer beherzigen, damit das System nicht zum Durchlauferhitzer avanciert. Dazu haben wir Dr. Axel Kip befragt.
Herr Dr. Kip, im Sommer muss man sich - aller Hitze zum Trotz - bewegen und als Sportler seinen Trainingsplan verfolgen. Gibt es eine Formel, mit der man zwischen Couch-Potato und Challenge beherzten Gewissens gesund ins Ziel kommt?
Dr. Kip: Die Dosis zwischen Faulheit und Extremsport macht prinzipiell das Gift. Zu viel Bewegung ist unabhängig von der Jahreszeit nicht gut. Es gibt eine Studie aus dem Jahr 2009, in der Daten von 22.071 Ärzte unter 50 Jahren unter anderem in Hinblick auf ihr Joggingverhalten untersucht wurde. 58 Prozent von ihnen joggten fünf bis sieben Mal pro Woche eine Strecke von 6,4 Kilometern. Sie erkrankten in 38 Prozent der Fälle häufiger an Vorhofflimmern als jene Studienteilnehmer, die weniger oft laufen gingen. Es gibt aber auch eine andere Studie aus dem Jahr 2013, die keinen Zusammenhang zwischen Vorhofflimmern und extremem Jogging-Verhalten erkennen lässt.
Dr. Kip: Es gibt Indizien dafür, dass zu viel Joggen lebensgefährlich sein kann. Maßgeblich ist, ob sich der Sportler richtig einschätzt. Wenn jemand nach 15 Jahren Sportabstinenz glaubt, immer noch so fit wie früher zu sein, ist das lebensgefährlich. Der häufigste Fehler meiner Patienten: Statt gesund zu trainieren, nehmen sie sich vor, eine bestimmte Strecke ohne Pause durch zu joggen.
Was sind die Folgen?
Dr. Kip: Zu hoher Puls, Luftnot, Probleme mit den Gelenken und vor allem: Frust.
Was soll Otto-Normal-Sportler bei Hitze beachten? Gilt für das Bewegungs- und Sportprogramm: Besser morgens oder abends?
Bei Hitze besser Schwimmen oder Joggen/Walken?
Dr. Kip: Ich persönlich halte es für sinnvoller bei Hitze zu schwimmen. Hierbei meine ich allerdings nicht „Treibholz" spielen, sondern gezielt seine Bahnen zu ziehen. Wer partout nicht auf Joggen oder Walken verzichten möchte bzw. kann, sollte auf eine angepasste Laufstrecke (z.B. im Wald) sowie ausreichende Flüssigkeitsaufnahme achten.
Besser draußen oder in der Halle trainieren?
Dr. Kip: Ein Training im Wald macht Spaß, bringt Abwechslung und natürlichen Schatten. Sollte es einem zu heiß sein, kann ein Wechsel auf ein Laufband bzw. ein Workout in klimatisierte Räum sinnvoller sein.
Ab welcher Temperaturgrenze heißt unabhängig von Einheiten draußen oder drinnen: kein Sport? Dr. Kip: Diese Frage kann man nicht pauschal beantworten, da sie sehr von Trainingszustand sowie der Trainingseinheit des Einzelnen abhängt. Regelmäßiger Sport schützt am besten gegen die Hitze, da sich der Körper besser den äußeren Bedingungen anpassen kann. Der Sportler schwitzt besser und er verliert weniger Elektrolyte als ein Untrainierter. Das Wichtigste: Auf die Signale des Körpers achten! Wem beim Sport unwohl, schwindelig oder übel wird, sollte das Training abbrechen.
Ich sage meinen Kunden, dass Sie immer mit Pulsuhr laufen gehen sollten. Im Sommer erst recht?
Dr. Kip: Immer mit Pulsuhr! Je nach Lebensalter und Sportart ist der ideale Wert für Ausdauersport unterschiedlich. So kann man ihn grob fürs Joggen berechnen: 220 - Lebensalter x 0,7. Dies ist nur eine sehr allgemeine Faustformel und sollte immer individuell mit dem Arzt abgesprochen werden. Normalerweise geben die Pulsuhren einen Alarm bei einer vorher eingestellten Grenze, so dass man die Intensität individuell pulsgetriggert anpassen kann.
Wenn man neu startet: Macht das in Ihren Augen eher im Frühjahr oder im Herbst bzw. bei niedrigen Temperaturen Sinn? Dr. Kip: Mit dem Herbst kommen die dunklen Tage und die Wahrscheinlichkeit für schlechtes Wetter erhöht sich. Alles Faktoren, die sich eventuell negativ auf die Motivation auswirken können. Von daher finde ich persönlich einen Trainingsstart im Frühjahr sinnvoller. Die Praxiserfahrung zeigt einfach, dass Patienten dann eher „am Ball" bleiben. Trainiert man wetterunabhängig - z.B. in einem Fitnessstudio - macht ein Trainingsstart, egal bei welcher Jahreszeit, immer Sinn!
Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Kip.