Wibke Roth

Gesundheitsjournalistin, Redakteurin, Trainerin, Gladbeck

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Wissenschaft für sich: Autoimmunerkrankungen | eVivam

Schätzungen zufolge leiden hierzulande über vier Millionen Menschen an einer Autoimmunerkrankung. eVivam hat sich bei Internist und Privatdozent Dr. Sebastian Dolff vom Universitätsklinkum Essen nach Erkrankungen und Behandlungen umgehört.

Bei Autoimmunerkrankungen tritt (meist) irgendwo irgendwann irgendwie im Körper eine Entzündung auf; und zwar beispielsweise am Gewebe oder an Organen. Bekanntere sind etwa der Diabetes-Typ-1, oder die rheumatoide Arthritis, die Gelenkentzündung, oder die Hashimoto-Erkrankung der Schilddrüse. Wenn mehrere Organe betroffen sind, sprechen Mediziner von systemischer Autoimmunerkrankung. Dann werden nicht nur die Namen komplexer, sondern auch Diagnose und je nach Verlauf auch die Behandlung: Lupus erythematodes und das Sjögren-Syndrom werden daher an Uni-Kliniken wie dem Universitätsklinikum Essen behandelt.

Erklärungen liegen zwischen irgendwie und 2nd-Hit

Woher Autoimmun-Erkrankungen wie diese kommen, ist nicht genau zu sagen; warum sie ausbrechen, ebenfalls nicht. Die Genetik kann eine Rolle spielen. Die 2nd-Hit-Theorie auch. Die erklärt Privatdozent Dr. Sebastian Dolff. Der Internist ist Experte für systemische Autoimmunerkrankungen: „Das Immunsystem wehrt sich beim ersten Angriff, zum Beispiel bei einem grippalen Infekt, wie es soll. Beim zweiten Mal schießt es übers Ziel hinaus und richtet sich gegen sich selbst."

Nach genetischen und infektiösen Gründen als - potenziellen, aber nicht erwiesenen - Auslösern wird in der Fachwelt nach seinen Angaben auch über Rauchen und Stress diskutiert. Belegt sei das aber nicht.

Beispiel systemischer Lupus erythematodes: Schmetterling auf der Haut

Diese Autoimmunerkrankung mit der Abkürzung SLE gilt als schwere rheumatische Erkrankung. Sie ist auch als „roter Wolf" bekannt. Das setzt sich aus seiner Erscheinungsform - rote Flecken an der Haut - und dem alten Wort für Hauterkrankungen zusammen: Wolf. Dr. Dolff behandelt diese Erkrankung recht häufig. Statistisch komme sie bei sechs von 100.000 Menschen vor und sei nicht heilbar. 40.000 Menschen sind davon nach Angaben des Berufsverbandes für Internisten in Deutschland betroffen. Typisch sei der Ausschlag in Form eines Schmetterlings über Nase und Wangen. Dieser Lupus kann aber auch in Girlanden- oder Scheibchenform auftreten; sowohl auf kleinen Flächen als auf der gesamten Haut. Manchmal, so Dolff, könne nur eine Hautbiopsie Sicherheit geben, ob es sich dabei tatsächlich um diese Erkrankung handelt; oder ein Blutbild. Dr. Dolff: „Diese Erkrankung tritt vor allem bei Frauen zwischen 20 und 40 Jahren auf." Die Symptome: „Patienten beklagen sich über Beschwerden in den Gelenken und über bleierne Müdigkeit." Wenn dieser Lupus nicht erkannt wird, könne sich die Niere entzünden oder schlimmstenfalls versagen. Die Behandlung richtet sich danach, ob die Niere bereits betroffen ist oder nicht. Ein Grundpfeiler, so Dolff, sei die Behandlung mit Cortison. Wenn die Niere betroffen ist, behandelt Dolff mit Medikamenten, die wie eine Art Bremse fürs Immunsystem wirken; meist stationär.

Sprechstunden und Ambulanzen für Autoimmunerkrankungen

Meist läuft es beim Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung so ab, dass dich dein Hausarzt oder Hautarzt (Dermatologe) zu den systemischen Spezialisten schickt. In Uni-Kliniken gibt es dafür zum Beispiel spezielle Sprechstunden für Autoimmunerkrankungen. In großen Kliniken sind dafür sogar Ambulanzen eingerichtet.

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