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Bilanz: Hurricane Festival bringt herbe Verluste ein

Der Veranstalter FKP Scorpio bedankte sich auf der Abschluss-Pressekonferenz bei allen Einsatzkräften. © Johanna Müller

Eine Ausgabe wie die des diesjährigen Hurricane Festivals hat es noch nie gegeben: Wassermengen von mehr als zehn Millionen Litern auf dem Infield, Evakuierungen aufgrund von Unwetterwarnungen, Bandausfälle am Freitag sowie eine Komplettabsage des Samstags.

Die Enttäuschung ist nicht nur auf den Campingplätzen zu spüren, auch die Verantwortlichen bedauern bei der Pressekonferenz am Sonntag den Ausgang des Wochenendes - auch mit Blick auf das Partnerfestival "Southside", das am Freitagabend wegen des Unwetters abgebrochen wurde.

Wichtig: Sicherheit der Festivalisten

„Uns blutet das Herz", bedauert der Geschäftsführer von FKP Scorpio, Folkert Koopmans. Insgesamt könnte das einen wirtschaftlichen Schaden von 15 bis 20 Millionen Euro bedeuten - je nachdem was die Versicherungen sagen. Was für alle Beteiligten zu jedem Zeitpunkt das Allerwichtigste war: die Sicherheit der Festivalisten.

Am Samstag prasselten nach Schätzungen der örtlichen Landwirte 90 bis 120 Liter pro Quadratmeter Regen auf das Festival-Gelände. Zunächst konnte gegen diese Wassermassen angekämpft werden. Die Feuerwehr hatte gegen 11 Uhr mit ihren Mitteln noch alles im Griff, forderte dann aber vier Ortsverbände des THW an. Diese rückten mit zwei der größten Pumpen an, die überhaupt zur Verfügung stehen. Diese wird normalerweise zum Abpumpen der Regenmengen in ganzen Stadtteilen genutzt, erklärt der Einsatzleiter der Feuerwehr Tobias Klindworth.

Der Wasserstand auf dem Infield sei sogar noch zu niedrig gewesen für die optimale Nutzung dieser Pumpen. „Für die Besucher wäre es nicht so schön, aber sicher gewesen", so der Einsatzleiter weiter. Bis zuletzt waren sich alle sicher, dass das Gelände bis 20 Uhr für die Musikfans geöffnet werden kann - wäre nicht der erneute Starkregen eingetreten. Eine Komplettabsage bereits am Mittag herauszugeben, kam für die Veranstalter nicht in Frage. „Wir haben realistische Möglichkeiten gesehen, dass wir den Platz wie auch am Vorabend wieder hinbekommen", sagt Koopmans.

Veranstalter mit Behörden im ständigen Kontakt

Die Wettervorhersagen änderten sich nahezu minütlich. „Man muss von Stunde zu Stunde arbeiten", hält Koopmans fest. Besonders zeigte sich das in den zahlreichen Vorsichtsmaßnahmen der Verantwortlichen, die immer in gemeinsamer Abstimmung und „in keinem Fall leichtfertig entschieden wurden", wie die Bürgermeisterin von Scheeßel, Käthe Dittmer-Scheele, betont. Stimmen, die in den sozialen Netzwerken laut wurden, das Festival würde so mehr Gewinn einfahren, kann Koopmans nicht bestätigen: „Keine Umsätze auf dem Gelände bedeutet mehr Verlust, als würden die Bands spielen."

Auch gute Nachrichten gab es: „Es gab kaum Feuer zu löschen", berichtet Klindworth mit einem Augenzwinkern. Die Arbeit der Polizei konzentrierte sich vorwiegend auf das Krisenmanagement aufgrund des Wetters statt auf Kriminalität und den Verkehr, fügt Heiner van der Werp von der Polizeiinspektion Rotenburg hinzu.

Auch die Verletzungen seien festivalüblich, bestätigt die leitende Notärztin Dorothea Hebebrand. Jan Bauer, Leiter des Sanitätsdienstes beim Deutschen Roten Kreuz, spricht von einem „sauberen Festival". Heißt, es gab wenig Drogenprobleme, aber viele Camper, die umgeknickt sind oder allergische Reaktionen hatten.

Hilfe für die Arbeit der Rettungskräfte wurde unter anderem von der Bergrettung aus dem Harz angefordert. Der Grund: Die Rettungskräfte benötigen geländegängige Fahrzeuge, um Patienten auf dem matschigen Gelände zu erreichen. "So war die Rettung zu Land und zu Wasser jederzeit gegeben", witzelt Bauer.

Neben dem Dank an alle Helfer und die gute Zusammenarbeit lobte Stephan Thanscheidt, Geschäftsführer bei FKP Scorpio, vor allem die Festival-Besucher selbst. „Das Publikum ist wirklich außergewöhnlich, wir sind gerührt", hält Thanscheidt fest. Auch die Künstler lässt die Absage des Hurricane-Samstags nicht kalt. „Gestandene Rapper und große Rocker stehen da mit Pipi in den Augen", sagt Thanscheidt. Einige würden vielleicht nächstes Jahr noch einmal auf der Bühne stehen.


Fakten:

- Knapp 50 Prozent der Bands sind ausgefallen

- 90 bis 120 Liter Regen sind pro Quadratmeter am Samstag gefallen

- 75 Transporte ins Krankenhaus

- 1981 Hilfeleistungen durch Sanitäter (Stand Sonntagnachmittag / 2015 waren es insgesamt 1955)

- 130 gemeldete Straftaten (Stand Sonntagmorgen)

- 7 Ortsfeuerwehren und 4 Ortsverbände des THW waren zum Abpumpen des Geländes angerückt.

- 15 bis 20 Prozent der Besucher sind vorzeitig abgereist. Das entspricht rund 10.000 Gästen.

- 16.000 Liter Förderleistung hat die größte Pumpe, die das THW eingesetzt hat. (jom)

Deichkind beim Hurricane 2016 Konzerte Sonntag

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