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Lokale Facebook-Gruppen: „Digitale Dorfplätze"

Mutter Ina Altermann (links) und Tochter Sissy Gogoll (rechts) betreiben mit Sohn Dustin Gogoll als familiäres Administratoren-Trio die Facebook-Gruppe „Syke – lebendige Stadt im Grünen“. © Jantje Ehlers

Ella sucht einen guten Hausarzt, Paul vermisst schon seit Tagen seine geliebte Katze, Simone ist genervt, da ihre Nachbarn immer wieder räuchern, und Nicole warnt vor dubiosen Männern, die an Haustüren klingeln. Alle haben eines gemeinsam: Sie sind Mitglieder in einer lokalen Facebook-Gruppe, wie beispielsweise „Du kommst aus Sulingen, wenn...“ oder „Syke – lebendige Stadt im Grünen“. Bei sechs der Gruppen im Landkreis Diepholz hat unsere Zeitung näher hingeschaut. Wie entwickeln sich die „digitalen Dorfplätze“?

Eine Familienangelegenheit ist die Gruppe „Syke – lebendige Stadt im Grünen“ für Mutter Ina Altermann sowie Tochter Sissy und Sohn Dustin Gogoll. Altermann gründete die Mutter-Kind-Kind-Gruppe 2012, als sie ihre Selbstständigkeit als Fußpflegerin plante. „Wenn man seine Existenz aufbauen möchte, informiert man sich über den Ort auf eine andere Weise“, erklärt Dustin Gogoll. Somit war die Gruppe Werbe- und Kommunikationsplattform zugleich. Heute hat diese rund 1 300 Mitglieder. „Nach einem etwas holprigen Start wuchs die Mitglieder-Anzahl rapide und mit ihr auch die Themenvielfalt“, so Dustin Gogoll. Das Administratoren-Trio sieht in ihrer Zusammenarbeit vor allem die Vorteile der schnellen Erreichbarkeit und das Vertrauen untereinander in der Familie.

"Du kommst aus Sulingen, wenn..."

Auch Distanzen sind mit Facebook zu überwinden. Den Beweis liefert die Gruppe „Du kommst aus Sulingen, wenn...“. Administrator, Andreas Höft, lebt in Ratingen bei Düsseldorf, kommt aber aus Sulingen. Durch die Gruppe „bekommt man immer noch etwas aus der Region mit“, so Höft. Vor zwei Jahren gründete er sie, seitdem sind rund 1 930 Facebook-Nutzer beigetreten, die damit die in der Beschreibung hinterlegten Nutzungsbedingungen akzeptieren. In diesen verweist Höft auf einen respektvollen Umgang. Außerdem sind Werbeanzeigen, Suche- und Biete-Anzeigen sowie fremdenfeindliche Beiträge ein Tabu: „Das geht gar nicht!“

"Unsere schöne Stadt Bassum"

Berufstätige Mutter und Facebook-Administratorin – das ist Fitore Ajeti aus Bassum. Gemeinsam mit Wolfgang Defort leitet sie seit 2010 die Gruppe „Unsere schöne Stadt Bassum“. Die Idee kam Ajeti bei einer Sitzung der Jusos des SPD-Ortsvereins Bassum. Der anfängliche Gedanke, junge Leute mit dem Thema Politik zu konfrontierten, scheiterte. „Vor allem während des Wahlkampfes 2011 spitzte sich die Situation zu. Da hatte sich einer mit rechtem Gedankengut eingebracht und musste sich mit seiner fraglichen Meinung in jedem Post äußern“, so Ajeti. Die Gruppe mit rund 1850 Mitgliedern überstand dies, aber die Nutzungsbedingungen verbieten seitdem politische Themen.

"Weyhe, unsere Gemeinde"

Anderen Gemeinden reicht eine Gruppe nicht aus, zum Beispiel Weyhe. Dort gibt es mehrere große Foren. In der Gruppe „Weyhe, unsere Gemeinde“ gebe es unter den rund 870 Mitgliedern keine Geheimnisse und jeder – auch Nicht-Weyher – könne sich anschließen, sagt Mortischa Gomez, die die Gruppe vor etwa einem Jahr gegründet hat. In ihrer Gruppe gebe es kaum Tabu-Themen, aber beispielsweise würden Werbung oder Pornografie entfernt.

"Unser Weyhe"

Unser Weyhe“ (rund 1630 Mitglieder) wurde 2012 von Martin Sassenberg gegründet. Auch er bestätigt, dass es klare Regeln gibt, ohne die so eine Gruppe nicht möglich wäre. Zu 90 Prozent würde aber ein positiver Austausch stattfinden, beispielsweise Infos rund um Baustellen, die Suche nach Ansprechpartnern und Telefonnummern oder gar Sportvereine, die über aktuelle Termine informieren oder Mitglieder rekrutieren. Er betreibt außerdem die Gruppe „Weyhe – Suche & Biete“ (rund 5 930 Mitglieder) mit der Hilfe von zwei weiteren Administratoren.

Ziemlich viele Gruppen für einen einzigen Ort. Das ergibt sich laut Sassenberg aus den Schwerpunktthemen. Dies würde in einer einzigen Gruppe schlichtweg den Rahmen sprengen.

"Wenn du in Diepholz groß geworden bist, dann..."

Eine Reise in die Vergangenheit bietet die seit 2011 bestehende Gruppe „Wenn du in Diepholz groß geworden bist, dann...“ (rund 1400 Mitglieder). Die Idee hinter der Gruppe sei, sich über Erinnerungen auszutauschen, die mit Diepholz zu tun haben, erklärt einer der Administratoren.

Themenvielfalt und Regeln, gepaart mit respektvollem Umgang und Personen, die die Übersicht behalten, scheinen gut zu funktionieren. Das belegen wachsende Mitgliederzahlen und die Aussagen der Betreiber. „Ich bin ein bisschen stolz drauf, was aus ‚meiner‘ Gruppe geworden ist“, so Fitore Ajeti.



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