In der Serie Kontoauszug stellen wir regelmäßig Menschen vor, die erzählen, wie viel sie verdienen, wofür sie ihr Geld ausgeben - und wie viel sie in Zeiten hoher Inflation zurücklegen können. Hier berichtet Farrah Mandaba*, Mitte 30, der als Linguist und Data Scientist arbeitet.
Beruf: Ich bin gleichzeitig Linguist, Data Scientist und Verwaltungswissenschaftler - eine ziemlich ungewöhnliche Kombination. Angestellt bin ich in Vollzeit an einer deutschen Universität und das sogar unbefristet mit der Option, verbeamtet zu werden. Nebenberuflich habe ich einen weiteren Lehrauftrag an einer anderen Hochschule, da geht es um ähnliche Themen, darüber hinaus halte ich gelegentlich Vorträge an anderen Einrichtungen wie Kulturzentren oder auch mal in Unternehmen.
Ich habe den Vorteil, dass ich keinem Professor unterstellt bin und dadurch ziemlich autonom arbeiten kann. Dadurch kann ich mir meine Themen recht frei auswählen. Ich forsche fast ausschließlich aus persönlichem Interesse, es macht mir einfach Spaß. Das gilt auch für die Lehre und sogar für die Verwaltungsaufgaben. Ich finde es problematisch, wenn Dozentinnen oder Dozenten der Lehre nur einen untergeordneten Stellenwert einräumen.
Ausbildung: Nach dem Abitur habe ich Germanistik und Philosophie studiert. Mich haben damals die Bereiche Wissenschaftstheorie und Logik besonders interessiert, da gehörte immer auch ein mathematischer Teil dazu. Deshalb besuchte ich viele Statistik- und Informatikkurse. Das ist für einen Germanisten eher ungewöhnlich: Mir hat die Literaturwissenschaft großen Spaß gemacht, aber die Klarheit und Strukturiertheit der Mathematik fand ich noch attraktiver. Anschließend habe ich eine Promotion in der Linguistik angefangen und arbeitete nebenbei als Informatiker in einem Forschungsprojekt. Scheinbar haben sie damals keinen richtigen Informatiker gefunden, der den Job machen wollte. Ich konnte so aber der prekären Lage entgehen, in der sich viele andere junge Wissenschaftler befinden: Ich musste nie projektbezogene Halbjahresaufträge annehmen. Mein erster Vertrag lief fünf Jahre lang.
Nach der Promotion habe ich mich immer mehr in Richtung Data Science bewegt, direkt danach ist meine Stelle entfristet worden. Dann habe ich einen Master in Verwaltungswissenschaften und Management angeschlossen. Wenn ich noch eine Professur wollte, müsste ich wohl umziehen, das möchte ich aus privaten Gründen aktuell nicht. Außerdem habe ich wegen meiner Lehrtätigkeit und der Softwareentwicklung wenig wissenschaftliche Artikel veröffentlicht - die wären für eine Professur nötig. Aber ich bin auch ohne zufrieden und fühle mich auf meiner Stelle zwischen Wissenschaftsorganisation, Lehre und Forschung sehr wohl.
Familienzeit
Arbeitszeit: Wann ich mit der Arbeit anfange, kann ich mir aussuchen, meistens ist das gegen acht Uhr morgens. Weil ich ungern von zu Hause aus arbeite, fahre ich fast immer ins Büro. Je nach Wochentag, aber auch abhängig vom Zeitpunkt im Semester, gestalten sich meine Tage sehr unterschiedlich. Fertig bin ich meist zwischen 15 und 19 Uhr. Manchmal gibt es auch abends Ringvorlesungen oder Podiumsdiskussionen, deswegen schwanken meine Arbeitszeiten deutlich. Es kann vorkommen, dass ich bis zu 50 Stunden in der Woche in der Uni bin, im Jahresmittel kommt das aber in etwa mit den vertraglich festgesetzten 40 Wochenstunden hin. Es fällt mir gelegentlich schwer, Arbeit und Freizeit voneinander abzugrenzen: Wenn ich beruflich zu einer Podiumsdiskussion gehe, die mich auch persönlich interessiert, ist das für mich keine normale Arbeitszeit.
Meine Einnahmen
Brutto: Bis zur Verbeamtung, die mich irgendwann erwartet, bin ich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder angestellt. Brutto verdiene ich so 5.270 Euro monatlich. Hinzu kommen noch Honorare für meinen Lehrauftrag und gelegentliche Vorträge. Das sind durchschnittlich noch einmal circa 350 Euro im Monat, sodass ich auf ein Bruttoeinkommen von rund 5.620 Euro komme.
Netto: Die Honorare für meine Vorträge fallen unter die Übungsleiterpauschale und sind deshalb steuerfrei, sodass ich auf ein Nettogehalt von insgesamt 3.350 Euro komme. Außerdem gehört mir eine abbezahlte Wohnung, die ich vermiete und die mir nach Abzug aller Kosten 900 Euro im Monat einbringt. Insgesamt stehen mir monatlich also 4.250 Euro zur Verfügung.
Wie mich die Inflation betrifft: Die Inflation bemerke ich in meinem Alltag schon deutlich, besonders bei Lebensmitteln und Restaurantbesuchen. Dafür gebe ich mittlerweile zwischen 200 und 300 Euro mehr pro Monat aus. Trotzdem bin ich in der komfortablen Situation, dass mir noch immer übrig bleibt, deshalb musste ich noch nichts anpassen. Sollte sich das ändern, kann ich sicher Geld sparen. Alternativ könnte ich in der privaten Wirtschaft Aufträge annehmen. Dort sucht man gerade ziemlich verzweifelt nach Menschen wie mir, die sich im Bereich Machine Learning auskennen. Bisher habe ich das aber immer abgelehnt, weil mir meine Arbeit gefällt und mir mein Geld ausreicht.
Meine Ausgaben
Wohnen: Ich lebe in einem Vorort einer größeren Stadt. Dort wohne ich auf 85 Quadratmetern in einer Neubauwohnung mit zweieinhalb Zimmern. Diese Wohnung gehört meiner Familie, deshalb zahle ich dafür nur 650 Euro an Warmmiete monatlich. Sonst wäre das deutlich mehr, die Vergleichsmiete liegt zwischen 1.300 und 1.400 Euro. Das Gebäude ist sehr energieeffizient, deshalb habe ich früher immer Geld für Energie und Strom zurückbekommen. Das dürfte sich in diesem Jahr wohl ändern.
Lebensmittel: 800 Euro gebe ich durchschnittlich für Lebensmittel aus. Ich gehe sicher zwei- bis dreimal in der Woche in Restaurants essen, etwa mit Kollegen nach der Vorlesung, hinzu kommt der Latte macchiato im Café oder ein Croissant auf dem Weg in die Arbeit – zusammen kostet das alles schon rund 500 Euro. Die restlichen 300 Euro gebe ich meist im Biosupermarkt aus: Ich esse Fleisch, aber nur wenig. In Bioqualität kostet das aber auch mehr. Und auch sonst lasse ich mir eine gesunde Ernährung etwas kosten. Das ist es mir wert.
Mobilität: Meistens nutze ich die öffentlichen Verkehrsmittel. Dafür habe ich ein Jobticket, das mich 65 Euro im Monat kostet. Ich habe auch ein Auto, das ich aber nur selten fahre. Das nutze ich eigentlich nur, wenn ich meine Familie auf dem Land besuche oder mal für einen Großeinkauf. Rechnet man TÜV, Inspektion, Versicherung und Benzin zusammen, komme ich trotzdem noch auf 150 Euro im Monat. Für mein altes Fahrrad würde ich keine zusätzlichen Kosten veranschlagen, deshalb zahle ich für Mobilität im Monat insgesamt 215 Euro.
Handy und Internet: Mein Handyvertrag ist relativ teuer: 60 Euro im Monat gebe ich dafür aus. Für zu Hause habe ich eine Gigabit-Leitung, die noch einmal 45 Euro kostet. Darin enthalten wäre auch ein Festnetzanschluss, den ich aber nicht nutze. So liegen die Gesamtkosten bei 105 Euro.
Kleidung: Meistens kaufe ich Markenprodukte aus dem mittelpreisigen Segment, so etwas wie Boss oder Hilfiger. Für Kleidung gebe ich im Monat durchschnittlich rund 150 Euro aus – da sind aber auch Wanderschuhe und Regenkleidung bei, die ich in meiner Freizeit nutze.
Körperpflege: Wenn sie dort angeboten werden, kaufe ich Shampoo, Deo oder Duschgel auch im Biosupermarkt. Falls nicht, gehe ich dafür in den Drogeriemarkt – da bin ich pragmatisch. Inklusive des Friseurbesuchs alle drei Monate komme ich so auf 40 Euro monatlich.
Freizeit: Ich gehe gerne ins Theater, in Ausstellungen, ins Kino, in klassische Konzerte und ins Museum. Seit das durch Corona wieder möglich ist, bin ich einmal alle zwei Wochen auf einer solchen Veranstaltung. Für Theaterabos und Tickets gebe ich im Monat etwa 150 Euro aus. Außerdem mache ich gerne Sport: Ich gehe Klettern und Wandern, mache Kraft- und Ausdauersport. Für Mitgliedsbeiträge und Ausstattung gebe ich noch einmal 150 Euro im Monat aus. Hinzu kommen Bücher, die mich 50 Euro kosten, und die Kombi aus Amazon Prime und Netflix, die 25 Euro im Monat ausmacht. In der letzten Zeit kam da aber so wenig Interessantes, dass ich manchmal länger aussetze und erst mein Abo aktiviere, wenn es neue Serien gibt, die ich sehen will. Außerdem gebe ich 75 Euro für Computer- und Videospiele sowie Tabletop-Spiele wie Warhammer 40.000 aus. So liege ich hier insgesamt bei 450 Euro im Monat.
Reisen: Seit sich die Corona-Pandemie abgeschwächt hat, reise ich wieder etwas mehr, vor allem mit dem Zug durch Europa. Privat unternehme ich keine Flugreisen. Meistens zweimal im Jahr mache ich Urlaub, zuletzt war ich in Frankreich, Österreich, Norditalien, in der Schweiz und in Deutschland unterwegs. Wenn es möglich ist, verbinde ich dienstliche Reisen mit privaten Aufenthalten. Dadurch kann ich die Kosten deutlich drücken. Wenn ich also auf einer dreitägigen Konferenz bin, zahlt der Arbeitgeber die Reisekosten, auch wenn ich privat noch ein paar Tage länger bleibe und mir die Stadt anschaue. Dienstreisen stehen ohne Corona circa fünfmal im Jahr an, ein- bis zweimal hänge ich dann einen privaten Urlaub daran. So belaufen sich meine monatlichen Reisekosten auf rund 150 Euro.
Versicherungen: Ich habe eine Haftpflichtversicherung, für die ich fünf Euro im Monat zahle. Für die Wohnung, die ich vermietet habe, habe ich eine spezielle Rechtsschutzversicherung für 10 Euro monatlich abgeschlossen – sie würde eventuelle Rechtsstreitigkeiten mit Mietern abdecken. Ich rechne nicht damit, dass es dazu kommt, aber es ist mir lieber, da etwas Sicherheit zu haben. Auch gegen Dinge wie Feuerschäden oder Mietverlust bin ich als Vermieter versichert, dafür zahle ich noch einmal 35 Euro. Ich habe zwar eine Lebensversicherung, aber die ist seit einiger Zeit auf beitragsfrei gestellt und kostet mich demnach nichts. Ich gebe also im Monat 50 Euro für Versicherungen aus.
Altersvorsorge: Als Tarifangestellter geht ein Teil meines Gehalts in die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, das sind 90 Euro im Monat. Wenn sich an meinem Gehalt nichts mehr änderte, würde mir das bei meinem Renteneintritt eine Betriebsrente von rund 1.160 Euro einbringen. Meine gesetzliche Rente wird laut meiner letzten Renteninformation auf 2.400 Euro geschätzt. Sicherlich kann man auch meine Wohnung als eine Art Altersvorsorge sehen. Aktuell hat sie einen Wert von etwa 450.000 Euro. Außerdem besitzt meine Familie einige weitere Wohnungen, der Wert dürfte im mittleren siebenstelligen Bereich liegen. Davon werde ich irgendwann die Hälfte erben. Meine Großeltern waren Bauern und haben einen Teil ihrer Grundstücke gewinnbringend als Bauland verkauft.
Sparen und Investments: Ich habe einen Sparplan in Höhe von 850 Euro, dieses Geld investiere ich in zwei ETF. Aktuell ist mein Depot 45.000 Euro wert. Neben den ETF besitze ich geringe Mengen an Gold, Geschäftsanteile, Bitcoins, P2P-Kredite und die erwähnte Lebensversicherung – zusammengerechnet ist das noch mal 10.000 Euro wert. Zusätzlich habe ich eine Bargeldreserve für Notfälle auf einem Tagesgeldkonto. Das sind 10.000 Euro, die ich nicht anfasse.
Spenden/Unterstützungen: Jeden Monat spende ich 50 Euro an die Deutsche Krebshilfe. Vor einigen Jahren bin ich aus der Kirche ausgetreten und sehe das seitdem als Kompensation. Zudem unterstütze ich auf Patreon, einem Social-Payment-Service-Anbieter, einige YouTuber und Podcaster, zum Beispiel den Volkswirtschaftspodcast Wohlstand für alle. Dafür gebe ich noch mal 20 Euro aus. Zusammengerechnet sind es also 70 Euro monatlich.
Was am Ende übrig bleibt
Am Monatsende bleiben mir derzeit rund 600 Euro übrig. Deshalb bin ich von der Inflation noch nicht so stark betroffen wie andere. Für mich ist das eine Art Puffer. Wenn am Jahresende, nachdem ich Weihnachtsgeschenke gekauft habe, noch genügend Geld übrig bleibt, investiere ich diesen Überschuss in unregelmäßigen Abständen in die ETF.
*Der Name des Protagonisten wurde geändert, weil er berufliche Nachteile vermeiden möchte. Sein Name ist der Redaktion bekannt.
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