Copa Libertadores, Estadio Alberto J. Armando "La Bombonera", Buenos Aires (Argentinien), 27. März, 45.000 Zuschauer
"Die Pralinenschachtel" im alten Hafenviertel La Boca ist weltweit bekannt für Fußballemotionen pur und das auch, wenn sich dessen Gastgeber zur Zeit nicht von seiner süßesten Seite zeigen mag. Der schleimige Ex-Präsident Mauricio Macri, der Berlusconi Argentiniens, hat als Oberbürgermeister der Stadt Buenos Aires dem Verein vorerst den Rücken gekehrt und bei La 12, im europäischen Fanvokabular wohl als Ultras von Boca zu bezeichnen, kam es zuletzt bei gewalttätigen internen Machtkämpfen zu Verletzen und Hunderten Festnahmen.
Am 4. Spieltag der Copa Libertadores kündigt sich ein Sahnestück an: Colo Colo, aus Chiles Hauptstadt Santiago und dort mit einem vergleichbaren Mythos behaftet wie Boca diesseits der Anden, gewann das Hinspiel überraschend deutlich mit 2:0, so dass die Xeneizes unbedingt punkten müssen, um auf dem Weg zu ihrem höchsten Ziel, der Klub-WM in Japan, nicht schon auf der ersten Etappe zu straucheln.
Ungünstig startet für sie das Spiel mit einer umstrittenen Roten Karte für Verteidiger Monzón in der 22. Minute, während Colo im Gegenzug durch den von Jorquera klug freigespielten Biscayzacú sogar das Führungstor gelingt. Wenig später versucht der unsichere Schiedsrichter Amarilla aus Paraguay seinen Fehler mit einem geschenktem Elfmeter für Boca wieder auszubügeln.
Aber Martín Palermo tritt an. Ein Running Gag denkt man, schließlich war er es, der einst in einem Länderspiel für Argentinien gleich drei Strafstöße vergab. In dieser Tradition setzt er den Ball eiskalt neben den rechten Pfosten und mein Nebenmann bestätigt, dass el loco wohl nur Tore mit dem Kopf erzielt.
Die Fans trotzen lautstark dem Rückstand und angetrieben von dieser wohl einmaligen Passion erzielt ebendieser Palermo nur zwei Minuten später mit einem Sturzkopfball den Ausgleich. Wie ein Verrückter bäumt er sich vor der Tribüne auf und zeichnet sich in argentinischer Gebärdensprache den für das Boca-Trikot markanten Balken auf die Brust.
Gleichwohl gelingt den Colocolinos durch den Uruguayer Biscayzacú vor der Pause der erneute Führungstreffer, umjubelt von den 4.000 mitgereisten Fans der Garra Blanca.
Aber kurz nach dem Wiederanpfiff erzielt der junge Gracián den Ausgleich und beim Torjubel wirkt er völlig aufgelöst von den Emotionen die von den Rängen herabströmen. Man spürt, dass auch mit einem Mann weniger den Xeneizes dieser Sieg sicher scheint. Der agile Halbstürmer Rodrigo Palacio ersetzt als Führungsspieler an diesem Abend den verletzten Riquelme und krönt seine starke Leistung mit dem 3:2 in der 65. Minute. Zwei weitere Tore folgen, und in diesem Stadion, wo Kleinkinder auf der Tribüne rumpurzeln, toben nun alle wie auf dem Spielplatz.
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