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Victoria Marciniak

Freie Journalistin, München

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Aufmerksamkeit: Konzentration eher so lala

Manchmal stelle ich mir meinen Kopf wie ein Großraumbüro vor. Mit einer gestressten Sekretärin, die von einem Schreibtisch zum nächsten rennt und die entsprechenden Gehirnzellen über meine Vorhaben informiert. Wäsche waschen, parallel Kaffee kochen, Harry Potter hören, Blumen gießen - und dabei immer wieder Nachrichten checken. Dabei wäre es in meinem Kopf doch viel ruhiger, wenn ich einfach eine Sache nach der anderen machen würde. Singletasking statt Multitasking. Aber ist das wirklich besser?

Multitasking - kann ich das überhaupt?

Der Mythos besagt, dass ich als Frau zu den Auserwählten gehöre. Zu dieser Spezies, die vieles kann - und das auch noch gleichzeitig. Heroisch ist das Gefühl, als ich am frühen Nachmittag auf dem Sofa mit meinem Papa telefoniere, dabei durch meinen Insta-Feed scrolle, eine Maxi-Oreo-Schokolade esse und gleichzeitig versuche, dem Science-Fiction-Film Tenet zu folgen. Ich bin eine Multitasking-Göttin, denke ich, während ich "mhm" sage und dabei zusehe, wie ein Auto rückwärts aus der Zukunft (oder ist das die Vergangenheit?) eine Autobahn entlangfährt. Mein Papa stellt mir eine Frage. "Ähm, sorry, Papa, kannst du das noch mal sagen?" Er seufzt, klingt enttäuscht. Mir wird heiß. Ich schäme mich, dass ich ihm nicht die Aufmerksamkeit schenke, die er verdient.

Also doch keine auserwählte Spezies. Sondern einfach nur menschlich. "Ein Task ist eine Tätigkeit oder eine Aufgabe, auf die wir unsere Aufmerksamkeit richten müssen. Dafür haben wir quasi einen Aufmerksamkeitsscheinwerfer", sagt der Neurowissenschaftler Henning Beck. "Und diesen Scheinwerfer können Menschen nicht auf verschiedene Dinge gleichzeitig richten." Höchstens auf zwei sehr leichte oder routinierte Aufgaben wie zum Beispiel Zähneputzen und Podcasthören. Wenn ich denke, dass ich mehrere Dinge gleichzeitig mache, schwenke ich eigentlich nur den Scheinwerfer zwischen den Tasks hin und her. Ein Stroboskopeffekt im Kopf entsteht. "Wir sehen dann nur Ausschnitte der einzelnen Aufgaben. Dadurch ist es schwierig, Zusammenhänge zu erkennen", sagt Beck.

Das Smartphone befriedigt unsere Grundbedürfnisse

Film ab, alle Scheinwerfer sind auf die Wohnzimmerbühne gerichtet. Es ist halb vier nachmittags, als zu Beginn des Films die blonde Wissenschaftlerin dem Protagonisten Munition zeigt, die erst in der Zukunft verwendet wird. Die Schauspielerin kommt mir bekannt vor und ich greife automatisch nach meinem Smartphone. Es sind gerade einmal 13 Minuten vergangen. Google: Schauspieler Tenet. Ich tippe auf den Namen Clémence Poésy. Wikipedia, Filmografie. Ich wusste es! Sie spielt Fleur Delacour in Harry Potter und der Feuerkelch. Gerade sehr präsent in meinem Kopf, weil ich kurz zuvor noch das Hörbuch gehört und dabei Blumen auf dem Balkon gepflanzt habe. Ich merke, dass ich vermutlich gerade einen wichtigen Teil des Films verpasst habe. Ich spule zurück, bin aber ziemlich zufrieden mit mir, weil ich recht hatte.

Menschen können ihren Aufmerksamkeitsscheinwerfer nicht auf verschiedene Dinge gleichzeitig richten. Henning Beck, Neurowissenschaftler

"Der Informationstechnologie ist es gelungen, die unmittelbar zentralen Grundbedürfnisse von Menschen zu befriedigen", sagt Peter Vorderer, Psychologe, Soziologe und Professor für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der Uni Mannheim. Die drei zentralen Grundbedürfnisse nach der Selbstbestimmungstheorie sind: Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Damit lassen sich Handlungen von Menschen motivationspsychologisch erklären. Diese Theorie wendet Vorderer auf die Mediennutzung an:

Apps wie Instagram oder Facebook sorgen dafür, dass wir uns sozial eingebunden fühlen, weil wir miteinander interagieren können. Das Smartphone gibt uns die Möglichkeit, das Wissen der Welt in der Hosentasche zu tragen und es jederzeit abrufen zu können und uns kompetent zu fühlen. Und die Autonomie, immer und überall sozial eingebunden sein zu können und Wissen abrufen zu können, macht das Smartphone unwiderstehlich. So unwiderstehlich, dass auch Studierende in Vorderers Seminaren am Handy daddeln.

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Erstellt am 12.01.2023
Bearbeitet am 12.01.2023

Quelle
https://www.zeit.de/zett/2022-09/au...

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Alle Rechte vorbehalten
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