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Kommentar zu Auslandssüdtirolern: Hört auf, euch besonders zu fühlen!

Manchmal, wenn A. ein Argument gegen mich zu gewinnen droht, vollführe ich einen rhetorischen Kniff und ziehe es vor, die Opferkarte auszuspielen. Du weißt ja nicht, wie sich das anfühlt, als Südtirolerin, als Minderheit, necke ich ihn dann. Dann lacht A., wir legen unsere Auseinandersetzung beiseite und entwerfen zusammen eine ironische Welt, in der ich so wahnsinnig besonders aufgrund meiner Herkunft bin. A. stammt aus Irgendwo-in-Österreich, aber eine regionale Spezifizierung ist an dieser Stelle nicht nötig. Dass die regionale Spezifizierung nicht nötig ist, trifft auch eigentlich genau den Kern des Vergleichs Südtirol-Veganismus: Für A. ist seine Heimatregion nicht sein Hauptidentifikationsmerkmal, sein Aushängeschild, ich möchte sagen: seine Herkunftsregion ist für A. nicht das, was der Veganismus für einen Vegan Lebenden ist. Er muss sie nicht allen und jedem unter die Nase reiben. Denn A. ist nicht aus Südtirol und weiß nicht, wie sich das anfühlt, so als Minderheit.

Bei mir ist das anders. Ich weiß, welche Aufmerksamkeit mir das Südtiroler-Sein außerhalb von Südtirol beschert. Ich habe genügend Gesellschaften besucht, wo ich danke meiner Herkunft mit wohlwollender Herzlichkeit und freundlichem Interesse aufgenommen wurde. Mal liebt man die Berge („Vergangenes Jahr waren wir auf diesem Fernwanderweg bei Meran"), ein anderes Mal erinnert man sich an den Familienskiurlaub („Diese schönen Dolomiten!"), an die Kulinarik („Wir lassen uns immer den Wein aus Tramin liefern!") und die freundlichen Gemüter („Was für ein niedlicher Dialekt!").


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