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Grüne Städte: E-Autos für überlastete Netze - Streitfragen

E-Autos funktionieren als „rollende Speicher". Wo das am besten klappt? In der Stadt! Von Verena Niepel

Wer schon einmal in Berlin-Mitte einen Parkplatz gesucht hat, kennt das Problem. Und ist umso glücklicher, wenn dann eine Lücke zwischen zwei Autos auftaucht. Doch was bedeuten eigentlich die gelbe Markierung und die silberne Box auf dem Gehweg? Für die meisten Autofahrerinnen und -fahrer ist das dann aber gar kein Glück: Hier dürfen nur Elektroautos stehen, um die nebenstehende Ladestation zu nutzen. Und deshalb bleibt diese Parklücke oft leer. Auf der anderen Seite von Deutschland, in Bonn, rauchen die Köpfe bei der Bundesnetzagentur. Das Stichwort heißt „Netzüberlastung". Michael Reifenberg aus der Abteilung „ Energie und Netzausbau " erläutert, was damit gemeint ist: „Von einer Überlastung der Stromnetze wird gesprochen, wenn mehr elektrische Energie zur Verfügung steht, als durch die vorhandenen Stromnetze transportiert werden kann." Es muss nämlich immer genauso viel Strom eingespeist werden, wie auch verbraucht wird. Wenn die Rechnung nicht automatisch aufgeht, müssen Kraftwerke ihre Leistung drosseln. Speichern kann so eine Stromleitung den Strom nicht. Das ist vor allem ein Problem, da die Erzeugung von erneuerbaren Energien mit dem Wetter schwankt. Manchmal ist sehr viel Strom auf einmal da, manchmal fehlt er. Deutschland will deshalb sein Stromnetz ausbauen. So soll beispielsweise Windstrom, der zu besonders windigen Zeiten in Norddeutschland produziert wird, aber nicht sofort an Ort und Stelle verbraucht werden kann, leichter in den Süden transportiert werden können.

E-Autos als Stromspeicher auf Rädern

Zurück in Berlin-Mitte: Jetzt parkt doch ein Fahrzeug auf dem E-Auto-Parkplatz. Zack, Stecker drin. Das Auto wird geladen. Das Zauberwort heißt Sektorkopplung. Das heißt: Sektoren - wie Strom, Wärme und Verkehr werden nicht mehr getrennt voneinander betrachtet. Wenn gerade zu viel Strom da ist, könnte man doch zum Beispiel den strombetriebenen Verkehr versorgen, zu dem übrigens nicht nur E-Autos, sondern etwa auch Züge gehören. Besonders für die Großstadt könnten E-Autos ohnehin ein gutes Modell sein, um ihre benzin- oder dieselbetriebenen Äquivalente zu ersetzen und den öffentlichen Verkehr bei Bedarf zu ergänzen. Auf dem Land fehlt manchmal noch die Flexibilität, denn es gibt zu wenig Lade-stationen, um die E-Autos mit ihrer Reichweite von etwa 190 bis 250 Kilometern rechtzeitig zu laden.

Noch fehlt die Infrastruktur für E-Autos

In der Stadt hingegen gibt es auch Einsatz für Autoflotten, wie etwa beim Carsharing. Ohnehin kaufen sich immer weniger Städter ein eigenes Auto. Wie das statistische Bundesamt zum „Europäischen Tag des Fahrrads" mitteilte, besitzen rund 30 Prozent der Haushalte in Großstädten nur noch Fahrräder. Auch wenn man E-Autos als rollende Stromspeicher sieht, sind Flotten gut - die können schließlich besser koordiniert werden als ganz viele einzelne Fahrzeuge von unterschiedlichen Besitzern.Es gibt bereits zahlreiche Carsharing Dienste wie Drivenow, Car2go, Cambio oder Flinkster, die mit E-Autos arbeiten. Elektrisch aufladbare Taxis nehmen in deutschen Städten schon seit Jahren zu. Auch in Metropolen im Ausland, wie in London oder Madrid, wurde der Taxibetrieb erst vor Kurzem mit E-Autos aufgerüstet. Dennoch werden E-Autos das Netz in naher Zukunft nicht retten. Dafür sind es schlicht zu wenige. Von den mehr als 60 Millionen Pkw in Deutschland sind nur etwa 25.000 rein strombetrieben. Hinzu kommen 130.000 sogenannte Hybrid-Modelle, die mit Strom aufgeladen, aber auch mit Benzin betankt werden können. Ein bisschen mehr Netzausbau wäre auch noch nötig. Zurzeit müssten Elektroautos ihren Strom in Norddeutschland zapfen, wo viel Windstrom produziert wird. Irgendwann fallen die E-Auto-Parkplätze in Berlin-Mitte dann vielleicht nicht mehr als leer auf, sondern als wichtige Ergänzung für das Stromnetz.

Dieser Text erscheint mit freundlicher Genehmigung von politikorange, einem Jugendmedienprojekt der Jugendpresse Deutschland e.V. - Bundesverband junger Medienmacher (JPD).

Hier geht es zum Blog: blog.politikorange.de.

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