Ullrich Kroemer

Freier Sportjournalist (Print, Online), Leipzig

5 Abos und 6 Abonnenten
Artikel

Leipzig boomt - dank Fußball

von Ullrich Kroemer, Leipzig

Der Fußball-Standort Leipzig prosperiert: Dank Rasenballsport Leipzig ist das WM-Stadion längst nicht mehr nur bei Konzerten und Länderspielen wie gegen Georgien ausverkauft. Doch die Arena wird für die hehren Ziele des Zweitligisten irgendwann zu klein werden.

Leipzig feiert. Der 1000. Geburtstag der Messestadt wurde bereits das ganze Jahr hinweg mit Festen, Veranstaltungen und Ausstellungen begangen. An diesem Wochenende nun haben sich die bisher prominentesten Gratulanten eingefunden: die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung hatte sich anlässlich des Jubiläums persönlich um die Austragung eines Länderspiels bemüht - mit Erfolg.

Am Sonntagabend spielt das DFB-Team in der Red-Bull-Arena gegen Georgien (20.45 Uhr) um die Qualifikation für die Europameisterschaft 2016. Wie überall verbreitet die Nationalmannschaft auch in Leipzig besonders viel Glanz und Euphorie. Doch die Zeiten, in denen die Messestadt nur alle drei Jahre beim Besuch des DFB-Teams Aufmerksamkeit vom Rest der Fußball-Republik erfuhr, sind vorbei.

Gewaltige Investitionen

Denn dank (Noch-)Zweitligist RB Leipzig ist die Gründer-Stadt des Deutschen Fußball-Bundes (1900) sowie des ersten Deutschen Meisters (1903) auch überregional wieder in aller Munde. Durch die gewaltigen Investitionen des Hauptsponsors aus Österreich polarisiert und prosperiert der Standort Leipzig derzeit so stark wie kein zweiter hierzulande. Allein im vergangenen RB-Planungszeitraum seit September 2014 steckte das Brause-Imperium knapp 30 Millionen Euro in neue Spieler; das kürzlich fertiggestellte Leistungszentrum kostete 33 Millionen. In Leipzig und Umgebung hat der Aufschwung zahlreiche positive Effekte, was auch honoriert wird. „Leipzig ist immer eine Fußballstadt gewesen", sagt Klaus Reichenbach, Präsident des Sächsischen Fußball-Verbandes (SFV). „Gerade weil hier nach der Wende vieles schief gelaufen ist, wird RB nun in Leipzig so positiv angenommen."

Zuschauerkrösus Leipzig

Ralf Rangnick, omnipräsenter Messias und Macher bei Rasenballsport, sagt: „Die Stadt birgt eine unglaubliche Begeisterungsfähigkeit und lechzt geradezu danach, wieder Bundesliga-Fußball zu sehen. Das zeigen allein die positive Entwicklung unserer Zuschauerzahlen." Aktuell hat RB Leipzig in seiner zweiten Saison in der 2. Liga mit einem Schnitt von knapp 30.000 die meisten Zuschauer im Bundesliga-Unterhaus - noch vor Kult- und Traditionsklubs wie FC St. Pauli, 1. FC Kaiserslautern und 1. FC Nürnberg.

Das für die WM 2006 gebaute Stadion, das derzeit 43.600 Zuschauer fasst, war einer der entscheidenden Faktoren für den Einstieg von Red Bull in Leipzig. Ohne Rasenballsport stünde die Arena, die auch mit 50 Millionen Euro Steuergeldern finanziert wurde, wohl leer, gibt Reichenbach zu bedenken. „Die bereits vorhandene Infrastruktur inklusive der Red-Bull-Arena war ein wichtiger Aspekt, um sich vor allem um die sportliche Entwicklung des Klubs kümmern zu können", sagt Rangnick. „Wir sind nun als Zweitligist mit Leipzig wieder zurück auf der Landkarte und davon profitiert auch die Stadt, denn der Profi-Fußball ist grundsätzlich auch ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor."

4000 bis 6000 Arbeitsplätze im Gespräch

Das bestätigen auch Leipzigs Politiker. 4000 bis 6000 Arbeitsplätze würden durch RBL entstehen, hatte Oberbürgermeister Burkhard Jung vor Jahren optimistisch geschätzt. „Wir bleiben dabei, dass diese Zahlen realistisch und repräsentativ sind", bekräftigt Sportbürgermeister Heiko Rosenthal von der Linkspartei heute. „RB ist zukünftig ein wesentlicher Baustein, um Leipzig wirtschaftlich zu repräsentieren." SFV-Präsident Reichenbach sagt: „Mittelfristig wird Leipzig durch RB nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa im Fußball wieder wahrgenommen."

Entwickelt sich der Klub weiter nach Plan, könnte das Stadion jedoch bald zu eng für diese Ambitionen werden. Eine Machbarkeitsstudie hat ergeben, dass die aktuelle Kapazität auf etwa 57.000 Zuschauer ausgebaut werden könne. Ein Architekt ist bereits mit den Planungen betraut. Reichenbach hält die weitere Aufstockung der Arena nahe des Stadtzentrums aus infrastrukturellen Gründen allerdings für bedenklich. Er sagt: „Die Red-Bull-Arena ist wunderbar. Aber wenn man irgendwann Champions League spielen will, muss man Überlegungen anstellen."

Diskussion um Stadion vor den Toren der Stadt
Schon seit Jahren kursieren Pläne, ein moderneres und größeres Stadion mit Autobahnanbindung vor den Toren der Stadt zu erreichen. Das werde zwar noch eine Weile dauern, denkt Reichenbach, „aber irgendwann wird ein neues Stadion kommen." Wilfried Lonzen, Geschäftsführer von Stadionbetreiber ZSL sagt: „Das wird frühestens in 10, 20 Jahren ein Thema." Auch Rangnick sagt, sich derzeit nicht mit anderen Plänen zu beschäftigen. „Noch ist unsere Red-Bull-Arena ja nicht zu klein." Wenn der angestrebte Aufstieg in die 1. Liga gelingt, könnte sich das schnell ändern. Neulich war das Stadion gegen den FC St. Pauli erstmals bei einem Ligaspiel ausverkauft. Die Zeiten, in denen die Ränge in Leipzig bloß bei Länderspielen und Konzerten voll besetzt waren, sind vorbei.

DFB-Spiele in neuen Bundesländern

14.10.1992 in Dresden: Deutschland - Mexiko 1:1 (Freundschaftsspiel)
27.03.2002 in Rostock: Deutschland - USA 4:2 (Freundschaftsspiel)
17.11.2004 in Leipzig: Deutschland - Kamerun 3:0 (Freundschaftsspiel)
29.06.2005 in Leipzig: Deutschland - Mexiko 4:3 n.V. (Confed-Cup)
07.10.2006 in Rostock: Deutschland - Georgien 2:0 (Freundschaftsspiel)
28.03.2009 in Leipzig: Deutschland - Liechtenstein 4:0 (WM-Qualifikation)
31.05.2012 in Leipzig: Deutschland - Israel 2:0 (Freundschaftsspiel)
11.10.2015 in Leipzig: Deutschland - Georgien 2:1 (EM-Qualifikation
Zum Original