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Strolz, Polak: Bei Werte-Betonung "Andere" nicht ausschließen

Wien, 17.05.2018 (KAP) "Das in der Politik in Mode gekommene Hervorheben von Werten soll nicht vornherein eine Gruppe oder Gemeinschaft - meist den Islam - ausschließen": Das war der Tenor einer Ringvorlesungs-Veranstaltung aus der Reihe "Werte im Beruf. ExpertInnen aus Theorie und Praxis im Dialog" am Montagabend an der Universität Wien mit dem scheidenden NEOS-Chef Matthias Strolz und der Wiener Theologin Regina Polak. Veranstalterin war die Katholisch-Theologische Fakultät.

Der scheidende NEOS-Chef sagte, seine Partei sehe sich der intellektuellen Redlichkeit verpflichtet, die über den Werten stehe. "Wenn Werte absolut werden, kippen sie ins Dogmatische und mitunter ins Pathologische."

Die bei der NEOS-Gründung herausgearbeiteten Kernwerte begleiteten die Partei bis heute: Eigenverantwortung, Nachhaltigkeit, Authentizität und Wertschätzung. "Werte waren mir immer extrem wichtig", so Strolz. Es gehe aber nicht an, dem Islam das Kreuz entgegenzuhalten, allerdings brauche es einen Islam europäischer Prägung: "Wer die Scharia über unsere Rechtsstaatlichkeit stellt, hat keinen Platz in unserer Gesellschaft."

Ebensowenig könne eine Betonung von Illiberalität als Wert akzeptiert werden. "Wenn der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sagt, er ist für die illiberale Demokratie, dann sage ich: Die gibt es nicht." Wesenskonstituierendes Merkmal der Demokratie sei die Freiheit, die illiberale Demokratie hingegen ein Widerspruch in sich. "Das ist eine Camouflage für die gelenkte Demokratie a la Putin", so der scheidende NEOS-Chef.

Für Strolz besteht die Gefahr, dass die Kinder von heute einmal in einer derartigen gelenkten Demokratie leben würden. "Hier haben wir viel zu verlieren. Der Kampf um die liberale Demokratie ist nach wie vor offen."

Die Pastoraltheologin Regina Polak kritisierte politisch motivierte Hinweise auf christliche oder christlich-jüdische Werte. Sie halte die damit gemeinten Vorstellungen "für dünn", so Polak: "Wessen christliche Werte wären das denn? Die Werte der katholischen Europäer? Der Progressiven? Der Konservativen? Der orthodoxen Christen oder der protestantischen Deutschen?" Der Rekurs auf solche "christliche Werte" behaupte Monopole, die im Vergleich der Religionen nicht standhielten. "In ihrer politischen Abgrenzungsfunktion gegenüber Anderen sind sie zu einfach zu durchschauen", so Polak.

Religionen hingegen könnten, wo sie nicht missbraucht werden, Positives zur Debatte beitragen, betonte die Pastoraltheologin. Vor allem die monotheistischen Religionen seien konstitutiv mit moralischen und ethischen Konzepten verbunden und reflektierten diese vor allem in Kategorien von Regeln, Vorschriften, Prinzipien und Normen. "Diese werden von Generation zu Generation weitergegeben und müssen daher immer wieder neu eingelernt, interpretiert und reflektiert werden. Allein dieses Bildungserfahrungswissen rund um die Wertevermittlung ist ein riesiger Schatz, den Religionen einbringen können", so die Theologin.

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