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Leukämie: So viele Menschen erkranken in Sachsen-Anhalt

Leukämie ist vielen Menschen auch als Blutkrebs bekannt. Der Begriff Blutkrebs kann aber in die Irre führen. Denn bei einer Leukämie ist genau genommen das Knochenmark erkrankt - also das Organ, das unser Blut bildet.

Im menschlichen Blut gibt es weiße und rote Blutkörperchen. Leukämien betreffen die weißen Blutkörperchen, erklärt Christoph Kahl, Chefarzt der Klinik für Hämatologie am Uniklinikum Magdeburg. "Leukämie ist eine bösartige Veränderung von Vorläuferzellen aus dem Knochenmark, eine Vermehrung der Zellen, die dann in das Blut eintreten."

Leukämie bedeutet "weißes Blut"

In der Folge verdrängen die kranken weißen Blutkörperchen gesunde Bestandteile des Blutes. Dazu passt auch die Bezeichnung "Leukämie". Aus dem Altgriechischen übersetzt bedeutet sie nämlich "weißes Blut".

Wichtig ist auch: Leukämie ist ein Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen des blutbildenden Systems. Man unterscheidet die Leukämien danach, welche Untergruppe der weißen Blutkörperchen betroffen sind und ob die Erkrankung akut oder chronisch verläuft.

Man unterscheidet zwischen myeloischen und die lymphatischen Leukämien. Myeloische Leukämien gehen von Vorläuferzellen der Granulozyten aus, lymphatische Leukämien von Vorläuferzellen der Lymphozyten. Granulozyten und Lymphozyten sind Teil der weißen Blutkörperchen. Von beiden Leukämiearten gibt es eine akut und eine chronisch verlaufende Form:

Akute myeloische Leukämie (AML) Akute lymphatische Leukämie (ALL) Chronisch myeloische Leukämie (CML) Chronisch lymphatische Leukämie (CLL)

Quelle: Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsches Krebsforschungszentrum

Sechs von zehn Erkrankten in Deutschland überleben heutzutage eine Leukämie. Das zeigt die Datenbank des Zentrums für Krebsregisterdaten für einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Diagnose. Welche Leukämieform die gefährlichste sei, könne man pauschal nicht sagen. "Das ist sehr individuell. Das heißt, das hängt von der Untergruppe ab und von dem patientenindividuellen Risikoprofil", sagt der Experte Christoph Kahl.

Das Alter der Erkrankten entscheidet maßgeblich über die Erfolgsaussichten der Behandlung. "Die Jungen halten eine intensive Chemotherapie besser durch. Da sind die Heilungschancen deutlich besser als bei älteren Patienten", sagt Kahl.

Mut mache, dass immer weniger Leukämien tödlich verlaufen. "Als ich vor 25 Jahren anfing, war es so, dass wir die Chemotherapie gemacht haben. Das ist eine Therapieform, die heute auch noch gemacht wird, aber die wie so eine Gießkanne über den Körper geschüttet wird und Zellen trifft, die sich schnell teilen und nicht zwischen Gut und Böse unterscheiden kann", erinnert sich Hämatologe Kahl. Inzwischen könne er viel zielgerichteter behandeln. Auch in Sachsen-Anhalt dokumentieren Statistiken die verbesserte Behandlung.

Immer mehr Leukämie-Erkrankte überleben

Zwischen 1985 und 2011 hat sich der Anteil der Menschen, die Leukämie überlebt haben, mehr als verdoppelt. Das belegen die Auswertungen des "Gemeinsamen Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen".

Messbar ist auch, dass bundesweit immer weniger Menschen an einer Leukämie sterben. Waren es 1998 noch 6,2 Personen pro 100.000 pro Einwohner, so sanken die Todesfälle auf 4,7 Personen pro 100.000 Einwohner in 2021. Das zeigen die Zahlen des Zentrums für Krebsregisterdaten. Bei den Angaben wurde der negative Einfluss einer älter werdenden Gesellschaft herausgerechnet über die sogenannte "Altersstandardisierung".

In Sachsen-Anhalt mehr Leukämie-Tote als im Bundesdurchschnitt

Es fällt auf, dass in Sachsen-Anhalt mehr Menschen an einer Leukämie sterben als im bundesweiten Durchschnitt. Darauf weisen zumindest die Statistiken des Zentrums für Krebsregisterdaten hin.

Auf derlei regionale Unterschiede bei den Überlebenschancen soll der diesjährige Weltkrebstag unter dem Motto "Close the care gap - Versorgungslücken schließen" verstärkt hinweisen. Die Deutsche Krebshilfe möchte die Krebsbehandlung in ländlichen Regionen über onkologische Spitzenzentrum verbessern. Diese Zentren sollen über enge Kooperation mit umliegenden Krankenhäusern und Ärzten Fachwissen zur Krebsbehandlung flächendeckend verbreiten.

"Es ist auch nicht selten, dass die Patienten zufällig entdeckt werden", erzählt der Mediziner Kahl. Das passiere häufig, wenn Ärzte und Ärztinnen wegen völlig anderer Beschwerden das Blut von Patienten genauer anschauten.

Das Problem: Es gibt keine eindeutigen Symptome für Leukämien. Typische Beschwerden sind Erschöpfung, regelmäßige Infektionen und Fieber, Knochen- und Gelenkschmerzen, Blässe und Nasen- und Zahnfleischbluten.

Die Liste an bekannten Symptomen ist jedoch lang. Dazu gehören:

Appetitlosigkeit, Atemnot oder Kurzatmigkeit, Bauchschmerzen oder ein Druckgefühl im Oberbauch, blaue Flecken nach belanglosen Verletzungen, Erbrechen, Hautveränderungen oder Hautblutungen, Kopfschmerzen, Lymphknotenschwellungen, Nachtschweiß, Schwindel, Seh- und Gefühlsstörungen, ungewöhnlich lang blutende Wunden und Zahnfleischwucherungen.

Viele dieser Symptome sind uns aus dem Alltag bekannt - eine weitere Heimtücke von Leukämien. Denn wann sollte man sich überhaupt Sorgen machen? "Bis auf diese Blutungsneigung ist das ja eher unspezifisch", sagt Kahl. "Aber wenn das über einen langen Zeitraum ist, dann würde ich doch mal gucken, ob man beim Hausarzt ein Blutbild macht", rät der Experte.

Bei einer akuten Leukämie treten die Beschwerden sehr plötzlich auf. Dagegen machen sich Symptome bei der chronischen Leukämie nur nach und nach bemerkbar. Eine Diagnose erschwert auch, dass sich Art und Stärke der Symptome unter den Betroffenen unterscheiden. Um ein genaueres Bild zu bekommen, untersuchen Ärzte und Ärztinnen Blut und Knochenmark.

Grundsätzlich gehören Leukämien zu den seltenen Krebserkrankungen. Im Jahr 2019 machten sie 2,5 Prozent der Krebsdiagnosen in Deutschland aus. Pro Jahr diagnostizieren Ärzte und Ärztinnen bei etwa 13.000 Deutschen eine Leukämie. Das geht aus Statistiken des Zentrums für Krebsregisterdaten hervor.

Zudem fällt eine leichte Häufung an Leukämieerkrankungen unter jüngeren Menschen auf. Das liege an einer speziellen Leukämieform, der sogenannten akuten lymphatischen Leukämie, sagt der Hämatologe Kahl. Sie komme bis zum 20. Lebensjahr vermehrt vor. Männer trifft es häufiger als Frauen. Das gilt allerdings für die meisten Krebsarten. Warum das so ist, können Wissenschaft und Medizin noch nicht eindeutig beantworten.

Risikofaktoren für eine Leukämie-Erkrankung

Inwiefern Menschen durch ihren individuellen Lebensstil das Leukämierisiko beeinflussen können, ist bislang kaum erforscht. Christoph Kahl verteidigt die Wissenschaft an dieser Stelle. Dass kaum Risikofaktoren bekannt seien, liege nicht an schlechter Forschung, sondern an den Eigenheiten der Leukämie. "Es ist in den letzten zehn, fünfzehn Jahren ein enormer Fortschritt in der Forschung gemacht worden, der sich aber nicht in der Prävention niederschlägt, sondern in der Therapie", sagt der Hämatologe.

Einige wenige Risikofaktoren haben Forschende aber doch identifiziert. Dazu gehören:

Radioaktive Strahlung, Röntgenstrahlung und einige chemische Substanzen.

Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Rauchen ebenfalls das Leukämierisiko erhöht.

Einige chemische Substanzen können das Leukämierisiko erhöhen:

Benzol und andere organische Lösungsmittel, vermutlich Insektenbekämpfungsmittel und Pflanzenschutzmittel und manche Medikamente gegen Krebserkrankungen (Zytostatika und Immunsuppressiva) können langfristig den Ausbruch einer Leukämie begünstigen.

Quelle: Deutsche Krebsgesellschaft, GEKID

Hämatologen wie Christoph Kahl behandeln Leukämien mit verschiedenen Therapieformen - je nach Patient und Leukämieart. Weithin bekannt ist die Chemotherapie. Dabei erhalten Erkrankte Infusionen mit Medikamenten, die verhindern sollen, dass sich die Krebszellen weiter teilen und dadurch vermehren. Allerdings greift die Chemotherapie Zellen mit hoher Teilungsrate im gesamten Körper an.

Daneben gibt es Therapieformen, die zielgerichteter das Wachstum der kranken Zellen verhindern. Darunter fallen die "targeted therapy" per Tabletten oder die Antikörpertherapie per Infusion.

Auf der Website der DKMS können Sie sich als potenzieller Blutstammzellenspender registrieren. Daraufhin wird Ihnen ein Stäbchen für einen Wangenabstrich zugeschickt. Die DKMS analysiert die Probe daraufhin und nimmt Sie in einer Datei für potenzielle Spender auf. Weitere Informationen finden Sie hier.

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