Tobias Singer

Senior Editor/ Senior Multi Channel Manager // Ressortleiter Auto & Technik..., München

1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

McLaren MP4-12C Spider: Playmobil - In 3,1 Sekunden auf Tempo 100. In 17 Sekunden ohne Dach. GQ hat den McLaren Spider getestet

München im Mai. Der späte Frühling hat sich als ein langer verregneter April geoutet. Es herrscht englisches Wetter. Unter diesen Umständen nimmt man jedes Anzeichen von Sonne gierig auf wie ein Wanderer ein Wasserloch in der Wüste. Oder man hört auf zu jammern und sucht sich das passende Auto. 


Keine Frage, es muss ein englisches Fabrikat sein. Und was hilft besser gegen schlechtes Wetter als eine Großausschüttung Endorphine? Die Entscheidung ist gefällt: Mit dem McLaren MP4-12C Spider geht es gegen die lang anhaltende Winterdepression. Ein Lichtblick ist allein schon die Lackierung. Das metallisch glänzende „Volcano Red" bringt ein bisschen untergehende Sommersonne ins kalte München.


McLaren Spider - 3,1 Sekunden bis glücklich


Bevor man sich auf Asphalthöhe auf die Leder-Sportsitze bettet, steht noch das Erlebnis Flügeltür. Für Besitzer der ersten Coupés war das die erste Hürde. Denn Designer Frank Stephenson verzichtete zugunsten der Optik auf einen Türgriff. Wer den Flügel anheben wollte, musste sanft an der Innenkante entlanggleiten, bis es „Klick" machte. Dieses haptische Gefühl sollte eine emotionale Verbindung mit dem Supersportler herstellen und vor allem nicht das Design stören. Scheinbar standen aber zu viele Besitzer des 200.000-Euro-Geschosses allzu oft vor ihrem McLaren. Ausgesperrt mit Schlüssel. Nur so lässt sich der flache ovale Gummiknopf an den Flügeltüren erklären. Für 231.650 Euro darf man jetzt im McLaren Spider Platz nehmen. An der ersten roten Ampel ist es schon Zeit für eine kleine Dosis Glückshormone. Wie? Das geht ganz einfach: Denn der Druck auf das Gaspedal steigert nicht nur die Geschwindigkeit. Nach dem Start ist klar, dieses Auto hat Suchtpotential. Dabei sind Fahrwerkseinstellungen und Getriebe noch auf „Normal" geschaltet. „Sport" und „Track" bleiben für später, es muss ja noch Luft nach oben geben.


Soundgenuss unter freiem Himmel


Der Vorteil der Autobahnen um München herum ist die fehlende Geschwindigkeitsbegrenzung. Zumindest am späten Vormittag mit einem McLaren Spider, wenn sich die Pendlerstaus aufgelöst haben. In 3,1 Sekunden hat man das breiteste Lächeln der Welt. Ach so, Tempo Hundert ist auch erreicht. Wenige Sekunden später ist auch die Zweihunderter-Marke geknackt. Und selbst danach schafft der 3,8-Liter-V8-Biturbo mit seinen 625 PS immer noch eine enorme Beschleunigungsleistung. Wer jetzt auf die Bremse tritt, hat das Gefühl an einem Astronautentraining teilzunehmen. Denn wie das Coupé ist auch der Spider mit der berüchtigten Airbrake am Heck ausgestattet. Von 100 Stundenkilometer steht der Wagen so nach 30 Metern still. Wer bei diesen Kräften Bedenken hat, dem sei gesagt, in dem Mono-Cell-Carbon-Chassis ist man sicher wie in einem Faraday-Käfig vor dem Blitz. Abgesehen davon hält sich der Mclaren MP4-12C Spider selbst bei hohem Tempo und in zackigen Kurvenfahrten sicher auf der Straße. 


Wem dieser Zahlenwahnsinn noch nicht reicht: In 17 Sekunden sitzt man im Spider unter freiem Himmel. Dann ist das Hardtop komplett hinter den zwei Sitzen versenkt. Das geht bis Tempo 30. Was jetzt kommt ist purer Soundgenuss. Und die letzte Endorphindosis. Das einzige Problem: Versuchen Sie mal mit dem Spider 30 Stundenkilometer zu fahren.


Mehr Informationen:


Wer mehr über den Klang des McLaren Spider erfahren möchte, der muss zum McLaren-Händler oder zum Kiosk. GQ-Kollege Gordon Detels hat den Spider auf Bass und Höhen getestet. Das ganze Klangerlebnis können Sie in der „Speed" nachlesen, die der aktuellen GQ beiliegt. Einen kleinen Vorgeschmack gibt es in unserem Vine-Video.


Eine kurze Geschichte des McLaren MP4-12C Spider


Als McLaren vor zwei Jahren den MP4-12C präsentierte, war das bereits eine Sensation. Immerhin war das Coupé der erste straßentaugliche Supersportwagen seit der brachialen PS-Maschine F1. Und zwischen beiden Autos lagen zwei Dekaden. Solange wollte man in Woking nicht auf ein neues Modell warten. Das Coupé wurde gleich als Spider konzipiert. Seit November kann man den neuen McLaren kaufen.

Zum Original