So wie jeden Tag die Sonne aufgeht, so geht alle zwei Monate irgendwo in Deutschland der Vorhang hoch für eine Pollesch-Premiere. An der Berliner Volksbühne war es wieder so weit: Der Autor und Regisseur René Pollesch hat sein neues Stück selbst uraufgeführt, dieses Mal mit einer rein weiblichen Besetzung. Der Titel: "House for Sale".
Bert Neumann hat, wie so oft, die Bühne gebaut: hinten ein raumhoher Vorhang, rot wie ein Sonnenaufgang, davor eine weiße Holzhütte und zwei weiße Plastikstühle, auf dem Boden jede Menge welker Blätter. Es ist Herbst. Das Haus fährt vor und zurück, nach links und nach rechts, so wie einer jener neumodischen Staubsaug-Roboter, aber es schiebt das Laub nur umher. Die Schauspielerinnen Sophie Rois, Mira Partecke und Christine Groß schieben derweil die Sätze hin und her - und bleiben immer wieder in Wiederholungsschleifen hängen. Sie haben Déjà-vu-Erlebnisse, so wie die Zuschauer seit Jahren Déjà-vu-Erlebnisse haben, wenn sie ein Pollesch-Stück besuchen. Was die wenigsten von ihnen als Manko begreifen dürften: Sie fühlen sich zu Hause im Pollesch-Universum.
Das Verrückte an Pollesch-Abenden ist ja: Sie enden meist nach einer guten Stunde, könnten aber gefühlt noch ewig weitergehen, so ziellos wie sie sind. Und irgendwie tun sie das ja auch, nur an einem immer anderen Ort: Pollesch tourt von Stadt zu Stadt, von Berlin nach Wien nach Hamburg, und produziert seine Abende wie eine Never-Ending-Theatersoap - anders als eine Fernsehsoap natürlich ohne Einfühlung, Gott bewahre. Es ist Boulevardtheater für Großstadt-Akademiker ...