Ein vorgeblicher Drogenbaron und wirklicher Rap-Mogul veröffentlicht aus dem heimeligen Einfamilienhaus einer südhessischen Kleinstadt heraus ein Straßenrap-Album, das vor Authentizität zu platzen droht. Du weißt, dass es Haft ist.
Ein Junge liegt im Bett, plötzlich platzt die kleine Schwester rein. Mama war einkaufen und schafft es mit den Tüten und vier mal sechs Flaschen Metzeral-Wasser nicht alleine in den dritten Stock. Noch dazu sind die Aufzüge wieder mal kaputt. " Kennst du das, kaputte Aufzüge?". Alleine mit diesem Satz macht der Rapper Haftbefehl auf dem ersten Song seines neuen Albums gewaltige Bilderwelten auf. Graue, triste Hochhausfassaden spiegeln sich in den Pfützen vor dem Block, in der Einfahrt ein Leichenwagen, denn der Nachbar hat sich erhängt. Kennst du das? Die meisten in Deutschland wohl eher nicht. Denn Haftbefehl erzählt immer noch von den Verhältnissen in Gegenden, die im deutschen Mediendiskurs kaum auftauchen, wenn, dann als bloße Koordinaten für Polizeiberichte aller Art. So macht er auf diesem Lied, das auch glücklicherweise gleich den Namen "Kaputte Aufzüge" trägt, den Vergleich zum Villenviertel auf, zur " Doktorengegend, wo Professoren leben ". Orchideen und zwei Porsche vor dem Haus. Kennst du das? Vielleicht nicht aus der Kindheit, aber sicher aus den Träumen, die Popkultur und Politik weben.
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