„Sind Sportjournalisten auch nur Fans? Zwischen Hofberichterstattung und Enthüllungsjournalismus" - so lautete der Titel einer Talkrunde an der Deutschen Sporthochschule Köln, bei der Auftrag, Funktionen und Zukunftsaussichten des Sportjournalismus im Mittelpunkt standen.
Dabei bedienten die Anwesenden im Wesentlichen die erwartbaren Positionen: Der Spielerberater (Dirk Hebel, Sports-Total) will „seine Jungs“ schützen, ein Großteil seiner Arbeit liegt darin, Falschmeldungen und Gerüchte zu berichtigen. Für den Printjournalisten (Freddie Röckenhaus) liegt die Marktnische der Zeitung in den Hintergrundgeschichten, die das schnelle, oberflächliche, manchmal gedankenlose Onlinegeschäft nicht leisten kann und will. In dieses Horn stößt auch der Redakteur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Thorsten Poppe), der ein Nähe-Distanz-Problem zwischen Journalisten und Sportakteuren sieht und erkannt hat, dass nicht mehr die Journalisten die Themen setzen, sondern die Akteure – also Vereine, Vermarkter, Spieler – selbst. Erwartbar auch die Haltung des Boulevardjournalisten (Vim Vomland), der zwar Boulevard mache, aber deswegen trotzdem kein schlechter Mensch sei und dessen Credo lautet: „Alles wissen, aber nicht alles schreiben!“ Und zuletzt der Vereinsvertreter (Jörg Schmadtke), der so manchem Medienvertreter eine pauschalisierte, wenig differenzierte Berichterstattung vorwirft.
Angeleitet von Sky-Sportmoderator Thomas Wagner wurde darüber diskutiert, wie sich der Sportjournalismus insgesamt und das Berufsbild des Sportjournalisten im Speziellen verändert haben. „Heutzutage kann jeder seine Meinung öffentlich kundtun, ohne viel zu hinterfragen. Die Trennschärfe zwischen echten Nachrichten und schnell im Netz veröffentlichten Halbwahrheiten ist verloren gegangen. Oft sind wir den ganzen Tag damit beschäftigt, irgendwelchen Spekulationen hinterherzuhecheln“, sagt Röckenhaus. Sportjournalisten würden nicht mehr primär informieren, sondern eher die Informationen, die bereits kursieren, nachprüfen, bestätigen oder widerlegen. Nachhaltig könne der seriöse Sportjournalismus laut WDR-Mann Poppe nur dann bestehen, wenn er „die Geschichte dahinter“ überprüft, bewertet, einordnet, und zwar so transparent wie möglich. Anders das Berufsbild des Boulevardjournalisten: Ein Nähe-Distanz-Problem zwischen Journalist und Akteur sieht Vomland nicht, im Gegenteil: „Ohne Nähe geht es nicht.“ Zwar würden Journalisten heutzutage nicht mehr im Mannschaftshotel wohnen, aber eine enge persönliche Verbindung schließe eine kritische Berichterstattung nicht aus. Röckenhaus: „Sportjournalisten wird viel häufiger diese ominöse Nähe zu den Personen ihrer Berichterstattung unterstellt als Journalisten anderer Ressorts, etwa der
Politik. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Sport besonders emotional ist.“
Doch sind Sportjournalisten wirklich neutrale Beobachter des Geschehens, die das Sportsystem überwachen? Poppe ist überzeugt: „Es wird immer Platz für Hintergrundformate
geben, zumindest im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Vielleicht zeigen die privaten Sender auch mal diesen Mut.“ Gleichwohl werden die Medienaktivitäten der Sportakteure selbst immer stärker, zum Beispiel in Sachen Club-TV. „Für uns ist es natürlich gut, Geschichten selbst auszuwählen und über die eigenen Kanäle zu verbreiten; das ist besser steuerbar. Andererseits ist Sky einer der großen Geldgeber.
Es kommt also auf die Balance an“, beantwortete Schmadtke die Frage, wie er das Verhältnis von unabhängigem Journalismus und Vereins-TV einschätzt.
Über den Sportjournalismus fegt momentan ein „medialer Wirbelsturm“ (Röckenhaus). Alle Beteiligten müssten aber daran interessiert sein, dass sich dieser Hype legt und sich wieder die nötige Sachlichkeit einstellt. „Romantisch ist unser Geschäft sicher nicht, aber manchmal hilft es schon, wenn man sich mal in die Lage des jeweils anderen hineinversetzt“, befand FC-Mann Schmadtke abschließend. Jn/Pw
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