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Taliban schränkt Pressefreiheit in Afghanistan ein

Das Taliban-Regime in Kabul hat Regeln für Journalisten verkündet. Sie schränken die Pressefreiheit massiv ein. Die Organisation Reporter ohne Grenzen befürchtet das Schlimmste.


Etwa einen Monat nach der Eroberung Kabuls schränkt die neue Regierung der Taliban die Möglichkeiten freier Berichterstattung in Afghanistan weiterhin mit allen Mitteln ein. Am vergangenen Sonntag kündigte Qari Mohammad Yusuf Ahmadi, der Interimsdirektor des Medieninformationszentrums des Taliban-Regimes, neue Grundsätze für die journalistische Berichterstattung an. Wer als Reporterin oder Journalist arbeiten will, muss sich nun an elf Regeln halten.

Kein Zurück zur Normalität

Die ersten drei Medienregeln schreiben eine islamkonforme Berichterstattung vor, die „keine führenden Persönlichkeiten des Landes beleidigt" oder die „Privatsphäre verletzt". Die Grundsätze basieren scheinbar auf dem bereits bestehenden afghanischen Mediengesetz, welches sich der Einhaltung internationaler Normen wie den Menschenrechten verschreibt. Von diesen internationalen Übereinkommen ist in den neuen Medienregeln keine Rede.

Die Regeln sieben und acht ermöglichen eine Nachrichtenkontrolle, da „Inhalte, die sich negativ auf die Öffentlichkeit auswirken oder die Moral beeinträchtigen könnten, bei der Ausstrahlung oder Veröffentlichung sorgfältig zu behandeln" sind. Des Weiteren soll es ein „gesondertes Formular" geben, nach dem journalistische Artikel in enger Absprache in Form von „ausführlichen Berichte" mit dem Medieninformationszentrum der Taliban erstellt werden sollen.

„Diese elf Regeln zeigen einmal mehr, dass unter den Taliban keinesfalls eine Art Normalität einkehren wird", befindet der Geschäftsführer der Organisation Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr. Für die afghanischen Journalisten seien diese Regeln bindend, sie können ihnen nicht entkommen, wie die Organisation Reporter ohne Grenzen schreibt.

Sicherheitslage dramatisch verschlechtert

„Kurz vor der Bundestagswahl hat die Regierung die Liste schutzbedürftiger Personen offenbar geschlossen, obwohl uns weiterhin täglich verzweifelte Hilferufe erreichen", berichtet Mihr.

Die Sicherheitslage vor Ort verschlechtert sich dramatisch. Amnesty International berichtet von täglichen Angriffen auf Menschenrechtsverteidiger aller Art. Die Taliban gingen von Tür zu Tür auf der Suche nach Dissidenten. Zuletzt kündigte ein Taliban-Führer in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP die Rückkehr zur Amputationen und Exekution als Strafe an.

Durch die Einführung der Medienregeln könnten diese Strafen auch Journalisten drohen. Die Formulierungen lassen ein breites Spektrum von Interpretationen zu. „Für die Zukunft der journalistischen Unabhängigkeit und der Medienvielfalt in Afghanistan verheißen die Taliban-Medienregeln nichts Gutes.

Anstatt einen Schutzrahmen zu schaffen, der es Journalistinnen und Journalisten ermöglicht, unter zumindest akzeptablen Bedingungen weiterzuarbeiten, zementieren sie Grundsätze und Methoden, die der journalistischen Praxis widersprechen und Raum für eine höchst repressive Auslegung lassen", teilte ROG-Geschäftsführer Mihr mit. „Diese elf neuen Regeln öffnen Tyrannei und Verfolgung Tür und Tor."

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