Lilija Revenko ist schon vor acht Jahren aus der Ukraine geflohen, als die Kämpfe im Osten des Landes begannen. Seitdem hat sie ihren Vater nicht mehr gesehen. Das soll sich heute ändern, denn nun mussten auch ihre Eltern flüchten - über Polen nach Berlin, so der Plan.
Lilija Revenko, Geflüchtete: " Ich bin sehr aufgeregt, ich kann nicht sprechen. Sie wohnen in Saporizhzhja in der Südukraine und sie haben dort alles verlassen wegen dieses schrecklichen Krieges."
Mit einem Eurocity aus Polen sollen Lilija Revenkos Eltern in Berlin ankommen. Doch der Zug verspätet sich immer weiter, die Grenzkontrollen in Frankfurt/Oder sollen der Grund sein. Fünf Züge kommen an diesem Tag aus Warschau - über diese Route erreichen viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Berlin, allein am Dienstagabend sind es rund 1300. Wie viele privat unterkommen oder weiterreisen, lässt sich schwer abschätzen. Berlin richtet sich derzeit darauf ein, rund 20.000 Geflüchtete unterzubringen.
Einer von ihnen ist Iskander. Er kommt aus Algerien und hat in der Ukraine vier Jahre lang BWL studiert und eine Ukrainerin geheiratet.
Iskander, Geflüchteter, Student: " Wir hatten Pläne, wir hatten Ziele und Träume. Als der Krieg anfing, verschwand das alles. Jetzt müssen wir wieder von vorne anfangen, man fängt wieder bei Null an."
Viele hier haben mehrere Tage Flucht hinter sich, sind erschöpft. Die Eindrücke des Krieges sind noch ganz frisch.
Geflüchtete Frau: "Wir kommen aus Odessa. Dort haben wir Bombardierungen erlebt. Es ist schrecklich, was dort passiert. Jetzt sind wir einfach nur müde."Dutzende von ehrenamtlichen Helfern kümmern sich um die Geflüchteten.
Helferin über Megaphon (auf Englisch): "Um sechs Uhr kommt wieder ein Zug. Wir erwarten 700 Personen und wir brauchen ein System."Es gibt verschiedene Chat-Gruppen, über die sich die Helfer koordinieren, mehr als 4000 Mitglieder hat allein die für den Berliner Hauptbahnhof. Sie organisieren Verpflegung, Kleidung, Unterkünfte, und vor allem Informationen, wie und wo es weitergeht.
Judith Rauwald, Studentin: " Wir sind ein Zusammenschluss von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die seit Sonntag hier sind, weil wir gemerkt haben, dass es keine offizielle Organisation gegeben hat hier, von der Deutschen Bahn oder von der Stadt, und wir haben dann angefangen, Strukturen aufzubauen, und warten jetzt darauf, dass diejenigen, die eigentlich die Verantwortung in so einer Situation tragen müssten, die auch voll und ganz übernehmen. Was im Moment leider noch nicht der Fall ist."
Lilija Revenko hat ihre Eltern noch nicht gefunden. Die Kinder der Wirtschaftswissenschaftlerin kennen ihren Opa bisher nur von Video-Telefonaten.
Wiedersehen nach acht Jahren. Revenkos Vater durfte die Ukraine verlassen, weil er mit 63 Jahren nicht unter das Ausreiseverbot für alle ukrainischen Männer zwischen 18 und 60 Jahren fällt. Vorerst werden sie bei der Familie ihrer Tochter wohnen, in Leipzig. Wie es dann weitergeht, ist jetzt noch völlig offen.