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„Bahnbabo": Frankfurts bekanntester Tramfahrer

Peter Wirth alias „Bahnbabo“ beim Spagat im Betriebshof kurz vor Arbeitsbeginn. Mit Proteinshakes und Ganzkörpertraining hält sich der 56-Jährige fit.

Dicker Bizeps, Sonnenbrille, Spagat im Handumdrehen: Peter Wirth ist als „Bahnbabo" in ganz Frankfurt bekannt. Mit motivierenden Ansagen unterhält der Straßenbahnfahrer seine Gäste. 

„Ey, du bist doch der Bahnbabo! Kann ich Selfie machen?" Ein Jugendlicher am Hauptbahnhof winkt mit seinem Smartphone in der Hand aufgeregt dem Straßenbahnfahrer zu. Peter Wirth tritt gerade seinen Dienst an: Linie 21, Endstation Stadion, Abfahrt 12.24 Uhr. Noch bleiben ein paar Minuten für Fotos. Wirth ist das gewohnt. Lässig setzt er die Sonnenbrille ab und begrüßt den Jungen Faust auf Faust mit „Fist Bump": „Bruder, klar!"

Wirth hat sich den Namen „Bahnbabo" nicht selbst gegeben. Seit ein paar Jahren, genau kann es der 56-Jährige gar nicht sagen, ist er in ganz Frankfurt bekannt. „Babo heißt in der Jugendsprache Chef oder Anführer", erklärt er. „Ich bin der Chef in der Bahn, also bin ich der Bahnbabo!" Sein Markenzeichen ist der Surfergruß: Daumen und kleiner Finger gespreizt, die drei in der Mitte eingeknickt. Den kenne er aus Hawaii, erzählt er. „Da sagt man: Hang loose, lass' es locker angehen!"

Locker nimmt er auch den Trubel um seine Person. In den sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder der App Jodel werden regelmäßig Selfies mit ihm gepostet.

Im realen Leben hat der Bahnbabo die „Kids", wie er sie nennt, gern um sich - ob auf der Straße oder in der Bahn. Fast so gern, wie er Geschichten aus seinem Alltag auf den Schienen erzählt. Letztens sei ein 14-jähriger Junge zu ihm gekommen. Der habe gesagt: „Bahnbabo, kannst du mir Chaya besorgen?" Chaya ist im Jugendslang die Bezeichnung für eine Frau - mal abwertend, mal anerkennend. Wirth weiß das. „Ich hab' ihm geantwortet: Klar, aber das ist dann deine Oma." Ständig Schüler um sich herum, da lernt man irgendwann deren Sprache. „So schlage ich eine Brücke zu den Jugendlichen", erklärt er.Für Jugendsprache habe er Talent, findet seine Frau. Heike Wirth, ebenso wie er seit 30 Jahren Straßenbahnfahrerin, ist zur Unterstützung mitgekommen. Öffentliche Aufmerksamkeit ist der Bahnbabo gewohnt, die der Presse nicht. Das macht Wirth, breitbeiniger Stand, den gestählten Oberkörper aufrecht, schon mal nervös, wie er zugibt.


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Seit 38 Jahren ist das Bahnfahrerpaar schon verheiratet. „Läuft bei uns!", sagt er mit diesem verschmitzten Hollywood-Grinsen, für das er bekannt ist. „Wenn andere sagen: Ich fahr' auf meine Frau ab, sag' ich: Ich fahr' an meiner Frau vorbei!" Eigene Kinder haben sie keine - „leider", bedauert er. Dem Bahnbabo gefällt es, Vorbild für die junge Generation zu sein. Tipps gibt er den Kids vor allem in Sachen Ernährung. Wirth ist Kraftsportler, sein Bizeps verschafft ihm Respekt. Auf seinen Fahrten immer dabei: grüner Tee in einem Eiweiß-Shaker, dazu 35 Gramm Proteinpulver - für die Muskeln. Nur an einem sollen sich die Jugendlichen kein Beispiel nehmen, mahnt seine Frau Heike: der Solarium-Sucht. Seit 15 Jahren, gibt Wirth zu, brutzelt er regelmäßig unter der Sonnenbank. Damit seine Fahrgäste etwas von seiner strahlend-guten Laune abbekommen, macht der Bahnbabo in der Linie 21 motivierende Ansagen: „Es ist so ein schöner Tag, lass' Sonne in dein Herz hinein!" An der nächsten Haltestelle geht's raus. Und bei der Verabschiedung darf der „Fist Bump" natürlich nicht fehlen: „Bleib stabil!"

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