1000 zufriedene Besucher: Traditionsklub Sheffield United und Lipsisa Eutritzsch trennen sich 3:3 im Testspiel.
Am 1. Februar 1993 entschied die BSG Baufa Eutritzsch, sich in Lipsia 93 Eutritzsch umzubenennen. Damit wurde die Traditionslinie des genau 100 Jahre zuvor gegründeten SV Lipsia wieder aufgenommen. Bei der Wiedergründung war der Autor zugegen und wunderte sich, dass die anwesenden Mitglieder bei der Frage nach den Vereinsfarben für grün und weiß stimmten. Schließlich hat der Vereinsname Lipsia klaren Bezug zu Leipzig, weshalb natürlich die Stadtfarben blau und gelb nicht ganz unpassend gewesen wären. Doch es waren einfach mehr Chemie (FC Sachsen)-Fans unter den anwesenden Mitgliedern. Man kann grün-weiß immerhin so erklären, dass Lipsia als ältester sächsischer Fußballverein gilt. So gesehen ist die Farbwahl doch nicht ganz abwegig.
DURCHKLICKEN: Die Bilder zum Traditionellen Spiel zwischen Lipsia Eutritzsch und dem FC Scheffield.
Dieses Jahr nun feiert Lipsia 125-jähriges Bestehen und hat dazu den ältesten Fußball-Verein der Welt, den Sheffield FC, eingeladen. Der 1857 gegründete englische Club war maßgeblich an der Aufstellung der wichtigsten noch heute gültigen Fußballregeln beteiligt und besitzt Kultstatus, auch wenn der englische Achtligist sportlich gesehen in Sheffield, das fast so groß wie Leipzig ist, seit über 100 Jahren nicht mehr Nummer eins ist. Sheffield United und Sheffield Wednesday (beide heute Zweitligisten) dominieren in der Stadt, in der einst Installateur Joe Cocker vor seiner Zeit als Rocklegende manche Gasleitung und später manches Ohr freispülte.
Ob der unterdessen im Rockhimmel röhrende Joe je beim Sheffield FC zuschaute, muss hier offen bleiben. Auf jeden Fall spielt der SFC, so wie Lipsia, nicht mehr am ursprünglichen Ort. Lipsia kann das auch nie mehr hinkriegen, historische Spielgelände des Vereins lagen auf einem Gohliser Exerzierplatz sowie rund 300 Meter weiter nördlich der Thaerstraße - heute bebaut.
Mit ihrer Einladung wollten die Eutritzscher aber wenigstens ihrem besonderen Jubiläumsgast helfen, wieder ein Stadion am alten Ort zu errichten. „Dazu wollen wir den Sheffieldern 5000 Euro übergeben", kündigte Lipsia-Geschäftsführer Jan Erdmenger, der am Sonnabend auch noch Geburtstag feierte, an. Präsident Christian Lohmeier übergab den Scheck vorm Spiel an SFC-Präsident Richard Tims, der sich artig bedankte und mit einem Trikot im Original-Outfit von 1857 revanchierte. Neben dieser Summe muss Lipsia die Reisekosten für die Engländer stemmen. Erdmenger hofft: „Mit unseren Einnahmen wollen wir plus-minus-null aus der Sache kommen." Der Sheffield FC flog erst am sehr späten Freitagabend in Leipzig ein, für ihn spielen bis heute nur Amateure, allerdings fünf, sechs mit Profi-Erfahrung. Einige Shefield-Fans wurden angeblich schon am Freitag in Leipzig gesichtet.
Im Spiel bei Siebtligist Lipsia wirkten die offenkundig gut eingespielten Gäste anfangs überlegen, am Ende stand es salomonisch 3:3. Sheffield führte schon 2:0, ehe Maaz Abdelrahim zum 1:2 einschoss (41. Minute). Nach der Pause wurde der wieselflinke Neuzugang von Stadtmeister LVB mit präziseren Langpässen noch besser ins Spiel gebracht. Doch bevor der Sudanese zum zweiten Mal traf, gelang dem SFC das dritte Tor (48.). Abdelrahims 2:3 (54.) hielt die unterhaltsame Partie offen. Sheffield-Coach Chris Dolby mahnte zwischenzeitlich: „Konzentriert Euch auf den Ball", obwohl das kaum nötig schien, seine Elf wirkte ohnehin „griffig". Die Leipziger hielten gut gegen, kam prompt und nicht unverdient zum Ausgleich: Ein Schuss von Matti Hann klatschte von der Latte zurück, Christoph Pokowitz staubte ab - 3:3. Dabei blieb es vor 1000 zufriedenen Besuchern. Lipsia-Trainer Arvid Schröpfer sprach von „einem richtig guten Rahmen, einfach geil". Präsident Lohmeier von einem „absoluten Highlight". „Ein sehr ausgeglichenes Spiel" hatte der ebenfalls sehr angetane Sheffield-Clubchef „Richie" Tims gesehen.
Die Engländer feierten mit den Gastgebern nach Abpfiff zunächst auf dem Sportplatz, dann zog die fidele 50-Mann-Meute weiter in die City, wo sie wegen zu großer Lautstärke sogar einmal das Etablissement wechseln musste. Die Gäste zeigten sich am Tresen ähnlich fit wie auf dem Rasen. Am Montag fliegen sie zurück nach Sheffield. Bei Lipsia wird man noch lange von diesem ganz besonderen Match sprechen.