Sybille Benedict-Rux

Freie Journalistin, Autorin, Illustration , Lübeck

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Indisches Tanztheater im Kolosseum

Auf Einladung der Deutsch-Indischen Gesellschaft e.V. ZG Lübeck gab das Ensemble der deutsch-indischen Tanzschule Nataraj aus Berlin im Kolosseum seine Premiere des Stückes Karm Hi Puja Hai! - kurzweiliges und buntes Tanztheater mit tieferem Sinn.

Die deutschsprachige Inszenierung einer alten indischen Sage erzählt von dem weisen Mönch Narad Muni, der den Gott Vishnu den ganzen Tag preist und sich deshalb für dessen größten Verehrer hält. Als er nicht fassen kann, dass eine einfache Bäuerin, die nur zweimal am Tag ein Ritual zu Ehren des Gottes abhält, eine größere Verehrerin Vishnus ist als er, erhält er von Vishnu eine Aufgabe: Wenn er einen Krug kostbaren Öls um ganz Indien herum trägt, wird Vishnu ihm erklären, warum dies so ist. Also macht sich Narad Muni auf den Weg, Indien mit dem Ölkrug zu umrunden.


Eingebettet in die Erzählung von der Reise des Mönchs zeigte das Berliner Ensemble um Frau Shakti Ahuja zahlreiche Tänze unterschiedlicher Tanzstile: Klassischer Kathak und bengalischer Volkstanz gehörten ebenso dazu wie Ghazal und Tagore-Tanz. Ein Augenschmaus war die Aufführung nicht nur wegen der prachtvollen Kostüme, sondern insbesondere auch wegen der Darbietungen der Tänzerinnen, die, obwohl Laien, mit ihrer Leistung überzeugten. Das Konzept eines Wechselspiels zwischen der Erzählung und den Tänzen, die die Reise des Mönchs illustrieren ging auf: Es war eine lebendige und bunte Aufführung, die unterhaltsam nach Indien entführte und doch auch gleichzeitig die wichtige Botschaft transportierte, dass das Geheimnis wahrer Ehrerbietung darin liegt, die jeweils von Vishnu übertragene Aufgabe mit aller Hingabe zu übernehmen - sei es als arme Bäuerin oder als mit einem Ölkrug wandernder Mönch.


Mit einem einfachen Bühnenbild und einer überschaubaren Anzahl an Requisiten entstanden vor den Augen des Zuschauers Marktplätze, Felder, Tempel, ja auch der Gott Vishnu auf der Weltenschlange sitzend. Als stimmungsvolle Ergänzung erwies sich die Bereicherung der Musik aus der Konserve durch zwei Musiker, beide am rechten Rand der Bühne sitzend, die mit Sitar und Tabla mal die Tänzerinnen begleiteten, mal mit Zwischenspielen die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu halten wussten.


Das Kolosseum war bei sommerlichem Wetter nur halb mit Zuschauern gefüllt, welche die gelungene Premiere jedoch mit reichlich lebendigem Beifall bedachten. Ein wunderbares Beispiel für die Lebendigkeit und Vielfalt der Kultur in Lübeck.


Fotos: Sybille Benedict-Rux

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