Mit einem Buch namens „Politische Männlichkeit", das verhängnisvolle restaurative Tendenzen in zusehends von Gleichberechtigung geprägten Gesellschaften aufzeigt, hat man als Verlag gewiss das Momentum auf seiner Seite. Der Sturm auf das Kapitol hat selbst hartnäckigen Beschwichtigern in drastischer Weise vor Augen geführt, dass autoritäre, spaltende und chauvinistische Politik auf direktem Wege in den Extremismus führen kann. Ein Kerl, der mit Büffelhörnern durch die Hallen tanzt, ein anderer, der seine Stiefel auf dem Schreibtisch einer mächtigen Politikerin plaziert: Hier sieht man Karikaturen traditioneller Mannsbilder beim Versuch, sich verloren geglaubten Raum zurückzuerobern.
Die unerschöpfliche Frage, was Männlichkeit heute eigentlich genau ist und was sie sein könnte, ist nicht Susanne Kaisers Thema; sie hat Stoff genug gefunden in jenem Bereich, der heute gern „toxische Männlichkeit" genannt wird. Tief ist sie eingestiegen in deren Abgründe und präsentiert nun eine akribische Darstellung dunkelmännlicher Milieus, die, wenn sie nicht gleich direkt miteinander verbunden sind, sich doch gegenseitig befruchten. Von kuriosen Selbstetikettierungen sollte man sich nicht täuschen lassen: Weder handelt es sich bei „Pick-up Artists" um galante Womanizer noch bei „Incels", den „involuntary celibates", also unfreiwillig zölibatär Lebenden, um harmlose Nerds. Beide Gruppierungen teilen den verächtlichen Blick auf Frauen - mit dem Unterschied, dass die einen meinen, alle kriegen und unterwerfen zu können, während die anderen keine kriegen und den Frauen das nicht verzeihen.