Landsberg - Das Trio „Edi Nulz", dessen Musik die ganze Welt beinhaltet, das Buch „Mythos" von Stephen Fry, der den Kosmos als Anfang und Ende nimmt, und die Schauspiel-Lesekunst von Adele Neuhauser sorgen im Stadttheater Landsberg für Begeisterung.
‚Der Nulz und die Neuhauser' könnte man die vier Künstler flapsig nennen. Und dagegen hätten Vorleserin Adele Neuhauser sowie die drei Musiker der Formation „Edi Nulz (keiner der dreien heißt so) sicher nichts. Denn Leichtigkeit und Humor dringen zu jeder Sekunde von der Bühne ans Publikumsohr - Eigenschaften, hinter denen ungemeines Können steckt. Als Perfektion aus Leidenschaft - ohne steifen Nacken.
„Was uns die Götter sagen" lautet Frys Untertitel zu „Mythos". Und die sind ungemein geschwätzig. Wobei die griechische Mythologie das Chaos in den Anfang setzt, richtig, ‚in': „Wir müssen akzeptieren, dass es kein Vorher gibt", weiht Neuhauser ihr Publikum ein. „Das macht einen wuschig, aber es ist so." Um das Chaos greifbarer zu machen, füllt sich die Leere aber dankbarerweise mit Gaia und Uranus Kindern und Kindeskindern, ‚seid fruchtbar und mehret euch', sodass bald nur noch eifersüchtiges Schnattern auf dem Olymp erschallt. Das ist raum- und hirnfüllend und dank Frys einmaligem Humor anschaulich wie ein Comic - samt ‚Titanensex'.
Zum Hörgenuss wird Frys Text durch Neuhausers leidenschaftliche Lesung mit großem Körpereinsatz und ohne Scheu vor Grimassen. Der ihr eingebrannte Wiener Humor passt zu Fry wie Fuß in Maßschuh. Und das Pralle der griechischen Mythologie liegt Neuhauser im Blut - aufgrund ihrer Schauspielkunst, die Textzeilen zu Sprache werden lässt. Und vielleicht auch, weil die in Athen Geborene immerhin vier Jahre nahe des Olymp das südliche Lebensgefühl eingesaugt hat.
„Edi Nulz" alias Siegmar Brecher an der Bassklarinette, Gitarrist Julian Adam Pajzs (Neuhausers Sohn, da liegt wohl der Ursprung dieser kongenialen Zusammenarbeit) und Valentin Schuster am Schlagzeug ist für sich schon ein Edelstein: ein Trio fernab jeglicher Schubladen,scheinbar Musik atmend, sodass Mikis Theodorakis Gassenhauer-Sirtaki aus „Alexis Zorbas" zum schillernden Klangexperiment mutiert. Immer wieder blitzt die modale Tonleiter des Rembetiko ins Komponierte, gibt die phrygisch-melancholische Heptatonalität die Grundstimmung. Und damit ‚spielt' das Trio - wörtlich: Was Brecher, Pajzs und Schuster fabrizieren, strotzt vor Spaß, schwimmt in Humor und birgt die Portion Wahnsinn, die die Musik so spannend macht - und auch mal befreites Lachen als Nebenwirkung hat.
Während der Lesung eher im Dialog mit Neuhauser und dabei auch gerne schmelzend melodisch, bricht „Edi Nulz" immer wieder mit eigener Stimme durch: Stücke, die entsprechend griechisch mäandern, schräg bitzeln oder unheimlich schillern. Ein Gesamtpaket, das die Zuschauer im restlos ausverkauften Theatersaal mitreißt. Bis am Ende die Sonne explodiert. Und die Zeit zum Mythos wird.