Susanne Greiner

Journalistin, Landsberg am Lech

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Bunte Vielfalt: friedliche Premiere für den CSD Landsberg

Landsberg - „Applaus für diese mutigen Menschen!" Das sagt eine Seniorin mit Regenbogenfahne in der Hand, die beim ersten Christopher Street Day Landsbergs zusieht. Eine Feststellung, die zeigt, wie wichtig das Sichtbarmachen der LGBTQ+-Menschen auch in der Kleinstadt ist.


Premiere für Landsberg: Am Samstag demonstrierten Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, queere und Menschen mit anderen Geschlechtsidentitäten - LGBTQ+ -, Cisgender - Menschen, die sich mit dem ‚Ausweis-Geschlecht' identifizieren - und Heterosexuelle beim ersten Christopher Street Day in Landsberg. Die Abkürzung kann erweitert werden. Und schon das zeigt, was den CSD ausmacht: Menschen sind ein bunter Haufen unterschiedlichster Identitäten. Und es sind alles Menschen.

Schon um 14 Uhr wird es auf der Bossewiese bunt. Neben Regenbogenfahnen gibt es die Transfahnen - rosa und hellblau für Frau und Mann, weiß für alles dazwischen. Eine trägt auch Thorsten Wiedemann vom der Münchener Gruppe des Vereins TransMann, in Landsberg aufgewachsen. „Ich hatte mit 18 mein Coming Out", erzählt er. „Anfang der 90er gab es ja noch nichts. Da war ich froh über die paar Bücher in der Stadtbücherei zu dem Thema." Heute sei das vielleicht leichter, aber Ablehnung gebe es immer noch. Durch das Internet seien die Beleidigungen zudem extremer geworden. „Die Devise ‚Leben und Leben lassen' ist ok, wenn es um meinen Nachbarn geht", sagt Wiedemann. Bei Menschen, die Verantwortung tragen - wie Lehrende, Polizisten, Politiker - „fordere ich aber mehr Offenheit".

Um 14.30 Uhr starten 300 Personen zum Umzug Richtung Hellmair-Platz. „Für den ersten CSD in Landsberg ist das wirklich gut", sagt Henryk Hoefener von CSD Deutschland, der in Kaufering großgeworden ist. „Der in Schongau vor drei Jahren war minimal." Allein in Bayern fanden an diesem Samstag sieben CSD statt. Das Motto: „Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!"Und das sei vor allem im ländlichen Raum wichtig, betont Hoefener. Zwar sei das Klima allgemein besser geworden, „aber die extremen Fronten verhärten sich ." Dazu gehörten auch „Aussagen der politischen Mitte", sagt Hoefener und verweist auf den USA-Besuch von CSU-Politikern bei DeSantis.

Positive Reaktionen

Die Stimmung beim Landsberger CSD ist ausgesprochen fröhlich und friedlich, bestätigt auch die Polizei. Einer der Landsberger Polizeibeamten, um den Hals die Pfeife am Regenbogenband, freut sich über den CSD. „Ich finde das gut." Am Straßenrand stehen nur wenige, die meisten reagieren positiv. Familien mit Kindern, ältere Menschen, die den CSDlern zuwinken. Mit im Umzug ein knapp 80-Jähriger aus dem Landsberger Seniorenbeirat. „Ich will nicht verkrusten. Und ich will keine Vorurteile ausbilden", begründet er seine Teilnahme.

Von den Parteien sind die Grünen - Gabriele Triebel und Moritz Hartmann - und Die Partei vertreten. „Wir haben alle demokratischen Parteien eingeladen", sagen Liam Sauer, Lino Sliwinski und Maximilian Huber aus den Vereinen „VIDA Landsberg", „Randerscheinungen" und „FFF Landsberg", die gemeinsam den CSD organisiert haben. Die CSU habe man nicht eingeladen, ergänzt Sauer. „Deren Haltung bezüglich der Drag-Lesung in München lässt sich mit CSD nicht vereinbaren."

Die Auflagen: kein Alkohol, keine Glasflaschen, Menschen mit Masken müssen sich vorher bei der Polizei identifizieren - Vermummungsverbot. „Sollte es Probleme geben, gibt es ein Awareness-Team", informiert Sliwinski. Bis auf eine Beleidigung eines Polizisten „am Rande der Versammlungsfläche", so die Presseinfo der Polizei, gibt es keine Probleme.

Bei der Abschlusskundgebung auf dem Hellmair-Platz ist Sliwinski „stolz, sprachlos und überwältigt angesichts der vielen Menschen hier", wie er dem anwesenden BR sagt. Die diesjährige Planung sei sehr knapp gewesen, „für nächsten Jahr werden wir früher planen. Und es soll auch etwas mehr geben, zum Beispiel Live-Musik."

Maximilian Huber informiert über die queere Jugendgruppe, die VIDA gegründet hat, zudem berate der Verein. Dass das nötig sei, habe er erst vor Kurzem auf dem Hauptplatz wieder erfahren müssen: „Ich bin dort angespuckt worden." Angelika Engel von „Randerscheinungen" betont den Zusammenhalt, der in jeder Gemeinschaft enorm wichtig sei. Andere Menschen aus Landsberg sprechen, zudem treten Hoefener und auch Triebel ans Mikro. Letztere spricht von den erst 2021 „explizit für ein Queeres Netzwerk" im bayerischen Haushalt eingestellten Geldern. Immerhin lebten in Bayern „über eine Million Menschen, die nicht-hetero und nicht cisgeschlechtlich sind".

Der erste CSD: ein absoluter Erfolg, sagen Veranstalter und Teilnehmer. Und eine Versammlung die zeige, wie schön die Welt sei - in all ihrer Vielfalt.

Die BR-Sendung über den Landsberg-CSD ist am Sonntag, 9. Juli, in „Schwaben + Altbayern" um 17.45 Uhr zu sehen.

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