Susanne Greiner

Journalistin, Landsberg am Lech

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Artikel

Dank Fuchstalbahn: Asch - Paris mit einmal Umsteigen

Landsberg - Es wäre möglich: Ein Zugreisender könnte in Asch einsteigen und sechseinhalb Stunden später mit einmaligem Umstieg am Pariser Gare de l'Est ins buttrige Croissant beißen - wenn die Fuchstalbahn reaktiviert und als durchgehende Verbindung zwischen Schongau und Augsburg etabliert würde. Letzte Woche kamen gut 50 Interessierte zur Infoveranstaltung, organisiert von Umweltinitiative Pfaffenwinkel und Bund Naturschutz.

Damit die Fuchstalbahn reaktiviert wird, muss Einiges geschehen. Auch wenn Harald Baumann vom Arbeitskreis „Fuchstalbahn" der Umweltinitiative Pfaffenwinkel den Landsberger Kreisausschuss-Beschluss pro Potenzial­analyse als „Weichenstellung für die Fuchstalbahn" bezeichnete. Wobei er bedauerte, dass zu diesem dritten Infoabend nur Reaktivierungs-Befürworter kamen. Es sei wichtig, diejenigen mitzunehmen, die dem Vorhaben skeptisch gegenüberstünden.

Der Regionalreferent und Geschäftsführer „Verkehr" beim Bund Naturschutz, Thomas Frey, mahnte einleitend, dass der CO2-Ausstoß um 50 Prozent reduziert werden muss, um die in Paris getroffenen Klimaziele zu erreichen. Grundvoraussetzung dafür sei Verkehrsvermeidung und nicht „mögliche E-Fuels-Verwendungen". Wichtig sei sich bewusst zu machen, dass „Verkehrspolitik gestaltbar ist". Und wer die „ÖPNV-Strategie 2030" der Bayerischen Staatsregierung lese, sehe: „Es ist bekannt, was wir eigentlich tun müssten."

Denn gleich der erste Punkt des Papiers lautet: „Ausbau und Ertüchtigung der Infrastruktur für Bus und Bahn." Am effektivsten sei das bei Regionalstrecken, argumentierte Frey. Allerdings befürchte er, dass die kleinen Projekte zugunsten ‚werbewirksamer' - und kostenintensiver - ICE-Strecken den Kürzeren ziehen werden. Nicht zuletzt müsse aber auch das 49-Euro-Ticket, das im Mai kommen soll, für alle sinnvoll sein, auch im ländlichen Raum: „Das ist eine Gerechtigkeitsfrage."

Andreas Holzhey, Ingenieur für Verkehrswesen aus Schongau, sprach von möglichen Haltepunkten in Landsberg-Süd, Unterdießen, Asch-Leeder, Denklingen, Kinsau, Hohenfurch/Schwabniederhofen und Schongau Krankenhaus. Die Bahn werde so rund eine halbe Stunde von Schongau nach Landsberg benötigen. Die Geschwindigkeit liege bei 80 bis 100 km/h. Eine komplette Elektrifizierung sei dabei nicht Voraussetzung: „Auch die letzte Fuchstalbahn 1984 ist batterie-elektrisch gefahren." Seit der Stilllegung im selben Jahr - fehlende Fahrgäste, aber auch ein „unterirdisches Angebot", so Holzhey - wachse die Zahl der Aus- und Einpendler ständig. Auf der B17 am Römerkessel zähle man inzwischen sicher über 18.000 Fahrzeuge pro Tag. Der Bus brauche zu lange und sei auf Schüler ausgerichtet - deshalb keine Alternative zum Auto.

Die Bahntrasse ist nach Darstellung Holzheys weitestgehend saniert, es fehlten noch die Bahnhalte sowie Sicherungstechnik bei veralte­ten Übergängen. Letztere müssten die Kommunen aber nicht zahlen. Allerdings werde man auch nicht alle erhalten können. Heute seien Landwirte aber auch nicht mehr mit dem Ochsenkarren unterwegs und könnten „einen Umweg von wenigen hundert Metern" verkraften. Die Haltestellen bräuchten keine Bahnhofsgebäude mehr und müssten auch nicht zentral liegen. „Die Zuwege sind wichtig."

Insgesamt solle man die Fuchstalbahn größer denken: „Ich wünsche mir den großen Wurf." Mit dem Personenverkehr rechne sich auch der aktuell defizitäre Güterverkehr wieder. Die Fuchstalbahn schließe eine Verkehrslücke beispielsweise für Kaufering und das Allgäu. Ein Anschluss an die Pfaffenwinkelbahn sei wichtig. Mit der Fuchstalbahn habe auch Peitnig Anschluss zum Fernverkehr. Nicht zuletzt sei das Kriterium des so möglichen „Nicht-Umsteigens" in Landsberg und Kaufering wichtig. Denn dann könne man „von Asch nach Paris mit nur einmal Umsteigen" reisen.

Die Stadtbahn

Vom Großen zurück ins Kleinere führte Jens Klaumünzner, der den Nutzen der Reaktivierung konkret für Landsberg aufzeigte: für Schüler, Berufspendlern, Touristen, die per Zug einen Ausflug in den Süden machen wollten. Inzwischen sei der Zweitjob vieler Eltern, ihre Kinder zu ihren Hobbys zu fahren. Einige Bürger hätten oder wollten zudem kein Auto. Zusätzliche Halte sehe er beispielsweise im Englischen Garten, am Anfang der Josef-Kloo-Straße für die Bewohner der Schwaighofsiedlung oder auch an den Oberen Wiesen. Die Stadtbahn ermögliche Mobilität für nahezu alle Bürger - „für die Landsberger im Osten gibt es dann eben einen Soli", fügte Klaumünzner schmunzelnd an.

In der anschließenden Frage­runde traten die neuralgischen Punkte zutage: das berüchtigte 1.000-FahrgästeKriterium, dessen Problematik Andreas Holzhey nochmals konkretisierte: Es müssten pro Tag 1.000 Fahrgäste die gesamte Strecke Landsberg-Schongau fahren. „Wenn alle Fahrgäste nur die Hälfte der Strecke fahren, müssen es 2.000 sein." Dafür sei eben der durchgehende Verkehr bis Augsburg und nicht zweimaliges Umsteigen in Landsberg und Kaufering wichtig, das sei ein enormer Pluspunkt für potenzielle Zug-Fahrgäste.

Eine Hürde seien auch die Kosten, die die Landkreise für Zuwegungen und Park+Ride-Plätze leisten müssten, betonte Holzhey. Und auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Freistaat nach erfolgreicher Poten­zialanalyse dann tatsächlich die Strecke reaktiviere - wenn die Analyse positiv ausfalle. Denn nicht zuletzt mache ja die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) die Analyse. Und deren Auftraggeber ist der Freistaat. „Deshalb ist es wichtig, dass sich alle Kommunen geschlossen für die Reaktivierung einsetzen." Und darauf achteten, dass die BEG alle Daten für die Analyse verwende. Was den Zeitplan angehe, wolle und könne er sich nicht festlegen, schloss Holzhey.

Und BN-Regionalreferent Thomas Frey ergänzte: „Die Fuchstalbahn ist zum Glück noch Bundeseigentum, was mehr Fördermittel verspricht." Am Ende stehe jedoch die Frage, ob die BEG eine nicht elektrifiziete Strecke reaktiviere, aktuell könnten die Verbindungen nur mit Mühe erhalten werden. „Im Kern ist es eine Frage des Geldes."

Die Kritiker

Die Gemeinden Denklingen und Hohenfurch (Lkrs. Weilheim-Schongau) hatten sich bisher eher kritisch zur Reaktivierung der Fuchstalbahn geäußert. Keiner könne sagen, ob die Reaktivierung kommen werde oder nicht, argumentiert Denklingens Bürgermeister Andreas Braun­egger auf Nachfrage des KREISBOTEN. Immerhin sei das Thema schon seit 20 Jahren präsent. „Wir wollen erst eine Kosteneinschätzung für Zuwegung und Bahnhalt. Vorher entscheidet sich die Gemeinde weder dafür noch dagegen."

Ähnlich argumentierte 2021 auch der Bürgermeister von Hohenfurch Guntram Vogelsgesang. Die Gemeinde hatte einer für die Reaktivierung notwendigen Schließung von Bahnübergängen auch wegen großer Umwege für die Landwirte von wohl mehreren Kilometern nicht zugestimmt. Und da auch für den Bau von Bahnsteig, Parkplätzen und Radständern, die Zuwegung und den Kauf der notwendigen Grundstücke noch kein Kostenrahmen angegeben werde, könne die Gemeinde einer uneingeschränkten Kostenübernahme nicht zustimmen.

Allerdings: Die Zustimmung aller betroffenen Gemeinden sei auch nicht mehr notwendig, hatte Harald Baumann vom Arbeitskreis „Fuchstalbahn" Ende vergangenen Jahres gesagt. Die rechtliche Zustimmung nicht. Aber laut Andreas Holzhey offenbar die Bereitschaft, sich für den posi­tiven Ausgang der Potenzialanalyse einzusetzen. Und nach dem Kommentar eines Zuhörers auch der Wille zur Reaktivierung: „Die Kommunen müssen Druck machen."

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