Susanne Greiner

Journalistin, Landsberg am Lech

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Artikel

Das Debut-Album der Uttinger Komponistin Sophia Jani

Landsberg/Utting - Die Komponistin und Pianistin Sophia Jahn feiert Geburtstag. Nicht ihren, sondern den ersten ihres ersten Albums „Music as a Mirror": Es erschien am 25. Februar 2022. Am gleichen Tag in diesem Jahr ist die in Utting aufgewachsene Künstlerin im Stadttheater und wird ihr Debut-Album zum ersten Mal live präsentieren.

Bei der Frage nach ihrem Alter überlegt Sophia Jani kurz. „Ich muss nachrechnen ... 1989 ... 34", sagt sie dann und lacht. Sie hat in diesen 34 Jahren viel erlebt: in mehreren Ländern, hat zwei Bachelor- und ein Masterstudium abgeschlossen, diverse Werke für Ensembles wie das Goldmund Quartett oder das Pathos Trio komponiert. Und ab 2016 hat sie auch an ihrem eigenen Album gearbeitet, das 2022 beim Label „Neue Meister" in Berlin erschienen ist.

Ihren musikalischen Start hat Jani aber im Landkreis Landsberg: Ihre Eltern ziehen von München nach Utting, als Jani drei Jahre alt ist. Sie geht in Utting zur Schule, später ans Gymnasium in St. Ottilien. Und sie nimmt Ballettunterricht bei Beatrix Klein. „Das war meine erste Begegnung mit Musik. Ich habe erst im Nachhinein gemerkt, wie sehr mich diese zehn Jahre Tanz geprägt haben. Denn wenn ich komponiere, kommt ganz viel aus einem Gefühl für Bewegung." Aber auch instrumental hat sie die Lechstadt, genauer die Landsberger Musikschule geprägt: der Geigenunterricht bei Birgit Abe und das Klavier bei Maximilian Hofbauer.

Danach geht es für ein Jahr nach Bordeaux ans Conservatoire Jacques Thibaud. Dann wieder zurück nach Augsburg, um Wirtschaftswissenschaften auf Bachelor zu studieren: „Ich wollte erst was mit Kulturmanagement machen", sagt sie, hat aber 2014 schon ihre erste EP mit ihrem Partner Carlos Cipa - in Landsberg auch kein Unbekannter - herausgebracht. Als sie einen Kompositionsstudiengang an der Musikhochschule in München entdeckt - „Filmmusik, aber das war sehr weit gesteckt, sehr frei" - wird es aber dann doch die Musik, die ihr Leben bestimmt.

Schon während des Studiums in München mit Schwerpunkt elektronische Musik wird Jani das erste Stück für ihr Album komponieren. „Dass ich ein Album machen will, war mir ab 2016 bewusst. Ich wollte einen Ort bauen, an dem es um meine Musik geht. Ein Schutzraum, in dem ich mich finden kann." Dieses erste Stück ist „The Dark and the Light and every­thing in between". Ein Song nach einem Bukowski-Gedicht aus dessen Spätphase. Das lyrische Ich der Gedichte sei „mit sich im Reinen, gelassen, ohne zu kämpfen, vielmehr voller eleganter Akzeptanz" - ein Zustand, nachdem sie sich sehne, vor allem, wenn sie komponiere, sagt Jani. Für ihre Komposition habe sie nach einem warmen, leichten aber auch düsteren Klang gesucht - und ihn in der Kammermusik gefunden. „Da habe ich gemerkt: Das ist meine Musik, die für sich steht, mit der ich niemanden imitiere."

‚Flucht' in die USA

Janis Musikstil: zeitgenössische Klassik oder Neo-Klassik - „etwas, das in Mitteleuropa eher schwierig ist", sagt sie. „Es gibt hier sehr strenge Traditionen, wie zeitgenössische Klassik sein muss." Jani verweist auf die internationalen „Darmstädter Ferienkurse", eine Veranstaltung, bei der ‚die Neue Musik' vermittelt werden soll - geprägt von Schönberg, Webern, Stockhausen, Adornos Aussagen. Wenn man „Musik schreiben will, in der es um die Töne geht" und nicht serielle Komposition, sei das in der ‚Szene' hier schwierig. Man werde in gewisser Weise sogar „angefeindet".

Anders in den USA. Dorthin weicht Jani aus, um ihren Master in Komposition an der Yale University School of Music zumachen. Schon 2019 ist die Komponistin, nach dem Abschluss des Münchener Studiums und einem Jahr in Bozen, zum „Bang on a Can"-Festival in die Staaten eingeladen, einem seit 1987 bestehenden Event, der sich innovativer Musik widmet - wobei schon der Titel des Festivals einen entspannten, geerdeten Umgang mit der oft so strikten Neoklassik zeigt.

Beim „Bang on a Can" lernt Jani den Professor kennen, bei dem sie ab 2020 in Yale studieren wird: „Auf einem sehr hohen Niveau, ein kleiner Campus, aber ein riesiges Angebot." Die Studiengruppen mit gerade mal zehn Personen gefallen Jani, dazu das eher kleine New Haven: „Man wächst als Gruppe zusammen." In Amerika bleiben will sie dennoch nicht. Einerseits ist es ihr politisch zu unsicher, vor allem in der Zeit unter Trump. Zudem „gibt es dort einfach überhaupt keine Absicherung". Und letztendlich bleibe einem ein fremdes Land in gewisser Weise immer fremd. Nicht zuletzt lebt ihr Partner in München. Weshalb Jani im Sommer 2022 wieder in ihre Geburtsstadt zurückkehrt - und hier ‚ihre' Musik macht.

Und wie ist ihre Musik? Sophia Jani nennt sie selbst „musikalische Musik". Sie ist sanft, etwas abstrakter als Cipas Werke, klassische Formen zitierend. „Every­body was so young" erinnert an Philip Glass' Opern „Einstein on the Beach" oder „Satyagraha". In Abschnitten des mehrteiligen Stückes „The Grass is full of Stars" merkt man Janis Filmmusik-Verbindung. „Ich bezeichne meine Musik gerne mit dem Begriff ‚poetischer Minimalismus'. Extrem fokussiert, extrem reduziert, sodass sie etwas Zerbrechliches bekommt." Natürlich zeitgemäße Musik, aber eben sehr intuitiv. Denn „es ist wichtig für mich, dass meine Musik die Menschen berührt."

Abseits des Algorithmus' - Musikempfehlung von Edmund Epple

Edmund Epple, fürs Musikprogramm im Stadttheater zuständig, hat Sophia Jani eingeladen, weil sie ‚zwischen den Genres' komponiert: Musik „für die man als Hörer nicht studiert haben muss, um sie zu begreifen. Das geht intuitiv." Was nicht mit ‚gefällig' gleichzusetzen sei. Um die sogenannte Neo-Klassik aufzulösen, müsse man sie erst einmal verstanden haben.

Epple will mit seinem Programm gerade das ‚Dazwischen' beleuchten. Deutschland tue sich in der Förderung solcher Künstler schwer. Man sitze hier in Bezug auf Klassik noch „auf einem sehr hohen Ross. Es wird oft nur das Ergebnis gefördert, anstatt „der Fantasie und Kreativität des Einzelnen Raum zu lassen. Schließlich steht am Ende immer Musik."

„Interessant finde ich, das gleich zwei VertreterInnen dieses ‚Genres' aus Landsberg kommen", sagt Epple in Bezug zu Janis Partner Carlos Cipa. „Diese bemerkenswerte Randnotiz sollte das Publikum eigentlich allein neugierig machen." Darüber hinaus seien von Janis Musik alle angesprochen, „die ein Faible für Filmmusik haben und/oder KünstlerInnen wie Max Richter, Hania Rani, Hauschka, Ludovico Einaudioder Vikingur Olafsson lieben." Ein Konzert zu besuchen, dessen Musik man nicht kenne, ohne jegliche Vorbereitung, sei immer ein Gewinn: „Wenn man nur dem Algorithmus folgt, geht einem viel Neues verloren."

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