Susanne Greiner

Journalistin, Landsberg am Lech

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Windräder statt Silberner Gams?

Landkreis - Vier einsame Windenergieanlagen drehen im Fuchstal ihre Rotoren. Zwar bekommen sie demnächst Gesellschaft von drei weiteren Windrädern. Ansonsten schaut es im Landkreis aber mau aus. Nicht nur wegen der umstrittenen 10H-Regel, auch der Flugbetrieb in Penzing machte Windenergienutzung im Landkreis unmöglich. Jetzt hat Bayern 10H gelockert: In sogenannten Vorranggebieten entfällt sie, der Abstand einer Windkraftanlage zur nächsten Besiedelung muss nur noch 1.000 Meter betragen, nicht mehr das Zehnfache der Nabenhöhe. Und Flugbetrieb in Penzing gibt es auch keinen mehr. Regenerative Energien sollen und müssen ausgebaut werden. Vielleicht wäre ja nun das ein oder andere Windrad im Landkreis möglich?

Vor gut zehn Jahren wurde das Thema Windenergieanlagen im Bereich um Landsberg schon einmal mit einem Standortgutachten geprüft. Konkret hatte man damals diverse Gebiete auf Landsberger Flur, aber auch im Ammerseebereich im Auge, beispielsweise Gebiete im Westerholz, beim Stofferberg, bei Schwifting, Geltendorf, Weil oder auch den Bereich zwischen Pürgen und Hofstetten.

Dieser vagen Idee erteilte die Bundeswehr allerdings eine klare Absage: hauptsächlich wegen des Flugverkehrs in Penzing, aber auch Lechfeld und Altenstadt führten dazu, dass der gesamte Landkreis seitens der Bundeswehr „zur Tabuzone" erklärt wurde. Auch wenn die Bundeswehr der Windkraft grundsätzlich „wohlwollend gegenübersteht", hatte auch ein eindringliches Nachhaken seitens des damaligen Landrats Walter Eichner samt Windexperten aus Köln kaum Erfolg: Penzing bleibe tabu, konstatierte die Bundeswehr, die Kon­trollzonen Lechfeld müssten weiter berücksichtigt werden. Der Bereich unterhalb des zivilen Luftraumes sei grundsätzlich von baulichen Anlagen freizuhalten, um Flugzeuge in alle Richtungen leiten zu können.

Soweit der Stand 2012. Jetzt ist der Flugverkehr in Penzing Geschichte - zusätzlich zum aktuellen Krieg in der Ukraine samt Energieproblematik war das mit ein Grund, weshalb die Stadtratsfraktion der Grünen im März einen Antrag auf Potentialanalyse Windkraft auf Landsberger Fluren im Gremium stellte - eine Analyse, die es so noch nicht gebe. Zwar habe man 2012 bereits „um Landsberg herum in den Wäldern" mögliche Windkraftanlagen geprüft, berichtet Kristina Willkomm vom damals beauftragten Planungsbüro Sing. Aber aufgrund des strikten Neins der Bundeswehr - das sich sogar fast auch auf die Fuchstal-Wind­räder ausgeweitet hätte - seien die nicht vertieft worden.

Deutliches Ja oder Nein

Der Antrag der Stadtrat-Grünen fordert, dass ein Planungsbüro mögliche Standorte für Windkraftanlagen eruieren soll. Berücksichtigt werden solle eine Lösung mit 10H und eine ohne. Der Antrag wurde angenommen, die Stadt suche nun ein entsprechendes Planungsbüro, bestätigt Zweiter Bürgermeister Moritz Hartmann (Grüne). Von den Windgeschwindigkeiten gebe es durchaus Potential, vor allem auch bei höheren Anlagen - Hartmann denkt an mindestens 130 Meter. „Wir wollten aber vorher eine grundsätzliche Entscheidung, also Windenergie ja oder nein," Und das, bevor die Überarbeitung des Flächennutzungsplans abgeschlossen wird. Denn sei die Grundsatzentscheidung da, könne man dementsprechend auch konkret werden.

Der Flächennutzungsplan ist dabei entscheidend. In ihm können die erforderlichen Vorrangflächen ausgewiesen werden, in denen nach aktueller Entscheidung des Freistaats die 10H-Regel nicht gültig wäre, der Abstand der Windenergieanlage zur nächsten Besiedlung also lediglich 1.000 Meter betragen muss. Solche Vorrangflächen hatte die Gemeinde Fuchstal im Teilflächennutzungsplan ausgewiesen. „Rechtskräftig wurde der zum 31. Dezember 2013", erinnert Bürgermeister Erwin Karg. Damals habe 10H noch nicht gegriffen, der Mindestabstand dort wurde auf 2.000 Meter festgelegt. Die Windräder im Fuchstal sind 206 Meter hoch, die drei neuen Anlagen sogar 250 Meter. „Mit 10H hätten wir im Fuchstal jetzt eine Anlage weniger. Und zwei der drei neuen Windkraftanlagen wären auch nicht möglich."

Seltene Arten

Geplant habe er damals gleich 44 Anlagen, sagt Karg - natürlich nur zur Vorsicht, da wegen diverser Kriterien erfahrungsgemäß mindestens die Hälfte nicht genehmigt werde: wenn zum Beispiel wie in Thaining nur eine Anlage geplant wird, die dann der Rotmilan durchkreuzt. Wobei es inzwischen auch die Möglichkeit des Vogelmonitorings gibt und einer Abschaltung der Anlage, sollten Vögel in die Nähe der Rotoren gelangen.

Generell müsse aber eben jede Anlage einzeln genehmigt werden. Neben geschützten Tier- oder auch Pflanzenarten könnten auch Sichtachsen von Baudenkmälern Windanlagen verhindern. Beispielsweise müsse die Sichtachse vom Weltkulturerbe Wieskirche aus ungehindert bleiben, sagt Karg. Und dann gelte es natürlich noch, den Flugverkehr zu berücksichtigen.

Und hier scheint die Windenergie weiterhin zu scheitern, auch wenn auf Anfrage beim Luftfahrtamt der Bundeswehr nicht mehr ein gar so striktes Nein wie noch 2012 zu hören ist. „Der Luftraum, für den der Flugplatz Penzing verantwortlich war, wurde schon immer vom Flugplatz Lechfeld mitgenutzt. Seit Aufgabe des Flugplatzes Penzing verfügt nun der Flugplatz Lechfeld alleine über diesen Luftraum", gibt ein Sprecher des Luftfahrtamtes zu bedenken.

Also alles wie zuvor? Nicht ganz. „Natürlich fallen einige Einschränkungen für Windenergieanlagen jetzt weg", grenzt er ein. Bauhöhenbeschränkungen wegen Anflugverfahren vom Lechfeld am nördlichen Landkreisrand müssten aber weiterhin berücksichtigt werden. Bei der Genehmigung von Bauwerken unterhalb des militärischen Luftraumes - also auch Windenergieanlagen - sei man an „nationale und internationale Richtlinien gebunden", so der Luftfahrtamts-Sprecher. Die Beschränkungen für den Bau von Windenergieanlagen hingen „vom exakten Standort in Relation zum Flugplatz und den Flugsicherungseinrichtungen ab". Erst, wenn man die genauen Koordinaten sowie die geplanten Bauhöhen kenne, könne man eine Genehmigung ins Auge fassen.

Der Weg der Stadt Landsberg, geeignete Standorte durch ein Planungsbüro eruieren zu lassen, hat hoffentlich ein zügiges Ergebnis. Dem dann wie auch immer geartete Maßnahmen folgen können.

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