Stephan Kroener

Freier Journalist und Historiker, Freiburg

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Zweite Republik: Tiefe Gräben

G/Geschichte 07/2021

Tiefe Gräben Mit der Zweiten Republik keimt Hoffnung auf. Aber kann die Spaltung Spaniens überwunden werden? G/Geschichte 07/2021

Auf den Schultern der Angestellten verließ König Alfonso XIII sein letztes Hotel. Der König von Spanien und »König der Hoteliers« – wie er aufgrund seiner längeren Aufenthalte in Luxushotels auch betitelt wurde – war am 28. Februar 1941 im Alter von nur 54 Jahren an einer schweren Angina pectoris verstorben. Die 300 Quadratmeter große Suite im Le Grand Hotel in Rom (heute St. Regis Rome) war der Rückzugsort des spanischen Monarchen, der fast genau zehn Jahre zuvor, am 14. April 1931 seinen deutlich größeren Palacio Real in Madrid fluchtartig hat verlassen müssen.

Seine Berater hatten ihm damals ein »vorläufiges« Exil nahegelegt. Nur zwei Tage zuvor waren die Gemeinderatswahlen deutlich zu Ungunsten der aktuellen, vom König gestützten Regierung ausgegangen. Der drastische Wahlausgang wurde als ein Referendum gegen die Monarchie verstanden. Als der König nach Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses die Freudentänze und revolutionäre Stimmung auf den Straßen Madrids wahrnahm, befahl er die Puerta del Sol vor dem Innenministerium, einen der bedeutendsten Plätze Madrids, zu räumen. Doch seiner Anordnung wurde nicht mehr Folge geleistet. Die Republik, die zweite in der spanischen Geschichte, wurde Stunden später verkündet. Unter die Rufe »¡Viva la República!« (dt. Es lebe die Republik) mischten sich schnell auch »¡Muera el rey!« (dt. Tod dem König).

König Alfonso betonte in seiner Abschiedsnachricht, dass jene Wahlen gezeigt hätten, dass er nicht mehr die »Liebe seines Volkes« besäße. Diese Liebe hatte er allerdings schon Jahre zuvor mit der Unterstützung des Diktators Miguel Primo de Rivera verloren. »Ein König kann sich irren«, schrieb er weiter an seine Untertanen. Doch, dass er auch nach dem Ende der Diktatur 1930 an einem anachronistischen Status Quo festgehalten hatte, kostet ihn nicht nur die Liebe seines Volkes, sondern auch die Regentschaft. »Ich bin der König aller Spanier und auch ein Spanier«, schrieb der verfemte König weiter, und er werde sich von allem Fernhalten, was einen Bürgerkrieg provozieren könnte.

G/Geschichte 07/2021

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