Spiral ist ein rätselhaftes Werk. Wo Nicolas Jaar und Dave Harrington mit dem Comeback-Album ihres Jam-Projekts Darkside hinwollen, erschließt sich nicht gleich beim ersten Hören. Beim Vorgänger war das noch anders: Psychic vereinte 2013 die Welten des ewigen Laptop-Wunderkinds Jaar und des Psychedelic-Jazz-Multiinstrumentalisten Harrington auf die denkbar beste Weise: Gespür für den Groove, Mut zur Lücke im richtigen Moment und der eine oder andere Mark-Knopfler-Gedächtnis-Gitarrenlick machten es zum Psychedelic-Album der Stunde. Und Spiral? Ist dagegen merkwürdig unglamourös und sehr viel weiter vom Zeitgeist entfernt als erwartet. Die Einflüsse scheinen deutlich stärker von Dave Harrington zu kommen, der mit seiner selbstbenannten Group Instrumentalalben in ähnlicher Manier veröffentlicht: Verspielt, weich und surreal. Jaar, von Haus aus näher am Spiel mit den Dynamiken, scheint sich damit zurückgenommen zu haben. Und so ist Spiral weniger Dire Straits und mehr Pink Floyd an der Schwelle zwischen 60er-Psychedelic und 70er-Progressive: Ein Fiebertraum zwischen bluesigen Akustikgitarren und flirrenden Synthesizern. So erklärt sich nach mehreren Durchläufen doch noch, wo die beiden mit diesem Album hinwollen: Es ist eine jenseitige, strukturlose Traumwelt, die sie sich in ihren Jamsessions in einem Häuschen in New Jersey eröffnet haben. So macht es Sinn. Und so sickert es ein, mit jeder weiteren Umdrehung.
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Steffen Kolberg
Freischaffender Journalist, Zürich
Rezension