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Die Chefin macht Druck

Die Russin Marina Granovskaia treibt den Wandel der Blues voran. Bei Transfers ist die Frau knallhart - und verhandelt gerade auch mit Bayer Leverkusen über Kai Havertz.


Wenn der FC Chelsea am Samstagabend in Wembley Stadion auf den FC Arsenal trifft, ist das FA-Cup-Finale für die Blues nicht nur ein Duell mit dem verhassten Stadtrivalen, sondern auch die Möglichkeit einer Revanche: Vor drei Jahren siegte Arsenal am gleichen Ort 2:1 und die Chelsea-Spieler mussten zuschauen, wie die Gunners den Pokal gen Himmel streckten.

Viele der damaligen Chelsea-Spieler, die von der Schmach erzählen könnten, sind nicht mehr im Kader: Von der Startelf des Halbfinals gegen Manchester United vor knapp zwei Wochen waren nur Marcos Alonso und César Azpilicueta schon im 2017er-Finale aufgelaufen.


Der FC Chelsea ist im Umbruch, die Vorgabe von Klub-Besitzer Roman Abramowitsch: Die Blues sollen jung und aufregend sein, erfolgreich sowieso. Den Wandel treibt eine Frau voran: Marina Granovskaia. Die 45-Jährige ist als Direktorin für Transfers zuständig - und die wahrscheinlich mächtigste Frau im Weltfußball.


Die Russin, die auch den kanadischen Pass besitzt, ist eine enge Vertraute des russischen Oligarchen. 2003 holte Abramowitsch sie aus seinem Ölkonzern nach London, seit 2013 steuert die Russin Spielertransfers und Trainerverpflichtungen. Granovskaia gilt als diejenige, die faktisch die Geschicke des Londoner Klubs leitet.


Granovskaia wird für ihre Härte und ihr Verhandlungsgeschick gleichermaßen gefürchtet wie respektiert. Britische Zeitungen gaben ihr den Titel „Iron Lady". Als die Verhandlungen mit John Terry über einen neuen Vertrag einmal stockten, soll sie die Chelsea-Legende ganz und gar nicht jugendfrei aufgefordert haben, sich zu entscheiden: „Take it or fucking leave it." Der Boulevardzeitung „Daily Mirror" sagte eine Quelle aus dem Verein, Granovskaia sei „hart, gerecht, wunderschön und absolut brillant in ihrem Job".


Und Granovskaia ist erfolgreich: Aus der Bundesliga lockte sie Christian Pulisic für 64 Millionen Euro aus Dortmund nach London; vor wenigen Wochen folgte Timo Werner, für den Chelsea rund 53 Millionen Euro nach Leipzig überwies. Auf der Einnahmeseite verbuchte sie Transfers wie den Verkauf von Eden Hazard an Real Madrid für 115 Millionen Euro oder einen Sponsoren-Deal mit Nike, der bis 2032 jährlich rund 66 Millionen Euro in die Kassen spülen wird. Derzeit pokert die Russin mit den Bossen von Bayer Leverkusen um den Wechsel von Kai Havertz an die Stamford-Bridge.


Granovskaia gelang es, Trainer Frank Lampard eine junge, spielfreudige und hungrige Mannschaft zusammenzustellen, die sich mit Tabellenplatz vier in der Liga für die Champions League qualifizierte. Die FA-Cup-Revanche gegen Arsenal soll nur ein Zwischenschritt sein.


Von Steffen Herrmann

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