Nach dem verdächtig harmonischen Einstieg zeigt „Fresh" sein wahres Gesicht und offenbart sich als Horror-Psychothriller mit Gore-Anklängen. Steves Begehren entpuppt sich als kannibalisch-einverleibender Appetit auf Frauenfleisch, gekoppelt mit handfesten materiellen Interessen, denn er versorgt nicht nur sich selbst, sondern auch einen Ring zahlender Kundschaft mit Filetstücken aus den Körpern seiner weiblichen Opfer - eine alles andere als subtile, aber durch Sebastian Stan mit treffendem schwarzem Humor umgesetzte Karikatur männlicher Übergriffigkeit und der Degradierung von Frauenkörpern zum Objekt.
Daisy Edgar-Jones muss nun körperliches wie seelisches Durchhaltevermögen beweisen, um ihrem charismatischen Peiniger nicht zum Opfer zu fallen. Sebastian Stan changiert dabei gekonnt zwischen charmanter Gentleman-Attitüde und manischer Mordlust, wobei er dem unvermeidbaren Vergleich mit Kino-Vorzeigekannibale Hannibal Lecter durchaus standhalten kann. Während der Chirurg mit Vorliebe für exotische Kulinarik etwa zu Animotions „Obsession" durch die Küche tänzelt und mit einem Fleischerhammer einen Frauenschenkel bearbeitet, sucht die angekettete Noa im Keller händeringend nach einem Fluchtweg. So entwickelt sich ein spannendes Katz-und-Maus-Spiel, das durch seine herrlich überspitzten Seitenhiebe auf hinter Romantik getarnte Missbrauchsverhältnisse und Konsumverhalten sowie explizite Gewaltspitzen noch an Biss gewinnt.