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IT-Support: Haben Sie versucht, einfach mal neu zu starten?

Anruf eines aufgelösten Herrn: "Mein Bildschirm funktioniert nicht!"

Die Steckerverbindung sei in Ordnung, die Grafikeinstellungen stimmten.

"Sind Sie sicher, dass der Monitor eingeschaltet ist?

"Ja."

"Schalten Sie den mal aus, bitte."

"Oh ..."

Christopher Hahn, 33, SAP-Berater bei der Würth-Gruppe

"Passwort vergessen", so steht das oft unter den Eingabemasken, mit ein paar Klicks lässt sich dann ein neues anlegen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagen aber meist: Mein Passwort geht nicht mehr. Der Unterschied ist ihnen wichtig.

Seien wir realistisch: Solange nicht das englische Tastaturlayout oder Großbuchstaben aktiviert wurden, haben sie in 99,9 Prozent der Fälle das Passwort vergessen. Nur will das niemand zugeben.

Ich sage: Du wirst dich einfach drei-, viermal vertippt haben.

Antwort: Kann nicht sein.

Ich bin dann nicht in der Position, zu sagen: Du warst wohl zu blöd.

Einmal hat ein Vorgesetzter sein Passwort mehrfach falsch eingegeben und so seinen PC gesperrt. Er behauptete aber steif und fest, es liege am . Ich habe mir die Logfiles seines PCs angeschaut, da war ganz klar zu sehen: Das Passwort wurde falsch eingetippt. Je höher ein User in der Hierarchie steht, desto schwieriger wird es, selbst bestens dokumentierte Wahrheiten auszusprechen.

"Ich fühle mich nicht als Retter." Sebastian Schwarz, 40, Systemadministrator

Sebastian Schwarz, 40, Systemadministrator bei der Otto Group

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Als ITler fühle ich mich nicht als Retter. Oder als ITler in Weiß, als King of Kotelett. Auch wenn wir wirklich viel darüber wissen, wie die Kollegen so ihre Tage am Computer zubringen. Manchmal fordern Geschäftsführer Auskunft, was die Mitarbeiter für Programme installiert haben. Und wenn ein Firmenrechner voll mit Spielen ist, mit Shootern wie Counter-Strike, gibt es halt ein nettes Gespräch mit dem Chef. Mein Job ist, das System am Laufen zu halten, nicht Leuten aus der Klemme zu helfen, die Firmeneigentum für private Zwecke nutzen.

Konstantin Gall, 45, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters it-Living

Ich habe in einem Callcenter Kundinnen und Kunden dabei geholfen, ihre Computer mit dem Internet zu verbinden. Mein erster Tipp war, alle Fenster zu schließen - damit es auf dem Desktop übersichtlich wird. Einmal hatte ich eine ältere Dame in der Leitung. Es wurde still. Nach einigen Minuten war sie zurück und fragte, ob sie die Fenster im ganzen Haus schließen müsse oder ob die im Zimmer genügten.

Ehemaliger Mitarbeiter eines IT-Supports bei den Stadtwerken einer Großstadt

Der Trojaner ist über eine Mail ins Firmennetz gekommen. Die Nachricht sah seriös aus: eine Absenderadresse mit Vor- und Nachname, korrektes Deutsch. Es wurde eine notwendige Prüfung der IT-Sicherheit vorgegaukelt. Der Sohn vom Geschäftsführer hat auf den Link geklickt.

Es ist nie eine gute Idee, wenn der Sohn vom Chef den IT-Administrator macht - ohne Qualifikation, nur um Kosten zu sparen. Der Trojaner verschlüsselte alle Firmendaten, die Hacker verlangten Lösegeld.

Unser Kunde war ein Mittelständler, der Baumaschinen verkauft, Bagger zum Beispiel. Die kosten zwischen 800.000 und zwei Millionen Euro. Und jetzt ging gar nichts mehr: kein Zugriff auf Lieferlisten, Bestellungen, Mails, die Telefonanlage. Der absolute Worst Case. Einige von seinen Kunden kamen sogar persönlich vorbei: Wir konnten euch nicht erreichen, was ist bei euch los?

Also hat der Chef uns engagiert. Sechs Leute, Tagessätze zwischen 800 und 1.500 Euro - dazu Wochenend- und Nachtzuschläge. Wir haben zwei Wochen durchgearbeitet. Sie können sich vorstellen, wie hoch die Kosten waren. Aber dass es so teuer wird, liegt daran, dass vorher nichts investiert wurde. Cyber-Security, wir? So ist der Mittelstand, die sehen die IT vor allem als Kostenfaktor.

Zwischendurch wurde richtig gebrüllt. Es war ein flaches Gebäude, daneben die Werkzeughalle. Der Chef war mit den Nerven am Ende und ist ausgerastet. Habt ihr hier gar nichts im Griff? Der stand die ganze Zeit neben uns, völlig unter Strom, und hatte Angst um seine Existenz.

Am Ende der zwei Wochen war die Firma wieder arbeitsfähig, wir haben die komplette IT neu installiert. Der Chef hat nun eine solche Angst, dass man selbst in den Druckerraum nur noch mit Sicherheitschip kommt.

Peter Gräf, 33, Geschäftsführer der GRAEF Gruppe

"Mein Mauszeiger bewegt sich nicht."

"Haben Sie eine drahtlose oder eine kabelgebundene Maus?"

"Woran erkenne ich das?"

"Führt ein Kabel von der Maus zum PC?"

"Wie kann ich das nachvollziehen?"

"Können Sie Ihre Maus wegwerfen ohne Probleme?"

"Sie nehmen mich jetzt aber auf den Arm!"

"Beantworten Sie die Frage!"

"Ja, kann ich."

"Na also, geht doch. Leuchtet unterhalb der Maus ein Licht?"

"Nein."

"Dann wechseln Sie bitte die Batterien."

...

"Sie geht wieder."

"Bitte schön."

D. Bachmann, 37, Support-Mitarbeiter bei einem IT-Dienstleister

Vor ein paar Jahren gab es ein Virus, das man sich beim Streamen von Videos eingefangen hat. Und was wird am häufigsten gestreamt im Internet? Pornos. Einige Kunden sind damit ganz entspannt umgegangen. Die kamen mit ihrem verseuchten PC in unseren Laden und haben uns Porno-Seiten empfohlen: Kennt ihr diese Plattform, die ist richtig gut ... Ein älterer Kunde sagte: Ich brauche meinen PC schnell wieder, damit ich mir die "Models" angucken kann. Andere taten unschuldig: Nein, mein Sohn schaut sich so was nicht an. Eine Kundin wollte explizit, dass wir nachschauen, auf welcher Seite zuletzt gesurft wurde. Die Seite hieß "Schwuler Amor" oder so. Die hatte sich wohl ihr Mann angeguckt. Wir haben ihr gesagt, dass wir nicht nachvollziehen konnten, wo die Viren her sind. Das ist die Privatsache des Mannes. Wir wollten da nichts durcheinanderbringen.

"Ich bin einer der Ersten, die wissen, wenn einer gehen muss." Markus Präg, 43, Geschäftsführer

Markus Präg, 43, Geschäftsführer vom Systemhaus Neresheim

Als Leiter der IT werde ich sehr früh in kritische Prozesse der Firma eingebunden. Beispielsweise bin ich einer der Ersten, die wissen, wer demnächst gehen muss. Während der Manager dem Mitarbeiter mitteilt, dass er ab jetzt freigestellt ist, muss ich alle Zugänge sperren. Nach dem Termin muss die Person das Gebäude unverzüglich verlassen. Sie wird oft sogar bis zum Ausgang begleitet. In der Technologiebranche ist das üblich. Ich bekomme meist schon ein paar Wochen vorher Bescheid. Das führt zu unangenehmen und absurden Momenten.

Wir sind am Standort etwa hundert Mitarbeiter, das heißt, dass ich die Betroffenen oft noch an der Kaffeemaschine treffe, sie erzählen mir von ihren aktuellen Projekten, vom Urlaub, normaler Büro-Small-Talk. Ich versuche solche Begegnungen zu vermeiden, verzichte lieber auf meinen Kaffee und biege zur Toilette ab.

Einmal hat ein Kollege noch einen neuen Computer bei mir bestellt, aber ich wusste, dass er ihn nie bekommen wird. Ich habe eine halbe Stunde lang seine Wünsche aufgeschrieben und ihn bei der Hardware beraten. Das Post-it, auf dem ich alles notiert hatte, habe ich nachher in den Mülleimer geschmissen.

Leiter der IT-Abteilung einer Biotech-Firma

Ich arbeite im First-Level-Support. Alle Anfragen kommen erst mal in meiner Abteilung an. Gar nicht selten fühle ich mich wie ein Babysitter. Und es gibt immer wieder Momente, in denen ich daran zweifle, dass die Leute ihr Gehirn benutzen.

Einmal rief ein aufgeregter Mitarbeiter an: Sein Computer habe sich selbstständig gemacht, auf seinem Bildschirm würden seltsame Schriftzeichen auftauchen. Erst fragte er, ob wir uns auf seinen PC geschaltet haben. Typisch. Wir werden oft als Erstes verdächtigt, wenn etwas nicht funktioniert. Dann war der Mann sicher, dass ein Hacker am Werk war. Doch als mein Kollege in sein Büro kam, stellte sich heraus, dass es kein russischer Hackerangriff war, sondern der Teller seiner Brotzeit noch halb auf der Tastatur stand.

Wir ITler haben einen Begriff für solche Leute: DAU. Dümmster anzunehmender User.

Ein Mitarbeiter im IT-Support einer internationalen Firma

Eine Mitarbeiterin meldete sich aus dem Firmen-Parkhaus. Sie klang gestresst, redete schnell und holte mehrmals Luft. Erst hat sie ein bisschen drumherum gefragt: was sie denn machen könne, wenn ihr Laptop kaputt sei. Kommt drauf an, sagte ich. Ihre Antwort: "Ich bin mit dem Auto drübergefahren."

Vor dem Einsteigen hatte sie ihre Sachen sortiert und den Laptop dabei auf dem Autodach abgestellt. Dann ist sie losgefahren, hat sich nach ein paar Metern an den Laptop erinnert und hektisch den Rückwärtsgang eingelegt. Bloß war der Laptop da schon runtergerutscht, und sie ist beim Zurücksetzen drübergerollt. Ihr war das höchst peinlich.

Das Ding war nicht gesplittert, sondern einfach durchgebogen. Stabiles Metallgehäuse. Benutzen konnte man den Laptop trotzdem nicht mehr. Aber ich konnte sie beruhigen: All unsere Geräte sind versichert - auch für so einen Fall.

Mitarbeiter im IT-Support eines großen Industrieunternehmens

Sie meinen, ob wir eine interne Rangliste führen über diejenigen, die andauernd anrufen, weil sie alles kaputtkriegen? (lacht) Nein!

Natürlich kommt es vor, dass ich bei einigen ausführliche Hilfestellung geben und eine halbe Stunde erklären muss, was vielleicht bei anderen sonst nur eine Minute dauert. Da helfe ich aber gern. IT ist für manche wie die Steuererklärung: Ich muss da durch, verstehen tu ich aber nicht viel.

"Er hat die Maus falsch herum gehalten." Joerg Weichert, 53, IT-Mitarbeiter der Hamburger Sparkasse

Joerg Weichert, 53, IT-Mitarbeiter der Hamburger Sparkasse

Ein Professor hat die IT alarmiert, weil sein Mauszeiger sich andauernd in die falsche Richtung bewegte. Er hat die Maus falsch herum gehalten.

Eine IT-Mitarbeiterin an einer Universität

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