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Gesichtspflege: Wie es wirklich ist

Meine eigenen Pickel drücke ich selbst aus, leider habe ich viele. Ohne sie wäre meine Haut schöner, aber immerhin macht das Ausdrücken Spaß. Ich finde es nicht eklig, sondern ziemlich geil. Für mich ist es ein Erfolgsgefühl, wenn der Eiter rausgeht und der Pickel dann weg ist. Ich kann gar nicht erklären, warum es so befriedigend ist, aber mir hat es schon immer gefallen.


Auch meinem Ex-Freund habe ich die Pickel ausgedrückt. Aber ich musste ihn erst überreden. Damit ich randurfte, habe ich den Müll rausgebracht, war einkaufen, oder ich habe Staub gesaugt. Mittlerweile bin ich Kosmetikerin, habe mein eigenes Studio und bestimmt schon 200 Menschen Hautunreinheiten aller Art ausgequetscht: Mitesser, die meistens eine schwarze Spitze haben, oder eitrige Beulen, bei denen schon der gelbe Talg durch die Haut schimmert. Die lassen sich leicht ausleeren. Schwieriger wird es mit den tiefen, die wie kleine Knoten unter der Haut sitzen und sogar wehtun. Ich steche sie mit einer Nadel auf, lasse die stinkende Flüssigkeit ab.


Den Geruch des Pickelinhalts finde ich unangenehm. Das riecht wie der Talg in Ohrlöchern, in denen man lange keine Ohrringe getragen hat. Wenn ich bei mir selbst rumquetsche, dann spritzt der Eiter an den Spiegel. Das ist befreiend! Als Kosmetikerin bin ich noch nicht so abgeschossen worden. Aber ich hätte auch kein so großes Problem damit. Ich könnte den Eiter einfach wegwischen, und weiter geht's.


Professionell Pickel auszudrücken, Geld damit zu verdienen, macht mich glücklich. Nach dem Abitur habe ich zunächst studiert, zwei Semester habe ich gebraucht, um festzustellen, dass ich zwar gute Noten hatte, aber keinen Spaß. Deswegen habe ich erst ein Praktikum in einem Kosmetikstudio gemacht, dann eine Ausbildung und schließlich den Laden von meiner Mutter übernommen. Ich biete auch Pediküre, Maniküre, Waxing und Hair-and-Make-up an. Alles, was Menschen schöner macht, gefällt mir. Beim Bikini-Waxing sehe ich sofort einen Erfolg. Erst sind die Haare da, dann weg. Bei der Hautreinigung dauert es, denn nach der Behandlung sehen die Menschen ein bisschen zerkratzt, angeschwollen und gerötet aus.

Besonders spannend finde ich eingewachsene Haare. Die Pore ist verstopft, das sieht man schon in der Mitte der Eiterspitze. Für mich ist es wie ein kleines Geschenk, wenn die Haarwurzel mit dem Talg rauskommt. Das längste derartige Haar war etwa zweieinhalb Zentimeter lang.


Auf YouTube gibt es Videos von Mitessern, aus denen minutenlang Eiterfäden rausgedrückt werden. Und von besonders krassen Eiterbeuteln. Da ekelt es mich zwar schon, aber noch mehr bin ich fasziniert, dass es so etwas überhaupt gibt!

Es ist vielleicht wie bei einem Autounfall: schrecklich, aber wegschauen gelingt mir nicht.

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