Stefanie Sommer

Journalismus-Studentin | FAZ, Mainz

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Antisemitische Bilder im Namen der Berlinale?

Auf dem Instagram-Account der Berlinale-Sektion „Panorama“ waren am Sonntag kurzzeitig Bilder mit antisemitischen Statements zu sehen. Das Festival erstattet nun Strafanzeige gegen unbekannt und distanziert sich.


Inmitten der Debatte um die Äußerungen bei der Preisverleihung der Berlinale soll ein angeblich der Leitung des Festivals Unbekannter israelfeindliche Posts auf dem Instagram-Profil „Berlinale.Panorama", einem der offiziellen Accounts des Filmfests, veröffentlicht haben. Die Beiträge, versehen mit dem Berlinale-Logo, wurden von dem Journalisten Frederik Schindler abfotografiert und auf der Plattform X (vormals Twitter) verbreitet. Kurz darauf wurden sie wieder von der Instagram-Seite der Berlinale gelöscht. Zuerst hatten „Bild" und „BZ Berlin" berichtet.


Eins der Bilder zeigte demnach mutmaßlich palästinensische Kinder. Darunter war zu lesen: „Ceasefire now - Stop the genocide in Gaza" (deutsch: „Waffenruhe jetzt - Stoppt den Genozid in Gaza"). Ein zweites war mit der Aufschrift „Gaza, mon amour" (deutsch: „Gaza, meine Liebe") versehen. Darunter stand: „End the German funded state terror" (deutsch: „Beendet den von Deutschland finanzierten Staatsterror").


Auf dem dritten Post war ein Mann auf einem Pferd zu sehen. Darunter stand: „Free Palestine - From the river to the sea" (deutsch: „Befreit Palästina - vom Fluss bis zum Meer"). Bei Letzterem handelt es sich um einen mittlerweile in Deutschland verbotenen Slogan. Er bezieht sich geographisch auf das Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer. Hier liegen der Staat Israel, das Westjordanland und der Gazastreifen.


Die politische Parole „From the river to the sea" galt lange als Schlachtruf auf propalästinensischen Demonstrationen, auch von der Terrororganisation Hamas wird sie verwendet. Die deutsche Staatsanwaltschaft ordnet die Parole mittlerweile als strafbar ein. Es bestehe ein Anfangsverdacht auf Volksverhetzung, weil das Existenzrecht Israels dadurch infrage gestellt werde. Die Worte fordern demnach einen Palästinenserstaat auf dem Gebiet des heutigen Israels.


Das Filmfest veröffentlichte auf dem betroffenen Account und dem Hauptaccount der Berlinale am Sonntagabend eine Stellungnahme zu dem Vorfall. Demnach stammten die Beiträge nicht vom Festival selbst und repräsentierten „nicht die Haltung der Berlinale". Man habe die Posts „sofort gelöscht" und „eine Untersuchung angestoßen, wie es zu diesem Vorfall kommen konnte". Zudem werde man Strafanzeige gegen unbekannt stellen.

Die Posts wurden inmitten der schon bestehenden Kritik um die Berlinale-Preisverleihung am Samstagabend veröffentlicht. Vor allem der Auftritt des Filmemachers Ben Russell, Ko-Regisseur von „Direct Action", steht in der Kritik. Dieser ging bei der Veranstaltung mit einem Palästinensertuch auf die Bühne und äußerte Genozid-Vorwürfe wegen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen. Der Terror der Hamas fand keine Erwähnung. Das Publikum applaudierte Russell. Basel Adra, Palästinenser und Ko-Regisseur von „No Other Land", forderte in seiner Dankesrede, keine Waffen mehr an Israel zu liefern. Zuvor hatte sein Film den Dokumentarfilmpreis gewonnen.


„Das, was gestern auf der Berlinale vorgefallen ist, war eine untragbare Relativierung", schrieb Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zu dem Vorfall auf X. „In Berlin hat Antisemitismus keinen Platz, und das gilt auch für die Kunstszene", stellte er klar. „Ich erwarte von der neuen Leitung der Berlinale, sicherzustellen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen", forderte Wegner weiter.


„Nach den Ereignissen von Samstag müssen wir hinterfragen, ob das so bleiben kann, wie wir damit in Zukunft umgehen", sagte die FDP-Obfrau im Bundestags-Kulturausschuss, Anikó Glogowski-Merten, dem Portal „The Pioneer". CSU-Generalsekretär Martin Huber sprach auf X von einer „Schande". Er kritisierte auch Kultur-Staatsministerin Claudia Roth (Grüne), weil diese nicht eingegriffen habe.


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