Stefanie Sommer

Journalismus-Studentin | FAZ, Mainz

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Erfindungen von Frauen: Ohne diese 17 Pionierinnen wäre unsere Welt eine andere [1]

Isaac Newton, Carl Benz, Johannes Gutenberg, Robert Oppenheimer - die Namen dieser Erfinder lernt man bereits in der Schule. Aber kennen Sie auch Ada Lovelace, Mary Anderson, Josephine Cochrane oder Käthe Paulus? Ein wichtiger Ausflug in die Geschichte.

Erfindungen von Frauen: Ohne die Entdeckungen dieser 17 Pionierinnen sähe unser Alltag heute anders aus

Diesen Sommer beschäftigte sich die Welt mit einem historischen Erfinder. Pünktlich zum Kinostart von "Oppenheimer" wurde die Geschichte des Vaters der Atombombe überall noch einmal haarklein ausgerollt. Nicht selten wurde er als einer der bedeutendsten Pioniere der Geschichte betitelt, darunter auch von Blockbuster-Regisseur Christopher Nolan selbst. Sein Name steht bei Google in einer Reihe mit anderen berühmten Erfindern: Galilei, Newton, Franklin, Edison, da Vinci. Frauen? Fehlanzeige.

Erfindungen von Frauen bekamen zu ihren Lebzeiten oft wenig Anerkennung oder wurden von männlichen Kollegen in den Hintergrund gedrängt. Marie Curie (erhielt für ihre Entdeckung der Radioaktivität 1903 den Physik-Nobelpreis) ist den meisten wohl noch ein Begriff, Jane Goodall vielleicht auch, eventuell noch Lise Meitner. Dann wird es dünn - zu Unrecht.

Diese Frauen waren Forscherinnen, Schauspielerinnen, Krankenschwestern, Abenteurerinnen und Hausfrauen, reich und arm, jünger und älter - und doch geeint in einer Sache: dem Bestreben, den Status Quo zu verändern und zu verbessern. Und darin, dass fast keine von ihnen zu Lebzeiten das Ansehen für ihre Visionen bekam, das sie verdienten. Werfen wir einen Blick auf die Pionierinnen, ohne deren bahnbrechende Innovationen wir uns das Leben heute gar nicht mehr vorstellen können - und deren Erfindungen nicht Millionen Menschen das Leben kosteten.

Female Pioneers: Diese 17 Erfindungen von Frauen sollten Sie kennen

Ada Lovelace: Erstes Computerprogramm (1843)

Es war einmal, 100 Jahre vor der Erfindung des ersten Computers, da lebte im London des frühen Viktorianischen Zeitalters eine junge Frau, die die Mathematik liebte. Ada Lovelace hieß sie, sie war die Tochter des berühmten Dichters Lord Byron. Aufgrund ihres Geschlechts blieb ihr der Zugang zu Universitäten und Bibliotheken verwehrt. So trat ihr Ehemann ihr zuliebe der Gelehrtengesellschaft Royal Society bei und kopierte für sie wissenschaftliche Artikel. Eines Tages, man schrieb das Jahr 1835, begab es sich, dass Lovelace eine nie fertig gestellte Beschreibung einer mechanischen Rechenmaschine ihres Lehrers Charles Babbage entdeckte. Sie übersetzte den Text ins Englische, fügte eigene Ergänzungen bei und schrieb sogar ein konkretes Programm zur Berechnung der Bernoulli-Zahlen (eine Abfolge rationaler Zahlen, die in verschiedenen mathematischen Zusammenhängen auftreten können). Der erste Algorithmus der Welt. Doch war die Zeit noch nicht reif für ihre Ideen, ihre Vision einer Maschine, die mehr als nur Zahlen verarbeiten konnte, wurde diskreditiert. Heutzutage gilt Lovelace als erste Programmiererin der Welt - ohne deren Arbeit die Erfindung des ersten Computers deutlich anders vonstatten gegangen wäre.

Josephine Cochrane: Spülmaschine (1886)

Illinois, um 1880. Josephine Coltrane veranstaltet mal wieder eine ihrer rauschenden Soirées. Die Stimmung ist ausgelassen, das Buffet fast leer, die Drinks fließen in Strömen. Am Morgen danach wird Cochrane von einem Scheppern aus der Küche geweckt. Das Personal hat beim Saubermachen des dreckigen Geschirrs einen Stapel Teller fallen lassen. Schon wieder! Und ausgerechnet das gute Porzellanservice! Wutschnaubend scheucht Cochrane die Angestellten aus dem Raum und setzt sich an den Schreibtisch... So (oder so ähnlich) hat es sich wohl zugetragen. Da Cochrane wenig Lust verspürte, dauernd selbst abzuwaschen, schließlich war sie auch eine wohlhabende Frau von Stand, ersann sie etwas Anderes. Eine Maschine bestehend aus einem drehbaren Drahtgestell in einem Kübel, dem per Kurbel Wasser und Seife zugeführt werden konnten, sollte die Arbeit erleichtern - und ihr kostbares Geschirr schonen. Die Geburtsstunde der ersten funktionierenden Spülmaschine, die sich Cochrane 1886 patentieren ließ.

Mit ihrer Innovation erleichterte sie fortan die Hausarbeit - ein wichtiger Schritt auch in Sachen Emanzipation.

Bertha Benz: Erste Autofahrt der Welt (1888)

Die Strecke Mannheim - Pforzheim (etwa 88 Kilometer) dauert über die A5 laut Google Maps eine Stunde und neun Minuten. Mit dem ersten Automobil der Welt dauerte die Strecke geschlagene 13 Stunden. 1888 nahm diese Reise-Tortur nicht etwa der Erfinder von Autos selbst, Carl Benz, auf sich, nein, es war seine Frau Bertha Benz, die damit das Zeitalter des Automobils einläutete. Schon drei Jahre zuvor hatte Carl Benz das erste praxistaugliche Auto entwickelt - an dessen Erfindung Bertha unternehmerisch, technisch und finanziell ebenfalls maßgeblich beteiligt war. Bei seiner ersten öffentlichen Probefahrt blieb die erhoffte positive Resonanz jedoch aus. Also stieg seine couragierte Frau am 5. August 1888 selbst in den "Benz Patent-Motorwagen No. 3" (stieg ist hier wörtlich zu verstehen, das erste Automobil ähnelte noch sehr dem Modell einer Kutsche, nur ohne Pferde, die waren ja jetzt im Motor). Um der Welt zu beweisen, was der Wagen leisten konnte.

An jenem Augustmorgen vor 135 Jahren fuhr Bertha Benz schon im Morgengrauen los, mit von der Partie waren ihre beiden Söhne, ihrem Mann hatte sie lieber nichts von ihrem Vorhaben verraten. Mit drei PS tuckerte sie von Mannheim in ihre Heimatstadt Pforzheim. Einen Führerschein besaß sie nicht (überhaupt gab es erst eine einzige offizielle Fahrerlaubnis und die war auf ihren Mann ausgestellt). In den 13 Stunden Fahrt wurde eine Apotheke in Wiesloch, wo Bertha Benz Ligroin als Kraftstoff kaufte, zur ersten Tankstelle der Welt. Und ein Dorfschmied, der eine kaputte Kette flickte, zur ersten Autowerkstatt der Welt. Die technikaffine Bertha Benz wusste sich aber auch selbst gut zu helfen; reinigte eine verstopfte Benzinleitung mit ihrer Hutnadel und reparierte die Zündung mit ihrem Strumpfband.

Direkt erfunden hat Bertha Benz nichts, doch ohne sie wäre die Geschichte der Mobilität anders verlaufen. Ihre erfolgreiche Fernfahrt ermutigte Carl Benz, wieder an seine Vision zu glauben. Der Benz-Motorwagen kam in die Serienproduktion und der bis heute bestehende Konzern wurde zu einem der größten Autohersteller der Welt. Dass Benz ohne seine Frau verloren gewesen wäre, hielt er auch später in seinen Memoiren fest. Sollte Ihnen demnächst also noch mal ein schlechter "Frauen am Steuer"-Spruch unterkommen, erzählen Sie doch einfach diese Geschichte.

Mary Anderson: Scheibenwischer (1903)

New York City, Winter 1902. Mary Anderson aus Alabama ist zu Besuch in der großen Stadt. Es ist kalt, der Schnee fällt unaufhörlich. Auf der Straße fällt ihr auf, dass Autofahrer immer wieder aussteigen und die Flocken von der Scheibe wischen müssen - und damit den Verkehr aufhalten. Anderson konstruiert einen Gummiwischer, den man an der Windschutzscheibe befestigen und mit einem Hebel bedienen konnte. Möglicherweise führte auch Andersons Beobachtung einer New Yorker Straßenbahn, die aufgrund des Eisregens mit geöffneter Windschutzscheibe fuhr, zu ihrer Idee, da ist sich die Geschichte nicht ganz einig. Was feststeht, ist, dass Anderson sich ihre Erfindung 1903 patentieren ließ, die Automobilindustrie jedoch wenig Interesse daran zeigte. Später wurde Andersons Scheibenwischer zur Serienausstattung neuer Autos - leider erst nach Ablauf ihres Patentrechtes.

Elizabeth Magie: "Monopoly" (1904)

"Gehen Sie ins Gefängnis. Begeben Sie sich direkt dorthin. Gehen Sie nicht über Los. Ziehen Sie nicht DM 4000 ein" - mit dem Ärgern über diese Karte sind Generationen von Brettspieler:innen aufgewachsen (die jüngeren eher mit der Euro-Version). Und auch dieses Produkt wurde von einer Frau erfunden: Elizabeth Magie Phillips aus Virginia wollte mit ihrem Spiel "The Landlord's Game" den Kapitalismus und die Macht von Grundbesitzenden kritisieren, konnte ihr Patent aber nicht erfolgreich auf den Markt bringen. 30 Jahre später stahl der amerikanische Spieleautor Charles Darrow ihr Konzept (angeblich schrieb er sogar Rechtschreibfehler im Regelwerk mit ab) und verkaufte es als eigene Erfindung an einen großen Spielzeughersteller. Als der Ideenklau publik wurde, erwarb die Firma für 500 Dollar die Rechte von Magie Phillips und veröffentlichte das Spiel neu als "Monopoly". Als Erfinder wurde trotzdem lange Zeit Darrow genannt.

Melitta Bentz: Kaffeefilter aus Papier (1908)

Haben Sie gerade einen Kaffee vor sich stehen? Ja? Stellen Sie sich mal vor, Sie müssten beim Genießen darauf achten, nicht die sich unten in der Tasse befindlichen, ekligen Kaffeesatz-Reste mitzutrinken. Nun, dank Melitta Bentz müssen Sie sich da schon seit 1908 keine Gedanken mehr drum machen. Auf der Suche danach, womit sich so eine bitter-bröselige Brühe vermeiden ließ, fing sie an, mit dem Löschpapier aus den Schulheften ihrer Kinder zu experimentieren. Heraus kam der erste Einmal-Kaffeefilter, den sie sich patentieren ließ, und im Anschluss ihr eigenes Kaffee-Unternehmen gründete (ja genau, das Melitta).

Käthe Paulus: Paketfallschirm (1915)

Ende des 18. Jahrhunderts bekamen Vögel in der Luft auf einmal Gesellschaft: Die ersten Heißluftballone schwebten über das Land. Einigen besonders wagemutigen Zeitgenossen war der Nervenkitzel jedoch noch nicht genug, und so entstand schnell der Trend des Fallschirmspringens. Auch eine junge Frau aus Frankfurt, Katharina, genannt "Käthchen", Paulus, träumte vom Abenteuer. Ihre überbesorgte Mutter erlaubte ihr jedoch noch nicht mal das Schlittschuhlaufen. Erst als Käthe 1889 in Wiesbaden den Ballonfahrer Hermann Lattemann kennenlernte, brachte er ihr das Luftfahren bei, und Paulus wurde die erste deutsche Fallschirmspringerin. Gemeinsam segelte das Paar mehr als 100 Mal aus 1000 Meter Höhe zu Boden - bis eines Tages Lattemann bei einem Sprung durch eine Fehlfunktion seines Fallschirms tödlich verunglückte. Paulus musste hilflos zusehen. Von da an erklärte sie es zu ihrem Anliegen, Fallschirme sicherer zu machen. Aus den bisherigen schweren, sperrigen Wickelschirmen entwickelte sie mittels einer besonderen Falttechnik leichtere Paketfallschirme. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, produzierte Paulus rund 7000 ihrer Schirme für das deutsche Kriegsministerium - und rettete so etlichen Soldaten das Leben.

Alice H. Parker: Gasheizung (1919)

New Jersey, Winter 1918. Es ist eine bitterkalte Dezembernacht. Alice H. Parker wälzt sich im Bett von einer Seite auf die andere. Vor dem Zubettgehen hatte sie im Schneegestöber draußen aus dem kleinen Schuppen noch extra neues Brennholz für den Kamin geholt. Doch die schwache Wärme, die die Flammen verbreiten, dringt nicht zu ihr. Am nächsten Morgen setzt sich die junge Frau, eine der wenigen Afroamerikaner:innen, die zu der Zeit studieren duften, an ihren Schreibtisch und skizziert ein neues Heizungssystem. Statt Häuser mit mühsam herangeschlepptem Holz oder Kohlen zu wärmen, denkt sich Parker einen regulierbaren, erdgasbetriebenen Mechanismus aus, der die warme Luft über Lüftungskanäle im gesamten Haus verteilte. Ein weiterer Vorteil: Das Brandrisiko wurde erheblich gemindert. Am 23. Dezember 1919 ließ sie sich ihre Erfindung patentieren. Voilà, die Gasheizung inklusive Thermostat war da!

Lise Meitner: Kernspaltung (1938)

Berlin, 13. Juli 1938: Wie jeden Morgen geht Lise Meitner in ihr Labor am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Berlin-Dahlem. Doch heute kann sie sich nur schwer auf ihre Arbeit konzentrieren. Um acht Uhr geht sie nach Hause und packt ihre Sachen. Wenig später macht sie sich mit zwei Handgepäckskoffern und ohne gültigen Reisepass nervös auf den Weg zum Bahnhof. Dort steigt sie mit einem Freund in den Zug, der sie außer Landes bringen soll. Die Gefahr, von den Nationalsozialisten entdeckt zu werden, schwebt ständig über der Jüdin. Doch sie gelangt unbehelligt über die Niederlande und Dänemark nach Schweden. Zu dem Zeitpunkt ist sie fast 60 Jahre alt.

Zeitlebens musste die gebürtige Österreicherin auf ihrem Weg zur gefeierten Forscherin hart kämpfen. 1878 in Wien geboren, war Meitner erst die zweite Frau, die dort promovierte. Als sie dann nach Berlin zum Institut von Max Planck kam, durfte sie erst nur inoffiziell an den Vorlesungen teilnehmen und konnte ihr Labor nur heimlich durch die Hintertür betreten (Studentinnen wurden in Preußen erst 1909 zugelassen). Doch sie setzte sich gegen alle Widerstände durch und freundete sich mit dem Chemiker Otto Hahn an, mit dem sie fast dreißig Jahre auf dem Gebiet der Radioaktivität forschte.

Bis Meitner an jenem Julitag 1938 fliehen musste. Doch ihr neues "Labor" am Nobel-Institut in Stockholm entpuppte sich als Rumpelkammer, in der selbst die nötigsten Instrumente fehlten. Ihre hart erkämpfte Reputation bedeutete hier nichts. Zuhause in Berlin forschte Otto Hahn dagegen alleine weiter, blieb jedoch im engen Briefkontakt mit ihr. Eines Tages machten er und sein Partner bei einem Experiment eine merkwürdige Beobachtung, die sie sich nicht erklären konnten. "Es ist nämlich etwas bei den 'Radiumisotopen', was so merkwürdig ist, daß wir es vorerst nur Dir sagen", schrieb Hahn Meitner am 19. Dezember 1938. "Vielleicht kannst Du irgendeine phantastische Erklärung vorschlagen." Und Meitner schlug "eine phantastische Erklärung" vor: Zusammen mit ihrem Neffen Otto Frisch entdeckte und erläuterte sie als erste das Prinzip der Kernspaltung. Der Nobelpreis ging trotzdem nur an Otto Hahn - eine in der Geschichte des Preises sehr umstrittene Entscheidung. Und auch in den nächsten Jahren sollte Meitner diese höchste Auszeichnung der Wissenschaft verwehrt bleiben - trotz insgesamt 48 Nominierungen.

Hedy Lamarr: Drahtlostechnologie/Frequenzsprungverfahren (1942)

Könnten Sie sich heute noch eine Welt ohne WLAN vorstellen? Ohne Bluetooth? GPS? Nein, oder? Wo kämen wir denn da auch hin (zumindest nicht ans Ziel, so ohne GPS). Zu verdanken haben wir diese Technologien einem echten Hollywood-Star. Zu Lebzeiten war die amerikanisch-österreichische Schauspielerin Hedy Lamarr ("Samson und Delilah", "Algiers", "The Heavenly Body") eher für ihre Filme bekannt. Von ihrer Produktionsfirma MGM als "schönste Frau der Welt" vermarktet, begann Lamarr jedoch irgendwann, sich im ewig gleichen Glitz und Glamour von Old Hollywood zu langweilen.

Dann brach der Zweite Weltkrieg aus. Die junge Frau, Tochter eines jüdischen Ehepaares, beschloss, die USA im Kampf gegen die Nationalsozialisten zu unterstützen. Zusammen mit einem Freund, dem Komponisten George Antheil, entwickelte sie Anfang der Vierziger ein Frequenzsprungverfahren, das es im Zweiten Weltkrieg ermöglichte, Torpedos störungssicher über Funk fernzusteuern. 1942 erhielt sie das Patent dafür, das System kam im Krieg jedoch nie zum Einsatz. Stattdessen dient es heute als Grundlage für unter anderem jenes WLAN, mit dessen Hilfe dieser Artikel recherchiert wurde.

Mária Telkes: Solarheizung (1948)

Anfang des 20. Jahrhunderts waren Diskussionen oder gar Bemühungen um den Klimaschutz noch in weiter Ferne. Und trotzdem begeisterte sich Mária Telkes schon als Schülerin in Ungarn für die Welt der Solarenergie. Nach ihrem Umzug in die Vereinigten Staaten setzte sie 1937 ihre Biophysik-Karriere am renommierte MIT fort. Der von ihr erfundene Solar-Destillierer, ein mit Sonnenlicht betriebener Wasserentsalzer, rettete im Zweiten Weltkrieg vielen Marine-Soldaten das Leben, die damit Meerwasser in Trinkwasser verwandeln konnten. Basierend auf dieser Idee baute Telkes 1948 mit der Architektin Eleanor Raymond das erste mit Solarenergie beheizte Haus. Über das gesamte Jahr hinweg konnte hier Wärme gespeichert werden, keine weitere Stromerzeugung war für das Heizen notwendig. Eine Erfindung, für die jede:r nach einem kurzen Blick auf die momentane Strom- oder Gas-Rechnung sicher dankbar wäre.

Rosalind Franklin: DNA-Doppelhelix (1952)

Rosalind Franklin wusste bereits mit 15 Jahren, dass sie Wissenschaftlerin werden wollte. Ihr Vater war dagegen - schließlich war diese Karrierelaufbahn im England der 1930er Jahre für Frauen alles andere als üblich. Doch Franklin war entschlossen und ging nach Cambridge, um dort am Frauencollege Newnham Chemie zu studieren. Nach dem Abschluss machte sie sich auf die Jagd nach der Entschlüsselung der DNA-Struktur, der sich Anfang der Fünfzigerjahre auch andere Wissenschaftlerkollegen widmeten. Mithilfe von Röntgengeräten und einer Mikrokamera fotografierten sie und der Absolvent Raymond Gosling DNA-Proben. Im Mai 1952 gelang ihnen das entscheidende Bild, nummeriert mit der #51: Das erste Foto der DNA-Helixstruktur. (Bio-Nachhilfe: Die DNA besteht aus zwei komplementären Nukleinsäure-Strängen, die durch Basenpaare miteinander verbunden sind und sich in einer langen, schraubenförmigen Struktur umeinanderwickeln.) Doch die entsprechende Würdigung für diese Entdeckung sollte Franklin verwehrt bleiben. Die Auszeichnung für die Entschlüsselung des Erbguts heimsten vier Jahre nach ihrem Tod James Watson und Francis Crick ein, deren Arbeit auf Franklins fußte. Ein Laborkollege hatte Foto #51 ohne ihre Erlaubnis an die beiden weitergegeben. Und leider werden Nobelpreise nicht posthum verliehen.

Streng genommen ist dieses Beispiel natürlich keine Erfindung, dafür aber eine (bahnbrechende!) Entdeckung, die unseren Blick darauf, wer wir sind, für immer veränderte.

Grace Hopper: Programmiersprache und Software (1953)

New York, 1913: Noch halb in der Schlummerphase wundert sich das Ehepaar Murray eines Morgens darüber, dass es heute gefühlt mehr Nachtruhe bekommt als sonst. Warum klingelte denn der Wecker nicht? Oder hatte man gar verschlafen? Hatte man. Denn Tochter Grace, sieben Jahre, hatte es auf sich genommen, sämtliche im Haushalt verfügbare Wecker auseinander zu bauen. Um zu gucken, wie sie funktionieren. Zumindest so ähnlich könnte es gewesen sein. Fest steht, dass Grace Hopper sich schon als Kind für Technik interessierte und die Wecker im Haushalt Murray tatsächlich dran glauben mussten.

Der Beginn einer steilen Karriere: 1934 promovierte Hopper in Yale in Mathematik, ein Umstand, der damals nicht nur für Frauen außergewöhnlich war. Bei Kriegsbeginn trat Hopper in die Navy ein und erreichte dort als erst sechste Frau den Rang einer Admiralin. Vor allem aber arbeitete sie mit dem ersten großen Computer in den USA, dem Harvard Mark I-Computer. Doch es ärgerte die Informatikerin, dass ihr nur sehr komplizierte Programmiersprachen zur Verfügung standen, die kein Mensch verstand. Also ersann sie eine eigene, die erste universelle, verständliche Programmiersprache. Daraus entwickelte sich später das heute noch eingesetzte Cobol. Und um noch eine kleine Brücke zu bauen: 1983 erhielt Hopper für ihr Werk den "Ada Lovelace"-Award von der Association of Women in Computing.

Fun Fact: Grace Hopper prägte auch den heute noch verwendeten Begriff eines "Bugs", also einer Fehlfunktion eines Programms. Der erste Bug der Welt war jedoch nicht technischer, sondern ganz natürlicher Art: Eine Motte war ins Innere des Computers geflogen und legte ihn lahm. Und "bug" bedeutet auf Englisch "Käfer" oder "Insekt".

Jane Goodall: Primaten- und Verhaltensforschung (ab 1960)

Tansania, 14. Juli 1960. Jane Goodall setzt das erste Mal ihren Fuß ins Naturreservat Gombe. Zu diesem Zeitpunkt hat sie weder studiert, noch eine wissenschaftliche Ausbildung absolviert (dafür eine britische Sekretärinnenschule). Im Gepäck hat sie an diesem bedeutsamen Donnerstag nur das Nötigste: ein Zelt, Blechteller, eine Tasse ohne Henkel, ein Fernglas. Zudem einen Koch und ihre Mutter. Ihr ganzes Leben lang schon hatte die 26-Jährige davon geträumt, in Afrika Tiere zu beobachten. Und ebendieser Julitag sollte der Anfang einer 50 Jahre andauernden Feldforschung werden, in der sie über die Schimpansen von Gombe ganz erstaunliche Erkenntnisse zu Tage förderte. Auch wenn sie anfangs diese allerdings kaum sah, erst als ein älteres Männchen (sie nannte ihn später "David Greybeard") sich ihr zögerlich näherte, machte sie erste Beobachtungen. Und die waren direkt bahnbrechend: Entgegen der bisher gängigen Lehrmeinung fraßen Schimpansen doch Fleisch, benutzten und fertigten Werkzeuge. Mit jeder ihrer Entdeckungen widerlegte Goodall fortan beharrlich die vermeintlichen Unterschiede zwischen Mensch und Primat hinsichtlich Intelligenz und Kultur - was bei Anthropologen damals zunächst auf herbe Entrüstung stieß.

Wie Rosalind Franklin ist auch Jane Goodall keine Erfinderin im eigentlichen Sinne - und hat doch so viel zu unserem heutigen Wissensstand beigetragen. Als die bedeutendste Primatenforscherin der Welt leistete sie mit ihrer Arbeit im Gombe-Nationalpark Pionierinnenarbeit auf dem Gebiet der Verhaltenswissenschaften.

Marie Van Brittan Brown: Home-Sicherheitssystem (1966)

"Big Brother Is Watching You": Was in Orwells "1984" Teil einer grauseligen Dystopie ist, war ursprünglich einmal die unschuldige Erfindung einer Krankenschwester aus Queens. Da in ihrer New Yorker Wohngegend eine hohe Kriminalitätsrate herrschte und ihr Mann berufsbedingt nachts oft unterwegs war, fühlte sie sich in ihrer Wohnung mitunter nicht sicher. So entwarf sie ein Sicherheitssystem aus Gucklöchern, Schiebekamera, Fernsehmonitoren, Mikrofonen und Alarmknopf. Besucher:innen konnten per Kamera überwacht, die Bilder auf einen Monitor übertragen und die Polizei verständigt werden. 1966 meldete sie Patent an. Das Ehepaar Brown hegte keinerlei kommerzielle Interessen, ihre Erfindung diente jedoch als Inspiration vieler Home-Security-Systeme und der öffentlichen CCTV-Überwachung.

Margaret Hamilton: Bordcomputer für die Apollo 11-Mission (1969)

20. Juli 1969. Es sind die entscheidenden Minuten, bevor die "Eagle" zur Landung auf dem Mond ansetzt. Die Stimmung in Houston und an Bord ist angespannt. Ein Piepen zerreißt auf einmal die Stille, am Bordcomputer leuchten Warnsignale auf. Er steuert auf die Überlastung zu. Muss die Apollo 11-Mission etwa so kurz vor Erreichen des Ziels abgebrochen werden? Muss sie nicht (wüsste man ja sonst auch). Der gemeldete Fehler rührt nicht von der Software selbst, sondern von einer Fehlkonstruktion an einem Radar. Seine ungeplante Aktivierung verlangt dem System auf einmal viel mehr Rechenleistung ab. Doch der Bordcomputer wurde intelligent programmiert, er ignoriert die zusätzliche Datenmenge und priorisiert dafür seine Hauptaufgabe: das Landemanöver. Das dann doch wie geplant vonstatten gehen kann. Houston, wir haben kein Problem mehr.

Und das ist einer einzelnen Frau zu verdanken: Margaret Hamilton. Eigentlich eine Mathematikerin am MIT, kam sie 1961 eher zufällig zur NASA und dem Raumfahrtprojekt. Hier stieg sie dank ihrer Fähigkeiten schnell auf und wurde Direktorin des Apollo Flight Computer Programming. In dieser Position war Hamilton für die Konzeption der On-Board-Flugsoftware verantwortlich, die für die Navigation während des Fluges und für die Landung gebraucht wurde. Ohne Hamilton wäre die berühmte Apollo 11-Mondlandung wahrscheinlich gar nicht möglich gewesen. Oder zumindest deutlich komplizierter abgelaufen. Margaret Hamilton hat die Männer also wortwörtlich auf den Mond geschossen. Im positivsten Sinne.

(Auch Hamilton erhielt 1986 den besagten "Ada Lovelace"-Award.)

Margaret Crane: Schwangerschafts-Schnelltest für zu Hause (1971)

Margaret Crane, die Ende der Sechzigerjahre den ersten Heim-Schwangerschaftstest erfand, ermöglichte Frauen ein selbstbestimmteres Leben. Und das kam so: 1967 hat Crane ihren ersten Arbeitstag bei Organon Pharmaceuticals in New Jersey. Eigentlich als Designerin eingestellt, um neue Kosmetikprodukte zu entwerfen, erhascht Crane eines Tages im Labor einen Blick auf eine Reihe von Reagenzgläsern - Schwangerschaftstests. Für die Frauen der Sechziger eine eher unangenehme, unprivate Angelegenheit, musste man dafür doch extra zum (meist männlichen) Arzt und dann wochenlang auf den Befund warten. Crane sieht in den leicht anzuwendenden Tests (Präparat reagiert mit Urin, bildet sichtbaren Ring, zwei Stunden gedulden, fertig) Potential. Mit einem Test für zu Hause könnte man das Ganze für Frauen leichter und intimer machen.

Also bastelt Crane einen Prototyp aus einer kleinen Plastikschachtel, Pipette und Reagenzglas. Doch ihre Vorgesetzten sind nicht begeistert: Frauen seien zu sensibel, um alleine und ohne ärztliche Betreuung von einer Schwangerschaft zu erfahren, so ihr Argument. Und doch beraumen sie kurz darauf hinter Cranes Rücken ein Treffen mit ausschließlich männlichen Designern an, um eigene Tests zu entwerfen - scheußliche Träume aus Blümchen und Rüschchen. Crane bekommt Wind von dem Treffen und platzt mitten hinein. Stellt unversehens ihr eigenes, minimalistisches Test-Kit auf den Tisch und macht damit zu guter Letzt doch das Rennen. 1971 bekommt sie das Patent dafür. Ein Happy End? Nicht ganz. "Wir hatten eine kleine Zeremonie im Büro mit Anwälten und Führungskräften. Sie ließen mich meine Rechte für einen US-Dollar abschreiben", wird Crane später erzählen. Selbst diesen einen Dollar soll sie nie bekommen.

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