Stefanie Sommer

Journalismus-Studentin | FAZ, Mainz

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Rezension

Irgendwo zwischen 15 und 31

Nicht nur die Hauptfigur ist „komplett lost“: Die neue ZDFneo-Sitcom „Like A Loser” soll junge Menschen ansprechen, scheitert dabei aber an fehlendem Witz und müden Dialogen.

 

Mit dem Erwachsensein ist das ja so eine Sache. Auch wenn einem das Gesetz bereits mit zarten 18 Jahren die gesellschaftliche Tauglichkeit attestiert, fragt sich manch eine*r noch zehn Jahre später, ob man nun wirklich zu diesem magischen Kreis gehört. Julian (Ben Münchow) ist 31 Jahre alt und überhaupt nicht erwachsen. Und obendrein pleite. Gerade aus seiner Band und der Kölner Wohnung geflogen, muss er wieder zu Mama Dagmar (Johanna Gastdorf) in irgendeine Kleinstadt ziehen. Zurück in seinem Kinderzimmer, zwischen alten Spielzeugfiguren und nicht ganz so alten leeren Bierflaschen, ist er alles andere als zufrieden. Dann läuft ihm auch noch seine Jugendliebe Marie (Tinka Fürst) über den Weg. Und eröffnet ihm ohne viel Federlesen: Julian hat einen 15-jährigen Sohn namens Ernst (Diyar Ilhan).


Wie soll man aber ein guter Vater sein, wenn das Innere gerade selbst dem eines krisengeschüttelten Teenies gleicht? Regisseur Facundo Scalerandi („King of Stonks“) versucht, mit der ZDFneo-Sitcom „Like A Loser“ genau daraus ein Lehrstück zu machen. Die achtteilige Comedyserie ist eine Adaption der preisgekrönten französischen Serie "Irresponsable". Doch was beginnt, ist nicht preisverdächtig, sondern ein Hürdenlauf der Absurditäten und Peinlichkeiten. Frustriert prügelt sich Julian mit 15-jährigen Jungs, teilweise direkt auf dem Schulgelände – was man eben als 31-jähriger Mann so tut. Ernsthafte Konsequenzen gibt es dafür keine. Mit 30 noch nicht ganz reif zu sein, ist eine Sache. Julians Verhalten eine andere. Selbst sein 15-jähriger Sohn wirkt oft deutlich erwachsener als der Vater, der zu Minderjährigen „Fick dich“ sagt, ihre Fahrräder zerstört und sich beim Elternsprechtag das Notizbuch eines Lehrers in den Mund stopft.


Auch wenn Ben Münchow („Boy 7“) sich Mühe gibt, ist das Handeln seiner Figur so wenig nachvollziehbar (geschweige denn sympathisch), man möchte ihn mit Blaulicht in eine geschlossene Anstalt fahren. Sicher, „Like A Loser“ ist eine Sitcom („Situationskomödie“), da muss nicht alles Sinn ergeben. Leider ist die Handlung aber nicht nur realitätsfremd, sie ist auch einfach nicht lustig. Lahme Sprüche bestimmen die Dialoge, das für Sitcoms typische Dauerfeuer von Gags und komischen Momenten fehlt völlig. Und wenn dann mal vorhanden, sind diese Momente leider nie komisch, sondern nur komisch. Schlechte Voraussetzungen für eine Comedyserie.


Dabei ist nicht alles aus dem Hause neo schlecht. Der Sender ist in letzter Zeit zur Kreativküche des ZDF geworden. Beinahe monatlich werden neue Formate serviert, darunter die überaus populären Comedy-Serien „Deadlines“, „Doppelhaushälfte“ und „Fett und Fett“. Letztere glänzt vor allem durch ihre teils improvisierten Dialoge und damit sehr echt wirkende Erzählung.


Das kann „Like A Loser“ nicht von sich behaupten. Um das jüngere Publikum zu erreichen, haben sich die Drehbuchautor*innen Sandra Schröder und Jonas Heincks extra ein Wörterbuch mit Jugendwörtern besorgt. Dabei haben sie zeitlich jedoch etwas danebengegriffen und das von 2015 gekauft. So mutet bereits der Titel wie eine Anspielung auf den 2010er-Slogan „Like A Boss“ an. Sagt nur leider heute keiner mehr („Loser“ übrigens auch nicht). Die Figuren äußern Dinge wie „Spacken“, „safe“ oder „dann flexe ich mal richtig“ – und wirken dabei alles außer cool. Besonders Diyar Ilhan steht diese Sprache überhaupt nicht. Cringe.


Jasmin Maeda, Chefin von ZDFneo, sagte im Herbst vergangenen Jahres über den Sitcom- und Comedy-Bereich: "In vielen Genres haben wir die Laborphase längst verlassen“. Kann sein, „Like A Loser“ muss aber noch mal ins Reagenzglas.


Anmerkung: Diese Rezension entstand im Januar 2023 im Rahmen des Masterstudiums am Journalistischen Seminar der JGU Mainz.