Stefanie Sommer

Journalismus-Studentin | FAZ, Mainz

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Warum Heinz Ketchup durch den Öko-Test durchfällt

Setzen, Sechs: Heinz-Ketchup gehört zu den „Öko-Test“-Verlierern. | Bild: AFP

Ausgerechnet einer der Ketchup-Klassiker im Saucenregal fällt bei einer Studie durch. Die Tester haben eine bedenkliche Menge an Schimmelpilzgiften gefunden. Und das ist nicht das einzige Problem.


Für viele Deutsche gehört Ketchup zum Würstchen wie der Tatort zum Sonntagabendprogramm. Bis zum Start der Grillsaison ist es zwar noch ein bisschen hin, aber das Verbrauchermagazin Öko-Test hat die Saucen trotzdem schon mal unter die Lupe genommen. Als Vorbereitung auf die wärmeren Monate sozusagen. Der klare Verlierer: Heinz Tomato Ketchup. Von den 20 von Öko-Test untersuchten Ketchups, darunter sieben mit Bio-Siegel, landet er auf dem letzten Platz.


Mit am auffälligsten unter dem Mikroskop: Ein stark erhöhtes Vorkommen von Schimmelpilzgiften. Das von Öko-Test beauftragte Labor wies im Heinz-Ketchup 47 Mikrogramm Alternariol pro Kilogramm nach. Das ist fast fünfmal so viel wie der von der EU 2022 festgelegte Richtwert von 10 Mikrogramm. Das Toxin gelangt in den Ketchup, wenn bei der Herstellung überreife Tomaten verarbeitet werden. Studien haben ergeben, dass das Gift Erbgut schädigen kann.


Die Geschäftsführerin und Chefredakteurin des Öko-Test-Verlags Kerstin Scheidecker betont jedoch: „Klar ist, die Menge, die wir im Labor gefunden haben, ist nicht akut toxisch. Es ist recht unwahrscheinlich, dass Sie jetzt tatsächlich akute Probleme bekommen, wenn Sie diesen Ketchup essen." Ab welcher Menge Alternariol tatsächlich gefährlich wird, sei noch unklar. Nichtsdestotrotz sei eine Minimierung solcher Stoffe wichtig.


„Es geht auch guter Geschmack mit weniger Zucker“

Ketchup schmeckt süß. Und das nicht nur durch die natürliche Süße reifer Tomaten, sondern vor allem durch viel zugesetzten Zucker. Im Heinz-Ketchup sind das sage und schreibe 25,3 Gramm pro 100 Milliliter - mehr als bei allen anderen getesteten Produkten. Der niedrigste in der Studie nachgewiesene Zuckergehalt lag bei 13 Gramm (Dm Bio Ketchup). Im Geschmackstest gaben ihm die Sensorikexperten trotzdem ein „sehr gut". „Es geht auch guter Geschmack mit weniger Zucker", stellt Scheidecker fest.


Ihr sei bewusst, dass Heinz im Bereich Ketchup eine große Marke ist und viele Menschen darauf schwören. Trotzdem seien diese Ergebnisse „ein guter Anlass, um zu gucken, ob man nicht auch gerade den Kindern ein bisschen weniger Zucker zugutekommen lassen kann." Mit einer 30-Milliliter-Portion Ketchup erreiche ein dreijähriges Kind bereits 50 Prozent der von der WHO angegeben täglichen Höchstmenge an Zucker. „Jetzt kann man natürlich sagen ‚Ach Gottchen, ist ja nicht so schlimm', aber: Die Menge insgesamt macht's", meint Scheidecker. Je weniger Zucker aus industriell verarbeiteten Produkten man zu sich nehme, desto besser.


Trotz allem versteckt sich auch etwas Gutes in der rot-braunen Masse. Es heißt Lycopin - ein Carotinoid, das den Tomaten ihre rote Farbe verleiht, und zellschützend wirkt. Studien zufolge soll es gar einen Zusammenhang zwischen hohem Tomatenverzehr und verringertem Krebsrisiko geben - dies ist allerdings noch nicht ausreichend belegt. Ein hoher Lycopin-Wert im Ketchup deutet daraufhin, dass mehr reife Tomaten für das Produkt verwendet wurden. Beim Heinz-Ketchup war dies jedoch nicht der Fall, mit 104 Milligramm pro Kilogramm schnitt der Marktdominator auch hier am schlechtesten ab.


Wo kommen die Tomaten her?

Neben der Überprüfung von Inhaltsstoffen und Geschmack unterzog Öko-Test die Ketchup-Produkte auch einer Transparenz-Probe. Hier wurde untersucht, ob die Unternehmen Informationen zu ihren Lieferketten, Arbeitsbedingungen und Umweltbemühungen preisgaben. Viele taten das bereitwillig und ausführlich. Aber: „Von Heinz haben wir nach wie vor nichts gehört", sagt Kerstin Scheidecker. Gleiches gilt im Übrigen für den ebenfalls zum fusionierten Kraft-Heinz-Saucen-Imperium gehörenden Kraft Tomatenketchup. Der schnitt bei Öko-Test mit der Note „ausreichend" ebenfalls nicht sonderlich gut ab. Kraft Heinz war für Nachfragen der F.A.Z. bis Donnerstagnachmittag nicht zu erreichen.


Die Ketchup-Gewinner

Neben Heinz gibt es weitere Testverlierer. Am schlechtesten in der Bio-Gruppe schnitten die Ketchups von Dm Bio, alnatura und enerBiO ab. Während bei den ersten beiden vor allem erhöhte Schimmelpilzgift-Werte für ein „ausreichend" sorgten, fiel bei Letzterem die fehlende Transparenz in der Lieferkette ins Gewicht. Im konventionellen Bereich erhielt Hellmann's Ketchup aufgrund erhöhter Schimmelpilzgift-Werte und zu niedrigem Rezyklatanteil in der Kunststoffverpackung mit einem „Ungenügend" die insgesamt zweitschlechteste Note.


Bestnoten erzielten dagegen zwei eher unbekanntere Marken: Die Ketchups von Zwergenwiese (Bio) und Penny wurden im Test als einzige mit „sehr gut" ausgezeichnet. Beide wiesen lediglich Spuren von Schimmelpilzgiften auf und sind mit jeweils unter 20 Gramm Zucker pro 100 Milliliter deutlich gesünder. Die verwendeten Tomaten stammen laut den Herstellern aus Italien beziehungsweise Spanien, für die Transparenz in der Lieferkette bekam der Zwergenwiesen-Ketchup eine Eins, in puncto Geschmack hat dagegen Penny die Nase leicht vorn.


Anmerkung der Redaktion: Wie eine Sprecherin von Heinz Kraft der F.A.Z. am Freitagvormittag mitteilte, lege das Unternehmen höchsten Wert auf die Qualität jeder produzierten Ketchup-Flasche und nehme Ergebnisse wie die von „Öko-Test" entsprechend ernst. Die verwendeten Tomaten stammten hauptsächlich aus Spanien und Kalifornien, wo auf einen nachhaltigen Anbau geachtet würde. Sie verwies zudem auf die zuckerreduzierten Produkte der Marke.




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