Stefan Zehentmeier

Freiberuflicher Journalist, München

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Artikel

Die hoffnungslose Suche nach deutschem Nazi-Rap | VICE | Deutschland

Interessante Neuigkeiten, die die Welt Online in ihrem Artikel „Kokain an die Juden von der Börse" da aufgetan hat: Der deutsche Rap hat nun also ein Antisemitismusproblem. Endlich quasi. Haben doch schon Jahre zuvor verschiedenste Schreiberlinge nach diesem Phänomen gesucht. Und doch ist es bisher allerhöchstens so realitätsnah wie der Big Foot geworden, verwaschene Bildaufnahmen, die genauso gut einen stinkenden alten Mann bei der Körperpflege am Flussufer zeigen könnten wie das große, sagenumwobene Ungeheuer aus den Wäldern. Der große ungepflegte Mann zeigte sich damals in Person des Rappers Fler, dessen Album „Neue Deutsche Welle" samt kalkulierter Arierästhetik schlussendlich nicht mehr als ein fragwürdiger Marketingzug war-der zudem voll aufging. Medienvertreter sahen die nächsten Schlagzeilen und kahlgeschorene Neonazis, die ihre Hassparolen nun in Reimform zum Besten gaben. Mit Skelettmasken und tätowierten Arabern hatte man die deutsche Öffentlichkeit doch schon schockiert. Nur musste die Presse bald enttäuscht feststellen, dass es so etwas wie Nazi-Rap nun wirklich nicht geben sollte. Provokation war und ist die Devise, wird in der Welt formuliert und damit hätte man das Thema wohl auch schon wieder auf sich beruhen lassen können. Denn Provokation und Abgrenzung war und ist ein integraler Bestandteil der HipHop-Kultur. Wie schafft man ein „Wir"? Indem man sich von einem „Die" abgrenzt. Euch gefällt nicht, wer wir sind? Wir scheißen drauf-und reiben es euch doppelt unter die Nase. Eine Kultur, in der das selbstauferlegte Wort „Nigger" so allgegenwärtig ist, von Rassismus freizusprechen, ist zudem einfach völliger Quatsch. Man frage nur weiße Rapper wie die Beastie Boys oder unsere Kinofans gar einen Eminem, wie schwer erste Gehversuche in der von Afroamerikanern dominierten Szene für sie gewesen sind. Rassismus als Euro-Novum also? Auch das ist ein wenig überspitzt, wäre für die von der Naziästhetik begeisterten Amerikaner aber wohl zumindest ein genauso schönes Bild. Zugleich hat es die HipHop-Bewegung in den Folgejahren geschafft, sich von vielen gesellschaftlichen Mechanismen zu lösen-und zuletzt großflächig eben auch von rassistischen Motiven. Als Parallelkultur wird man nicht nach sozialer Herkunft beurteilt, sondern nach dem, was man kann und zu leisten bereit ist. Nicht nur musikalisch hat sich das Genre geöffnet, es zählen dicke Georgier wie Action Bro

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