Was es im Schulalltag bringt, wie dem Misstrauen von Eltern begegnet werden kann und warum es die Gesundheit von Lehrern verbessert: Lesen Sie hier unser Interview mit Vertrauensforscher Martin Schweer über die Macht des V-Worts.
Das Gespräch führte Stefan Schlögl
Wenn ich mich an meine Schulzeit zurück denke, war jener Lehrer, dem ich am stärksten vertraut habe, alles andere als ein Kuschelpädagoge. Er verlangte viel und prüfte hart. Können auch strenge Lehrer Vertrauen ausstrahlen?
Das hängt davon ab, wie wir „streng" definieren. Wenn man unter Strenge versteht, dass es eindeutige Regeln und Ziele gibt, ist das schon ein wichtiger Vertrauensbeweis. Daraus erwächst Autorität im positiven Sinne, die seitens der Schüler berechenbar ist.
Anders sieht es aus, wenn Lehrende ihre Machtposition in unangemessener Weise ausnutzen, um etwa jemanden vor der Klasse herunterzuputzen.
Aber auch nach außen hin eher locker erscheinende Pädagoginnen und Pädagogen sind nicht automatisch Vertrauenspersonen. Manchmal sind ihnen die Bedürfnisse ihres Gegenübers einfach gleichgültig, das spüren die Schülerinnen und Schüler.
Welche Rolle spielt Vertrauen im Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern?
Eine sehr wichtige - die auch immer stärker erkannt wird. Wir wissen aus vielen Untersuchungen, dass Vertrauen eine Ressource ist, die positiv wirkt. Weil sie die Motivation aller Beteiligten fördert und eine bessere Lernatmosphäre schafft.
Gerade auch Schülerinnen und Schüler, die zunächst wenig Interesse am Unterricht zeigen oder sich mit Inhalten schwer tun, profitieren davon. Gleichzeitig lassen sich aufkommende Konflikte schneller und konstruktiver lösen.
Vertrauen ist ja etwas sehr Individuelles. Es gründet auf Erfahrung, Lebenseinstellung, der momentanen Situation. Würde man dennoch versuchen, den idealen, vertrauenswürdigen Pädagogen zu beschreiben: Was zeichnet sie oder ihn aus?
Das Entscheidende ist Authentizität, also echt sein und seine eigenen Werte, Ansichten und Überzeugungen auch tatsächlich leben. Wichtig ist es zudem, eindeutige Maßstäbe zu akzeptiertem und nicht akzeptiertem Verhalten zu setzen, um Unklarheiten zu vermeiden.
Gleichzeitig dürfen Schülerinnen und Schüler nicht das Gefühl bekommen, unfair behandelt zu werden, etwa deshalb, weil andere bevorzugt werden. Dazu gehört Transparenz bei der Beurteilung, damit Notengebung nachvollziehbar ist.
Ende der Leseprobe