Die Begräbniszeremonien für König Abdullah, der am Donnerstag verstorben ist, begann am Freitagnachmittag. Neben Nachfolger König Salman waren auch der Emir von Kuwait, Bahrain und Katar anwesend. Mehrere europäische Staatschefs haben angekündigt sich am Wochenende von König Abdullah vor Ort in Riad zu verabschieden, darunter der französische Präsident Francois Hollande oder der türkische Präsident Tayyip Recep Erdogan. Prinz Charles reist ebenfalls an, die Fahnen in Großbritannien wurden auf Halbmast gesetzt. In Saudi Arabien selbst ist das nicht erlaubt, da auf der Nationalfahne das islamische Glaubensbekenntnis abgebildet ist.
Wer war König Abdullah? Regenschaft: Zwei Jahrzehnte lang bestimmte Abdullah Bin Abdulaziz die Geschicke Saudi-Arabiens. Zunächst zehn Jahre als Regent unter dem greisen König Fahd bis er er selbst den Thron bestieg. Nachdem er 2005 König wurde, verwaltete er jedoch nur noch den stockkonservativen Stillstand im wahhabitischen Königreich. Als Regent hatte der im Jahr 1923 geborene Abdullah zaghafte Reformansätze in der absoluten Monarchie vorangetrieben und setzte sich unter anderem für die Einführung von Teilwahlen von Gemeinderäten und eine allmähliche Vergrößerung des Nationalen Konsultativrates ein, dessen Mitglieder weiterhin vom König ernannt werden. Zudem bemühte er sich, die hauptsächlich vom Öl abhängige Wirtschaft für ausländische Investitionen, etwa im Gassektor, zu öffnen. Außenpolitik: Außenpolitisch widmete sich Abdullah verstärkt dem Kampf gegen Extremisten und der Verbesserung der Beziehungen zu den USA, die seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA stark belastet waren. Im Jahr 2002 konnte er alle Staaten der Arabischen Liga für eine Nahost-Friedensinitiative gewinnen, die Israel normale diplomatische Beziehungen im Gegenzug für einen Abzug aus den Palästinensergebieten in Aussicht stellte. An der Politik Riads gab es jedoch scharfe Kritik. So schickte das Königshaus Soldaten ins benachbarte Bahrain, wo Proteste von Schiiten niedergeschlagen wurden. Innenpolitik: Das Erstarken des islamistischen Extremismus im eigenen Land, führte zu einem bis dahin beispiellosen Vorgehen gegen militante Gruppen. Jüngst bezog Saudi-Arabien auch deutlich Stellung gegen die Extremisten des "Islamischen Staates" (IS). Der Monarch hinterlässt ein unter Druck geratenes Königreich, indem die Zügel innenpolitisch jüngst wieder stärker angezogen wurden: Keine Frauen am Steuer, Hinrichtungen am laufenden Band und 1.000 Stockschläge für einen Blogger, der sich für Meinungsfreiheit und die Gleichberechtigung der Religionen eingesetzt hatte. Im Bereich der Menschenrechte blieben Reformansätze genauso stecken wie die Dialogbemühungen des nach ihm benannten Abdullah-Zentrums, das im Jahr 2011 mit saudischem Geld in Wien gestiftet wurde. In dem streng religiösen Königreich unternahm Abdullah aber auch Modernisierungsschritte. So gründete er gegen den Willen einflussreicher Islam-Gelehrter 2009 die König-Abdullah-Universität, in der Frauen und Männer gemeinsam studieren und forschen. 2013 ernannte er erstmals Frauen zu Mitgliedern des Shura-Rates, einem beratenden Gremium ohne Gesetzgebungskompetenz. 1902: Mit britischen und russischen Waffen erobert Staatsgründer Abdelaziz Ibn Saud von seinem Exil in Kuwait aus das Fürstentum Nedschd mit der Hauptstadt Riad zurück. Die Unabhängigkeit von Nedschd wird nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs von den Briten anerkannt. Nachdem Ibn Saud 1924 das Königreich Hedschas erobert, vertreibt er den haschemitischen König Hussein, Nachkommen des Propheten, aus der heiligen Stadt Mekka. 1932 erfolgt die offizielle Vereinigung von Hedschas und Nedschd zum "Vereinigten Königreich Saudi-Arabien". 1953: König Abdelaziz Ibn Saud stirbt. Sein Sohn Saud besteigt den Thron. 1964: Absetzung von König Saud, dem zügellose parasitäre Verschwendung zur Last gelegt wird. Sein Bruder, Kronprinz Faisal, wird König 1975: Faisal wird von einem Mitglied des Herrscherhauses ermordet. Sein Bruder Kronprinz Khalid besteigt den Thron. 1982: Nach dem Tod von König Khaled folgt ein weiterer Sohn des Reichsgründers, Fahd, auf den Thron. 1996 übernimmt Abdullah für den kranken König die Amtsgeschäfte und vertritt ihn auch in den folgenden Jahren. 2005: König Fahd stirbt. Den Thron besteigt sein Halbbruder Abdullah. Wer waren seine Vorgänger? Nach dem Tod Abdullahs hat dessen Halbbruder Salman die Herrschaft in dem konservativen Königreich übernommen. Das Königshaus habe den 79-Jährigen zum neuen Regenten ernannt, berichte die staatliche saudische Nachrichtenagentur SPA am Freitag. Salman wird demnach seinen Teueschwur nach dem Freitagsgebet in der Hauptstadt Riad ablegen. In einer TV-Ansprache beteuerte er, die Politik seiner Vorgänger fortzusetzen: "Wir werden an der rechtschaffenen Politik festhalten, die Saudi-Arabien seit der Gründung durch König Abdelaziz angenommen hat". Die Rede nährte Zweifel an seinem Gesundheitszustand. Der neue Regent sprach kurzatmig und mit schwacher Stimme. Dabei war er nur schwer zu verstehen. Neuer saudischer Kronprinz ist der 69 Jahre alte Prinz Muqrin, der jüngste Sohn von Staatsgründer Abdelaziz. Zum stellvertretenden Kronprinzen ernannte der Königshof Prinz Mohammed bin Nayef. Der 55-Jährige wäre im Falle einer Machtübernahme der erste Vertreter von Abdelaziz' Enkelgeneration, der auf den Thron käme.König Abdullah war einer der Söhne des saudi-arabischen Staatsgründers Abdelaziz (IbnSaud). Nach offiziellen Angaben wurde er 1924 in Riad geboren. Das genaue Geburtsdatum ist nicht bekannt.
Wer folgt ihm nach? Die Nachfolgedebatte wird immer heikler, weil es keinen Plan gibt, wie die Macht an die Enkel vom Staatsgründer Abdelaziz al-Saud übertragen werden kann. Dessen noch lebende Söhne und an die 30 der wichtigsten Familienmitglieder sind entweder alt, krank oder umstritten. Der jetzige frisch ernannte Salman etwa leidet unter den Folgen von Schlaganfällen, sein linker Arm ist teilweise gelähmt. Beobachter berichten, der bald 80-Jährige habe zwar einen dichten öffentlichen Terminkalender, doch es gibt Gerüchte, dass er an Demenz erkrankt ist. Der kürzlich nominierte Vizekronprinz und jetzige Kronprinz Muqrin wiederum, ein Halbbruder Abdullahs und mit 69 Jahren der jüngste noch lebende Spross von Staatsgründer Abdulaziz al-Saud, ist innerhalb der Familie umstritten. Aus Sicht einiger mächtiger Mitglieder des Königshauses hat er keinen Anspruch auf den Thron, weil er von einer Jemenitin abstammt, die das königliche Familienoberhaupt seinerzeit als 15-Jährige schwängerte. Daher kommt es, dass sich nach Muqrins Ernennung sieben der 34 Repräsentanten im sogenannten Thronfolgerat ihre Zustimmung verweigerten oder sich der Stimme enthielten. Dies ist ein Indiz für wachsende Spannungen innerhalb des weitverzweigten Herrscherclans. Aber auch innerhalb der Gesellschaft köchelt es. Auf saudi-arabischen Internetseiten wächst der Unmut über die "Spießer- und Schmarotzerklasse der rund 8.000 Prinzen und der mit ihnen verbundenen Familien", einer superreichen Petro-Nomenklatura von etwa 100.000 Personen. Der seit einem halben Jahr verfallende Ölpreis dürfte 2015 ein Rekordloch von fast 40 Milliarden Dollar (33,57 Mrd. Euro) in das Staatsbudget reißen. USA: US-Präsident Barack Obama nannte den verstorbenen Monarchen einen aufrichtigen und mutigen Führer. "Die Nähe und Stärke der Partnerschaft zwischen unseren zwei Ländern ist Teil von König Abdullahs Vermächtnis", teilte Obama in Washington mit. Russland: Kremlchef Wladimir Putin hat den gestorbenen König Abdullah von Saudi-Arabien als "weisen und kontinuierlichen Staatsmann und Politiker" gewürdigt. "Seine Hoheit hat viel getan für die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Bevölkerung", schrieb Putin am Freitag nach Kremlangaben an das Königreich. EU: Nach dem Tod Abdullahs wünscht sich die EU einen Modernisierungsschub für das Land. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte am Freitag in Brüssel, die EU hoffe ernsthaft, dass sein Nachfolger, der bisherige Kronprinz Salman, auf den Errungenschaften des Königs aufbaue, "um weiter Modernisierung und Reformen zum Nutzen des Königreichs und der Bürger voranzutreiben". Er sprach der saudischen Königsfamilie und den Bürgern Saudi-Arabiens sein Beileid im Namen der Europäischen Union aus. Frankreichs Präsident François Hollande würdigte Abdullah als Mann, "dessen Arbeit die Geschichte seines Landes zutiefst geprägt" habe. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel zollte dem gestorbenen Monarchen für "seine ausgewogene und vermittelnde Politik im Nahen Osten (...) Respekt und Anerkennung". Arabische Welt:Die Führer der arabischen Welt haben mit Trauer und Beileidsbekundungen auf den Tod des saudischen Königs Abdullah reagiert. Der König des benachbarten Bahrain, Scheich Hamad, nannte den verstorbenen Monarchen einen weisen Herrscher, der sein Leben seinem Volk, der Nation, der Religion und der Menschlichkeit gewidmet. Er rief - wie auch andere Regierungen - eine 40-tägige Trauerzeit aus. In Jordanien soll sie 40 Tage dauern, in Ägypten sieben Tage, in den Vereinigten Arabischen Emiraten drei Tage. Der Emir von Kuwait, Scheich Sabah, erklärte, mit Abdullah habe die Welt "einen ihrer großen Männer" verloren. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA meldete hingegen den Tod Abdullahs nur in zwei Sätzen. Der verstorbene Monarch war einer der schärfsten Gegner des Regimes von Präsident Bashar al-Assad. Iran: Die schiitische Regierung im Iran drückte der saudiarabischen Regierung am Freitag ihr Beileid aus und kündigte an, Außenminister Mohammad Javad Zarif werde zur Beisetzung nach Riad reisen. Der Kampf um die regionale Vorherrschaft zwischen Schiiten und Sunniten wird Salman auch beschäftigen. Nach den jüngsten Ereignissen im Jemen, wo die vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen mehr Einfluss erlangen, muss Riad fürchten, bald von einer Reihe von Staaten (Irak, Syrien, Libanon, Jemen, Bahrain) umgeben zu sein, wo der Iran seine Finger politisch, wirtschaftlich oder militärisch im Spiel hat. Was kommt auf den neuen König zu?Der Thronwechsel kommt in einer für Saudi-Arabien sehr schwierigen Zeit. Es brodelt innen- und außenpolitisch: Der Ölpreis befindet sich im Tiefflug, es gibt Thronfolgeprobleme und Minderheitenkonflikte in Saudi-Arabien. Außerdem fühlt sich der Ölstaat vom schiitischen Iran herausgefordert und fürchtet um die jahrzehntelange Vormachtstellung der Sunniten unter der Führung Riads.
Wie reagiert die Welt auf den Tod?(stb, tee, APA/Reuters, derStandard.at, 23.1.2015)