1 Abo und 8 Abonnenten
Artikel

Neun mutmaßliche Syrien-Kämpfer in Österreich festgenommen

Zugriff bei der Ausreise in die Levante nach längeren Ermittlungen gegen die Gruppe - Sollte Untersuchungshaft verhängt werde, will Innenministerin Mikl-Leitner ein Asylaberkennungsverfahren einleiten

Die Fahrt in den Krieg endete in der Steiermark und Kärnten. Neun Personen wurden am Mittwoch dort mit Hilfe von Spezialkräften festgenommen. Bei den mutmaßlichen Jihadisten handelt es sich um Tschetschenen, die in Österreich mit Flüchtlingsstatus leben.

Nach länger dauernden Ermittlungen ist das Landesamt für Verfassungsschutz Wien überzeugt, dass die Gruppe auf den Weg in den Nahen Osten war, um für eine Terrororganisation zu kämpfen. Eingefädelt wurde das Ganze dem Vernehmen nach von einem türkischen Staatsbürger in Wien.

Verfassungsschutz überwachte Verdächtige

Als sich der Verdacht der Verfassungsschützer - offensichtlich aufgrund elektronischer Überwachung - konkretisierte und klar war, dass sich die Verdächtigen auf den Weg machen, kam es zum Zugriff.

Am Mittwochnachmittag wurden die Personen von der Staatsanwaltschaft Wien verhört, über eine Untersuchungshaft gab es zunächst keine Entscheidung. Derzeit wird gerichtlich geprüft, ob über die Verdächtigen Untersuchungshaft verhängt wird. Sollte die verhängt werden, könnte es für die Verdächtigen kritisch werden: Kommt es dazu, will Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ( ÖVP) umgehend Asylaberkennungsverfahren einleiten, hieß es aus dem Ressort.

Mikl-Leitner warnte allerdings davor, "jetzt jene Asylwerber, für die wir gerade Quartiere in Österreich suchen, mit diesen Personen in einen Topf zu werfen". Das genaue Gegenteil sei der Fall: "Die Kriegsflüchtlinge, die jetzt täglich nach Europa gelangen, flüchten genau vor diesen Jihadisten und brauchen unseren Schutz."

21 Monate Haft für 21-Jährigen

Die aktuellen Festnahmen sind kein Einzelfall. Erst Anfang Juli wurde in Wien ein 21-Jähriger nicht rechtskräftig zu 21 Monaten unbedingter Haft verurteilt, da das Gericht überzeugt war, er sei nach Syrien in ein Terrorcamp gefahren. Der junge Mann leugnete das und beteuerte, nur "ausgestiegen" zu sein und seinen Onkel in der Türkei besucht zu haben.

Aus Österreich sind laut Behördenangaben bisher mehr als 100 Personen nach Syrien und in den Irak gereist, rund 40 davon sind mittlerweile wieder zurückgekehrt. Mindestens 20 sind bei Kämpfen bereits ums Leben gekommen. Der Großteil davon sind jedoch keine österreichischen Staatsbürger. Von den rund 100 Ausgereisten besitzen nur wenig mehr als ein Dutzend einen österreichischen Pass. Tschetschenen machen rund die Hälfte aller aus Österreich in der Levante kämpfenden Jihadisten aus. Auch in der mächtigsten Jihadistenorganisation der Region, "Islamischer Staat" (IS), befinden sich auffallend viele Kämpfer aus dem Kaukasus.

IS internationalisiert sich

Generell findet in der IS, die lange Zeit von Irakern dominiert war, derzeit eine Internationalisierung statt. Aus Sicht der radikalen Islamisten eine logische Entwicklung, ist es doch ihr Ziel, einen Staat für alle Muslime zu schaffen.

Diesem Lockruf folgen immer mehr Europäer. Der EU-Antiterrorbeauftragte Gilles de Kerchove schätzt, dass sich derzeit mehr als 2000 Personen aus der Europäischen Union im Kriegsgebiet Syriens und des Irak befinden - Tendenz steigend. ( Stefan Binder, Michael Möseneder, DER STANDARD, 21.8.2014)

Zum Original