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Und plötzlich große neue Waffen

Syrische Rebellen präsentieren schweres Kriegsgerät. Auch US-Systeme sind möglicherweise darunter, wer sie liefert, ist jedoch unklar

Das Ziel: ein Panzer der Assad-Armee. Die Waffe: die Panzerabwehrlenkwaffe TOW (Tube Launched Optically Tracked Wire Guided Missile). Die Waffe trifft auf ihr Ziel, das hinter einer Rauchwolke verschwindet. Danach sind "Gott ist groß"-Rufe der Angreifer einer syrischen Rebellengruppe zu hören.

Es ist eines von zumindest drei Videos, die Anfang April auf der Videoplattform Youtube veröffentlicht wurden. Sie zeigen Rebellen der oppositionellen Harakat Hazm, wie sie ihre neue großkalibrige Panzerabwehrlenkwaffe vorführen. Nach eigenen Angaben griffen sie einen Checkpoint in der Ortschaft Hisch in der Provinz Idlib an. In seiner Rubrik "The Complex" stellt das Online-Magazin Foreign Policy die sehr simple Frage: Könnten die USA den Rebellen großkalibrige Waffen zur Verfügung stellen, um das Assad-Regime zu stürzen?

Denn das TOW-Waffensystem wurde in den Vereinigten Staaten entwickelt und wird bei den US-Streitkräften seit dem Vietnam-Krieg eingesetzt. Mittlerweile erfreut es sich auch im Nahen Osten großer Beliebtheit und ist in der Region weit verbreitet. Das Waffensystem wurde unter anderem nach Saudi-Arabien und in die Türkei exportiert. In den Händen von syrischen Rebellen ist es bisher jedoch noch nie aufgetaucht, das Video von Anfang April ist eine Premiere. Unklar ist, woher die Waffen stammen.

CIA-Programm

Sollten die Waffen von Saudi-Arabien geliefert worden sein, ist es eher unwahrscheinlich, dass die USA davon nicht informiert wurden. Vertraglich sind alle Empfängerstaaten verpflichtet, bei einem Weiterverkauf oder einer Weitergabe der Waffen an Dritte die Vereinigten Staaten zu informieren. Aus Angst, sie könnten in die falschen Hände geraten, hat sich Washington bisher jedoch konsequent dagegen ausgesprochen, schwere Waffen an oppositionelle Rebellen zu liefern.

Das bisherige CIA-Programm, das ausschließlich nicht-tödliche Unterstützung für die Rebellen beinhaltete, wurde unlängst ausgeweitet. Laut Reuters genehmigte der US-Kongress im Jänner die Finanzierung von kleinkalibrigen Waffen an syrische Rebellen. Mehreren US-Medienberichten zufolge betreibt die CIA bereits ein Trainingscamp für Kämpfer der Freien Syrischen Armee (FSA) in Jordanien. Laut Foreign Policy dachte das Weiße Haus bereits im März darüber nach, "Manpads", also portable Boden-Luft-Flugabwehrraketensysteme, an die syrische Opposition zu liefern.

Die neuen Panzerabwehrlenkwaffen der Harakat Hazm.

Ob die Waffen tatsächlich aus Beständen der Amerikaner, Türken oder Saudis stammen, ist deswegen fraglich, weil auch die radikal-islamische Hisbollah ähnliche Waffensysteme betreibt. Der Iran erhielt das TOW-Waffensystem noch zu Zeiten des Schahs, nach dessen Sturz stellte das islamische Regime in Teheran eine Kopie, die sogenannte Tophaan (persisch für "Typhoon") her, und lieferte sie unter anderem an die libanesische Hisbollah.

Theoretisch könnten die sunnitischen syrischen Rebellen also derartige Waffensysteme von der schiitischen Hisbollah, die im syrischen Bürgerkrieg an der Seite Assads kämpft, erbeutet oder sie am libanesischen Schwarzmarkt erworben haben. Gegen diese Version spricht laut dem Waffenexperten Charles Lister, dass die Waffen neuwertig aussehen und deswegen nicht aus den iranischen Beständen aus der Shah-Zeit stammen können. Außerdem besitzt die iranisch produzierte Tophaan ein anderes Visier als jenes, das die Rebellen vorgestellt haben.

Die neuen Boden-Luft-Flugabwehrraktensystem der Harakat Hazm.

Wer auch immer hinter der Waffenlieferung steckt, er unterstützt damit eine Splittergruppe des syrischen Militärrates SMC, der gegründet wurde, um ausländische Hilfe an syrische Rebellen zu unterstützen und ihre Aktivitäten zu koordinieren. Die Harakat Hazm wurde Ende Jänner 2014 aus dem Zusammenschluss von mehreren Rebellengruppen gegründet. Viele der Kämpfer waren zuvor Mitglieder der Farouk-Brigaden, einer moderat-islamistischen Kampfeinheit. Die neu gegründete Einheit scheint Salim Idris gegenüber loyal zu sein, der auch einen Auftritt in einem der Videos hat. Idris ist der ehemalige Chef des SMC, wurde aber im Februar 2014 abgesetzt. Die Harakat Hazm gehört zu einer von rund ein Dutzend FSA-Einheiten, die nach wie vor loyal zum ehemaligen SMC-Chef stehen. All diesen Rebellengruppen ist eines gemein: sie scheinen neuerdings einen großzügigen Gönner zu haben. Denn neben dem TOW-Waffensystem stellten die Kämpfer der Harakt Hazm auch ihre neuen "Manpads "vor. ( stb, derStandard.at, 9.4.2014)

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