Sophie Schädel

Freie Journalistin, Dortmund

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Blindgänger in Dortmund gesprengt

In Dortmund wurde am vergangenen Sonntag eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gesprengt. Erst sollte sie entschärft werden, doch der Zünder war zu beschädigt. Bei der Explosion blieben größere Schäden aus. 7.200 Anwohner:innen mussten den gesamten Sonntag über ihre Wohnungen verlassen. Der Nahverkehr lief nur eingeschränkt, zwischenzeitlich konnte der Hauptbahnhof nicht mehr angefahren werden. Auch die Einflugschneise des Dortmunder Airports wurde gesperrt.

Immer wieder finden sich in Dortmund Blindgänger im Boden. Die Stadt war durch ihre starke Kohle- und Stahlproduktion im Zweiten Weltkrieg ein wichtiges Kriegsziel der Alliierten. Beim aktuellen Fund ging man erst von vier potentiellen Blindgängern aus. Drei der Fundstellen erwiesen sich dann aber doch als harmlos. Frank Bußmann, Pressesprecher der Stadt Dortmund, erklärt: „Da fallen bei Tests Anomalien auf. Das kann ein Blindgänger sein, aber theoretisch auch eine Badewanne oder Waschmaschine." Bei genaueren Tests stellte sich nur eine dieser Anomalien als tatsächliche Bombe heraus. 250 Kilogramm schwer war der Blindgänger einer britischen Weltkriegsbombe ersten Tests zufolge.

Für die geplante Entschärfung sollten 7.200 Anwohner:innen die östliche Innenstadt verlassen, unter ihnen auch die Bewohner:innen eines Senior:innenheims. Die im Radius liegende Jugendvollzugsanstalt hatte schon viele Tage vorher damit begonnen, ihre Insassen in andere Gefängnisse zu verlegen. Ab 8 Uhr sollte das komplette Gebiet in der City geräumt sein - doch so einfach geht das nicht: Einige Personen bekamen nichts von der Evakuierung mit oder weigerten sich zu gehen. Auch der Abtransport von älteren Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind, zog sich stellenweise bis nach 8 Uhr hin. Personen, die sich wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne befanden, mussten ebenfalls an einen anderen, isolierten Aufenthaltsort gebracht werden - eine logistische Mammutaufgabe.

Nicht alle Anwohner:innen verließen das Gebiet freiwillig

Das Ordnungsamt patrouillierte im geräumten Gebiet, klingelte an Wohnungen und forderte alle auf, das Viertel zu verlassen. Trotzdem fanden sie immer wieder hartnäckige Dortmunder:innen, die noch Stunden nach Einsatzbeginn im Viertel unterwegs waren. Die letzte Person meldete sich erst gegen 14 Uhr, um einen Krankentransport aus dem betroffenen Gebiet zu bestellen. Sehr zum Unmut der Evakuierten, da der Einsatz sich so verschob und die Menschen lange nicht zurück in ihre Wohnungen gehen konnten.

Und noch etwas hielt den Kampfmittelräumdienst davon ab, mit der Sprengung zu beginnen: Da die Bombe mitten in dicht besiedeltem Gebiet und nah an einem U-Bahnschacht lag, sollten die Druckwellen besser abgefedert werden. LKW-Ladungen an Sand wurden angekarrt und Wasser-Bigpacks befüllt, um die Häuser im Umfeld zu schützen.

Ein zufriedener Sprengmeister nach der Explosion

Gegen 17 Uhr endlich konnte der Blindgänger gesprengt werden. Eine große Menge Wasser und Sand schoss in die Luft, ein Knall war zu hören. Der Sprengmeister zog anschließend eine positive Bilanz: „Ganz ohne Sprengschäden geht es leider niemals ab. Aber ich bin mit dem Ergebnis zufrieden." Angesichts der Größe und Lage der Bombe hätte er mit schlimmeren Schäden gerechnet.

Einen Verletzten forderte der Einsatz - allerdings nicht die Bombe: Ein Anwohner wollte zurück ins Evakuierungsgebiet, bevor es freigegeben war. An einer Sperre wurde er von einem Mitarbeiter der Stadt aufgehalten worauf der Anwohner ihn angriff, wie die Stadt vermeldete. Dabei wurde der Mitarbeiter verletzt und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Der Angreifer wurde gestellt; die Stadt kündigte eine Strafanzeige an.

Was jetzt von der Explosion bleibt: Jede Menge Matsch und Sand in einem Radius von rund 30 Metern. Ein mehrere Meter breiter und tiefer Graben. Ein paar demolierte Jalousien und eine geplatzte Fensterscheibe. Gegen 19 Uhr schließlich gab der Krisenstab das Evakuierungsgebiet frei, und der Alltag kehrte wieder ein.

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