Seit 1985 in Leipzig, seit 1993 Geschäftsführerin der Frauenkultur, in den Neunzigern Herausgeberin der Zaunreiterin: Christine Rietzke sprach im Interview des Monats über Feminismus damals und heute.
Um eines vorwegzunehmen: Drei Seiten sind nicht genug, um ausgiebig über Feminismen, die Zeitschriftenlandschaft Leipzigs und die Folgen der Wende für die Frauenbewegung der DDR zu sprechen. Versuchen wollen wir es trotzdem. Christine Rietzke scheint dafür die perfekte Ansprechpartnerin zu sein. Wir besuchen sie in der Frauenkultur, wo sie seit über dreißig Jahren wirkt. Die drei Umzüge hat sie ebenso mitgemacht wie diverse Personalwechsel.
In den achtziger Jahren entwickelte sich die autonome Frauenbewegung in der DDR. Sie waren auch Teil davon?
Die autonome Frauenbewegung der DDR gab es nicht, sondern verschiedene Gruppen, die sich alle gut kannten. Ich glaube, die wenigsten hätten sich damals als feministisch bezeichnet; nicht, weil sie es nicht waren, sondern weil das Wort nicht so gebräuchlich war. Ich war seit 1982/83 in der ökumenischen Jugendarbeit. Ein großer Teil der Jungen Gemeinde war gar nicht in der Kirche, aber das waren eben die Orte, an denen man sich treffen und Veranstaltungen organisieren konnte. Ich habe damals in Schwerin gewohnt und dort viel gemacht; 1985 bin ich nach Leipzig gegangen. Hier habe ich erst mal gejobbt; 1987 und 1988 kamen meine beiden Töchter in diese Welt. In der DDR gab es keine Mütterzentren oder Krabbelgruppen-Treffs. Man war durch das Babyjahr bezahlt zu Hause, man hatte keine materielle Not. Aber mir fiel die Decke auf den Kopf. Ich bin dann über Spielplätze gelaufen und habe Frauen angesprochen, ob man sich mit ihnen über mehr unterhalten konnte als über Kinder. Ich fand einen Kreis von Frauen und Männern mit Kindern, die auch politisch aktiv waren. Es war deren Alltag und oft Literatur, die die Leute dazu gebracht hat, miteinander im Gespräch zu sein. Natürlich Christa Wolf, aber auch Literatur aus der westdeutschen Frauenbewegung.
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