Astrid Baumann über den Widerstand gegen die Unterdrückung von Frauen.
Frau Baumann, wie ist es gelungen, die „Nationale Kampagne für ein Recht auf eine legale, sichere und kostenlose Abtreibung" öffentlich sichtbar zu machen?
Die Kampagne hat ihren Ursprung bei den nationalen Frauentreffen, die einmal im Jahr in verschiedenen Städten Argentiniens stattfinden. 2003 war das erste Treffen und seitdem ist die Zahl der Teilnehmerinnen stetig gewachsen. Erst haben wir Unterschriften gesammelt, Informationsstände an öffentlichen Orten aufgebaut und erklärt, warum die Legalisierung der Abtreibung notwendig ist. Das grüne Halstuch hat die Kampagne auf der Straße sichtbar gemacht.
Inwiefern ist das neue Abtreibungsgesetz ein Verdienst der feministischen Bewegung und der Bewegung „Ni Una Menos"?
Das neue Abtreibungsgesetz ist auf jeden Fall ein Sieg der Frauenbewegung. Es gibt Frauen, die bei einer Abtreibung ihr Leben aufs Spiel setzen. Und diese Frauen sterben nicht wegen der Abtreibung, sondern wegen der Umstände. Der Staat muss unsere Rechte als Frauen garantieren, über unseren eigenen Körper zu entscheiden. „Ni Una Menos" hat die Gesellschaft dafür sensibilisiert, vom Staat zu fordern, etwas gegen Frauengewalt zu tun. Die Bewegung hat etwas medial sichtbar gemacht, dass sich seit vielen Jahren angestaut hat.
Welche Bedeutung hat die Legalisierung von Abtreibung in Argentinien für andere Länder Lateinamerikas?
Wir als Frauenbewegung haben gelernt, dass sich mit Geduld, Hingabe und Kreativität etwas erreichen lässt. Damit die Welt etwas bewohnbarer wird, müssen wir sie verändern. Wenn man einmal die Unterdrückung des Patriarchats verstanden hat und sich dagegen auflehnt, dann bleibt man dabei. In Argentinien haben wir etwas erreicht und ich habe keine Zweifel daran, dass es auch in anderen Ländern Lateinamerikas und der Karibik dazu kommen wird. Ich glaube, dass es einen Domino-Effekt geben wird. Das ist wie bei den Frauentreffen: Wenn du siehst, dass eine es schafft, dann weißt du, dass du es auch schaffen kannst.
Interview: Sophia Boddenberg