Nehmt den Öffentlich-Rechtlichen den Grund, die AfD in ihre Talkshows einzuladen. Schaut lieber Netflix. Fünf Empfehlungen. Die Kolumne „Nächste Folge".
Die AfD darf offen in den Polit-Talkshows der ARD und dem ZDF ihr rechtsextremes Gedankengut verbreiten. Es ist widerlich mitanzusehen und eine Schande für den Journalismus. Thesen von Rechtsextremen haben im Fernsehen nichts zu suchen. Eigentlich ja nirgends. Aber die Öffentlich-Rechtlichen lassen es auf der Jagd nach Quoten und auf der Suche nach dem „richtigen Umgang" durch die Auftritte der AfD so erscheinen, als wäre ihre menschenfeindliche Politik vertretbar, ja, diskutabel. „Sie wollen also Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen und am liebsten alle Muslime des Landes verweisen, können Sie das bitte näher erläutern?"
Das Schlimmste daran ist, dass sich den AfDler*innen im Talk meist nicht mal deutlich entgegengestellt wird. Sie können munter schwafeln und werden hofiert. Und dürfen auch einfach mal plauschen, um menschlicher dazustehen.
Darum müssen wir dringend aufhören, einzuschalten. Nehmt Will, Hayali, Lanz, Plasberg, Maischberger, und Illner den Grund, Nazis Sendezeit zu geben. Denn keine Präsenz mehr in etablierten Politsendungen zu haben, würde der AfD einen ihrer wichtigsten Nährböden nehmen: Die Möglichkeit, im TV, unter der schützenden Hand der Öffentlich-Rechtlichen, zu demonstrieren, dass es okay ist, rechtsextrem zu sein. Wenn die AfD ihre Thesen dauernd ungehindert in Talkshows darlegen kann, wird das Gefühl vermittelt, dass rechtsextreme Ansichten Teil der Norm und damit - tatsächlich - bürgerlich sind. Jemand sagte mal zu mir: „Wenn die AfD wirklich so schlimm wäre, wie du immer sagst, dann dürften die doch gar nicht ins Fernsehen." Tja.
Wer also keine Lust mehr auf diese Posse im Öffentlich-Rechtlichen hat, kann auf Netflix ausweichen. Denn dort gibt es Serien und Dokumentationen, die ein Gefühl für Realität, Menschlichkeit und Vielfalt vermitteln.
„When they see us": New York, 1989: Gegen jede Logik und jeden Beweis werden vier Schwarze und ein Latino wegen Vergewaltigung angeklagt. In der Presse werden sie als Tiere beschimpft. Der damals noch als Immobilienmogul und nicht als präsidialer Wetterkartenfälscher bekannte Donald Trump fordert in einer eigens aufgegebenen ganzseitigen Annonce die Todesstrafe für die jungen Männer. Die Miniserie basiert auf den realen Ereignissen und steht exemplarisch für den strukturellen Rassismus, der in den USA bis heute am Werk ist.
„Miss Representation": Die Dokumentation porträtiert die Kämpfe, die Frauen jeden Tag durchmachen. Der Film untersucht, wie Mainstream-Medien zur Unterrepräsentation von Frauen in einflussreichen Positionen beitragen, indem sie begrenzte und oft abfällige Darstellungen von Frauen in Umlauf bringen.
„Queer Eye": In dieser Reality-Show helfen die „Fab 5" Menschen in jedem Lebensbereich und krempeln einmal alles um. Und das macht richtig gute Laune. Die Show kann die Homo- und Transphoben, die Rassisten und Hasser nicht von der Welt tilgen. Aber sie zeigt, dass es gute Menschen gibt, die jeden so nehmen, wie er oder sie ist.
„Dear White People": Sehr zu empfehlen für alle, die immer noch auf den Begriff „Negerkuss" bestehen und auch so ein bisschen Blackfacing an Fasching ganz okay finden. Samantha White (Logan Browning) prangert Rassismus und das fehlen ethnischer Sensibilität an einem fiktiven US-Elitecollege in ihrer Radiosendung an. Und schon sind die findigen weißen Collegestudent*innen da, prangern ihrerseits „umgekehrten Rassismus" an und sehen ihre Meinungsfreiheit gefährdet. Die Serie ist schmerzhaft real, manchmal sehr bitter, dabei aber unglaublich komisch.
„All in my Family": Der chinesische Dokumentarfilmer Hao Wu erzählt von Idealen, Traditionen und Familienstrukturen, von denen er sich zu lösen versucht. Er baut sich ein Leben in Amerika auf, mit seinem gleichgeschlechtlichen Partner und ihren Kindern. Dennoch möchte er, dass seine Familie von seinem Leben erfährt. Die Dokumentation birgt eine schöne Botschaft und widerspiegelt eine Haltung und Werte, die wir alle annehmen sollten.
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