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Notre Dame - die Trauer ist übertrieben

Notre Dame kann gerettet werden. Tote im Jemen können das nicht mehr.

Der Brand von Notre-Dame ruft mehr Emotionen hervor und generiert mehr Spenden, als es die im Elend lebenden Menschen dieser Welt tun. Ein Kommentar.

Notre-Dame hat gebrannt. Das ist insofern eine Nachricht, da es ein großes Feuer war, das in einer alten Kirche ziemlich viel Schaden angerichtet hat. Kann man schade um das hübsche, kulturell bedeutsame Gebäude finden. Nun hat diese Nachricht die Welt aber in allesüberschattende Trauer gestürzt. Schon das Wort „Trauer" klingt wie Hohn für echte Verluste und echtes Elend.

Diese unverhältnismäßige „Trauer" um ein Gebäude, lässt tief in die Seele unserer Gesellschaft blicken. Ein Steingebäude ruft mehr Emotionen hervor, füllt mehr Zeitungsseiten, führt zu mehr Spenden, als es die im Elend lebenden Menschen dieser Welt tun.

Im Jemen läuft die schwerste humanitäre Krise weltweit. Vier Jahre Bürgerkrieg. Nach UN-Angaben gab es bisher 10.000 Tote. Das Elend könnten vor allem durch Investitionen in die Wiederherstellung einer Infrastruktur gemindert werden. Im Jemen herrscht seit Jahren Unterentwicklung, und der Krieg verstärkt die dramatische Situation noch zusätzlich. 22 Millionen Jemenit*innen benötigen humanitäre Hilfe. Den Kliniken fehlt es an allem. Keine Organisation unterstützt den Transport in ein Krankenhaus. Hier wird dringend Geld benötigt.

Aber nicht nur im Jemen könnte Geld etwas bewegen. Impfungen, sauberes Trinkwasser, Zugang zu Bildung, das alles wird durch Spenden möglich gemacht. Die Menschen in Mosambik, Malawi und Simbabwe würden sich sicher darüber freuen, wenn sie nach dem Zyklon „Idai" ihre Häuser wieder aufbauen könnten. Oder die sich ausbreitende Cholera durch Medikamente und sauberes Trinkwasser aufgehalten werden würde.

Aber weder der Jemen noch die Zerstörung durch den Zykon „Idai" füllt das Netz mit Selfies, Trauerbekundungen oder gar Spendenaufrufen.

Innerhalb von 48 Stunden kamen für den Wiederaufbau von Notre-Dame 880 Millionen Euro an Spenden zusammen. Die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch kam im ganzen Jahr 2017 auf 1,6 Millionen Euro. Sea-Watch rettet übrigens Menschen vor dem Ertrinken. Notre-Dame kann man angucken. Und das scheint irgendwie wichtiger zu sein.

Der Brand von Notre-Dame zeigt einmal mehr: Es fehlt auf der Welt nicht an Geld, um denjenigen, die in Not sind, zu helfen. Es fehlt an Menschen, die bereit dazu sind. Es fehlt an Menschlichkeit.

Wer Menschen in Not helfen will, findet hier Möglichkeiten: Unicef: Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Oxfam: Internationaler Verbund verschiedener Hilfs- und Entwicklungsorganisationen Sea Watch e.V.: Rettung von Menschen in Seenot  Zum Original