Ich bin beileibe keine Kosmologin, also umso euphorischer darüber, dass das Universum seit knapp 14 Milliarden Jahren von einer unbegreifliche Menge Energie zusammengehalten wird. Ganz genau lässt sich dieses Alter nicht feststellen, da beim Urknall alle Materie und alles Licht so brutal konzentriert war, dass die heutigen Gesetze der Physik schlichtweg ungültig waren. Faszinierend daran finde ich insbesondere, dass seit dieser Explosion die Beziehungen von Energie immer komplexer wurden. "Fortschritt ist die Seele des Universums", schrieb der französische Paläontologe Pierre Teilhard de Chardin, und meint damit, dass es zum Charakter unserer Weltgeschichte gehört, vorwärts zu gehen, und dabei an Komplexität zuzunehmen.
Es liegt also in der Natur der Sache, dass wann immer sich Sternenstaub zu Atomen, Atome zu Molekülen, und Moleküle zu den Bestandteilen des Lebens zusammensetzten, diese neue Verbindung auch vollkommen neue Fähigkeiten möglich machte. Möglicherweise finden wir in dieser universellen Charakteristik die Begründung dafür, dass auch wir Menschen uns vollkommener, kraftvoller und zuversichtlicher fühlen, wenn wir uns zusammenschließen. Nicht nur im Privaten, sondern auch im kreativen, beruflichen Kollektiv schafft man als Einheit völlig neue Dinge, als im Alleingang. Die Beziehung zwischen mehreren Energien wächst in Komplexität, in Tiefe und ist ein wunderbarer Ausgangspunkt für nie Dagewesenes.
Die multidisziplinäre Agentur Moby Digg setzt sich schon lange mit dem Selbst-Verständnis auseinander, nicht nur ein Studio zu sein, sondern vor allem eine Plattform zur Interaktion. Sie wünscht sich Austausch zwischen Hochschulen, Agenturen, Denkern, Machern, innerhalb der Stadt, innerhalb der Kunst, den Disziplinen der Wissenschaft und allen, die sich Fortschritt wünschen. Jedes Jahr initiieren oder unterstützen Maximilian Heitsch und Korbinian Lenzer demnach ein nicht-kommerzielles Projekt, wie etwa das draufgängerische Panama Plus Festival, das viele Grenzen herausfordert. Das AABER verlieh unter ihren Fittichen seit 2011 durch diverse Ausstellungskonzepte jungem, künstlerischem Schaffen ein aktives Sprachrohr. Die Devise von Moby Digg lautet, das Verbindungsglied zwischen mannigfaltigem Kreativschaffen und einem interagierenden, breiten Publikum zu sein. Heuer stellt sich Moby Digg mit TAAALKS als Event für Design, Technologie und Kommunikation die Frage, wie durch Interdisziplinarität und neue, technologische Werkzeuge ein Wandel in der Branche entsteht. Welche Bühne braucht es, um durch Flexibilität im Design voneinander zu lernen? Wie kann man Designer besser vernetzen, die in unterschiedlichen Bereichen Experten sind und gemein haben, dass sie Technologie in ihren Berufen integrieren? Und im Sinne der eingangs genannten Laufrichtung des Universums: Wie können sich Disziplinen wie Code, Animation und Räumlichkeit miteinander verknüpfen, um eine fortschrittliche Komplexität zu generieren, die alle bisherigen Fähigkeiten aus den Angeln hebt? Was erfordert es, gemeinsam mutiger sein zu können und Grenzen zu verschieben?
Als beteiligte Designer treten beim TAAALKS-Event Martin Wecke vom Design Code Lab in Berlin, das Process - Studio for Design and Art in Wien, die auf Visual Identities spezialisierten Two points.Net aus Hamburg, das Amsterdamer Studio Moniker und UX-Designer Niklas May aus München auf die Bühne des Einstein Kultur in Haidhausen. "Die Vorträge sollen jeweils eine halbe bis dreiviertel Stunde dauern und unter dem Aspekt Technologie von der individuellen Arbeitsweise) der jeweiligen Designer handeln. Anschließend soll es eine Diskussionsrunde und eine kleine Ausstellung mit Visuals an den Wänden geben." Gemessen an den zirka 13,7 Milliarden Jahren, die es bis zur Planung dieses kleinen, aber hochkarätigen Events gedauert hat, sollte sich diesen Nachmittag durchaus jeder freihalten können, der an den zukünftigen Schnittstellen zwischen Design und Technologie ein Interesse pflegt.
Text: Sonja Steppan
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