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„Abendspaziergänger" sind zurück

In der Zeit von Dezember 2014 bis April dieses Jahres fanden in den Oberhaveler Städten Oranienburg und Zehdenick sieben so genannte „Abendspaziergänge für eine angemessene Asylpolitik" statt. An diesen nahmen im Schnitt zwischen 200 und 300 Personen teil, wobei nur ein geringer Teil der organisierten Neonazi-Szene zugeordnet werden konnte. Die Infrastruktur stellte bereits von Beginn an allerdings die NPD.

So hielt der JN-Aktivist Martin U. bei sämtlichen Versammlungen in Oranienburg Redebeiträge. Die Lautsprecheranlage sowie Transparente und Fahnen wurden von Anhängern der NPD, unter ihnen Maik N., Maik Na. und Marco F., zur Demonstration gebracht. Beim ersten Aufmarsch waren auch Personen aus dem Umfeld der Jungen Nationaldemokraten (JN) Potsdam mit einem Banner der Kampagne „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung" in der Demonstration. Auch NPD-Kader, namentlich Aileen Rokohl (Landesgeschäftsführerin aus Barnim) oder Dave Trick (NPD-Stadtverordneter Neuruppin), nahmen am Aufzug der „Oranienburger Bürger" teil. Beim zweiten Aufzug hielt der ehemalige NPD-Stadtverordnete von Nauen, Maik Schneider, das Fronttransparent mit der Aufschrift „Wir sind das Volk", Aileen Rokohl wurde als besorgte Einwohnerin präsentiert und hielt einen Redebeitrag.

Nach mehrmonatiger Pause meldeten sich die „Abendspaziergänger" nun wieder zurück. Dabei versammelten sie sich nicht nur am vergangenen Mittwoch in Oranienburg sowie Anfang Oktober in Zehdenick, sondern zogen auch in neue Orte wie am Donnerstag in Velten und am Samstag in Rheinsberg im Nachbarlandkreis Ostprignitz-Ruppin. Die Teilnehmerzahl schwankte zwischen 130 Personen in Rheinsberg über 200 in Zehdenick und Velten bis hin zu fast 400 in Oranienburg.


Feuerwehrmann als Anmelder

In Oranienburg traten der JN-Aktivist Martin U,. Carlo-Eik C. sowie ein namentlich nicht bekannter Vertreter der „Alternative für Deutschland" als Redner auf. Der Veltener NPD-Stadtverordnete Robert Wolinski machte Photos, die Anlage, Fahnen, Transparente, Ordner kamen aus Kreisen der NPD. Die Grundstruktur bleibt damit in der Hand von Neonazis.


In Velten wurde dies am Donnerstag noch deutlicher. Anmelder des ersten „Abendspaziergangs" in der „Ofenstadt" war Maik N. Um seine Person gab es viel Diskussion, konkret um seine Aktivitäten in der Freiwilligen Feuerwehr Oberkrämer Marwitz. Der Kreisbrandmeister distanzierte sich vom Verhalten N.s und nahm demonstrativ in Uniform an einer Gegenkundgebung teil. Maik N. ist nicht der einzige Feuerwehrmann, der in Oberhavel aktiv ist. Marco F. machte noch im Jahr 2014 eine Grundausbildung zum Truppmann bei der Freiwilligen Feuerwehr Borgsdorf. Beide Feuerwehrmänner tauchen meist gemeinsam mit Maik Na. zu Aufmärschen auf - auch er soll bei einer Freiwilligen Feuerwehr aktiv sein.


Unter den Teilnehmern in Velten waren auch der wegen rechtsterroristischer Aktivitäten verurteilte Christopher H. aus dem Havelland, sowie Aktivisten von „Bärgida". Einer von ihnen hielt einen Redebeitrag und schilderte Situationen in den Berliner Stadtteilen Marzahn und Hohenschönhausen. Eine weitere Rednerin aus Velten beschrieb diffus ihre Angst mit ihrem Hund hinauszugehen, da sie Angst vor den Flüchtlingen habe. In Velten leben derzeit 20 Flüchtlinge. Sie sind dezentral untergebracht, leben dort schon seit vergangenem Jahr und laut Polizei gab es bislang keine Probleme.


Weitere Aufzüge für Ende November angekündigt

200 Menschen liefen am Donnerstag durch Velten. An einer NPD-Kundgebung wenige Wochen zuvor hatten trotz derselben Thematik „Asyl" nicht einmal 100 Personen teilgenommen. Die Träger der Transparente und Ordner des „Abendspaziergangs" - also die grundlegende Struktur - waren allerdings bei beiden Versammlungen anwesend.

Auch bei der Veranstaltung am Samstag in Rheinsberg im Kreis Ostprignitz-Ruppin versuchte man nur mehr schlecht als recht, den rechtsextremem Hintergrund zu verschweigen. Die Technik schleppten der NPD-Stadtverordnete Dave Trick, sowie die Kameradschaftlerin Beatrice Koch zum Kirchplatz. Die Transparente stammten wieder von der NPD Oberhavel, der Kampagne „Ein Licht für Deutschland" und Orts-Fahnen, welche den „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland" zugeschrieben werden. Mit nur 130 Teilnehmern war dies der kleinste Aufzug.


Weitere Aufzüge sind bereits für Ende November angekündigt. Ob Gegenproteste organisiert werden, ist fraglich. In Oranienburg fanden drei extrem rechte Aufzüge weitgehend ohne Gegenwehr statt. In Velten wurde außerhalb der Sicht- und Hörweite eine Kundgebung abgehalten, welche Flüchtlinge willkommenheißen wollte, auf der auch die Bürgermeisterin Veltens sprach. In Rheinsberg und zu Beginn in Oranienburg gab es kleinere Blockadeversuche der rechten Märsche, die allerdings von der Polizei unterbunden wurden.

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