Zwei Jahre nach der Eröffnung hat sich Kirill Kinfelt im Restaurant Trüffelschwein einen Michelin-Stern erkocht. Seine Gäste akzeptieren, dass Top-Produkte ihren Preis haben und lasten das Lokal gut aus.
Hamburg. Konsequenz und Mut sind die Synonyme für den Erfolg der Gastronomie im Restaurant Trüffelschwein.
Das Konzept einer New-Style-Küche im gehobenen Stadtteil Winterhude zu
etablieren war gewagt, aber nicht aussichtlos. Dennoch brauchte es einen
langen Atem und Überzeugungskraft. Der Michelin-Stern hat die Inhaber von daher überrascht.
Rückenwind für ihre frische, saisonale Küche mit internationalem Einfluss bekamen Kirill Kinfelt und Jana Husemann seit 2013 stets von einer begeisterten Presse und auswärtigen Gästen. Dass diese Küche nach diesem kurzen Anlauf nun bereits die Tester überzeugt hat, hätte Kinfelt bis zum November 2015 nicht für möglich gehalten.
„Unsere Konsequenz muss sie überzeugt haben“, mutmaßt er. Denn anfangs hat er seinen Gästen ziemlich viel abverlangt – beispielsweise einen Vertrauensvorsprung.
Gemüse vom Biobauern
Mittlerweile hat er seine Lieferanten beisammen, kauft Gemüse bei einem Biobauern auf dem Markt ein, Fisch auch möglichst regional, Geflügel grundsätzlich aus Frankreich, Rind gern irisch oder aus den USA und generell immer etwas anders als die Masse, etwa grundsätzlich das Deckelstück vom Schweinerücken oder die Backen. Das kostet sehr viel Geld und hat anfangs diejenigen abgeschreckt, die die Preise überzogen fanden. Heute ist er beinahe jeden Abend ausgebucht. Es ist aufgegangen, das Konzept von der Selbstständigkeit der beiden Anfangdreißiger, die sich einst in Göttingen kennengelernt haben, als das Gourmet-Konzept Planea in der Universitätsstadt begründet und auch wieder begraben wurde. An der Erfahrung des Scheiterns sind beide letztendlich gewachsen. „Ich habe viel gelernt daraus und mich weiterentwickelt“, sagt Kirill Kinfelt. Letztendlich hat er durch seine Referenzen – Louis C. Jacob in Hamburg, La Vie in Osnabrück, Gourmet-Outlet bei Tui Cruises – und der entsprechenden Charakterstärke, für gewagte Konzepte auch einen langen Atem zu haben, die besten Voraussetzungen für das Trüffelschwein mitgebracht. Seine Partnerin Jana ergänzt das Team mit ihrem Fachwissen als Hotelbetriebswirtin und hat die Wirtschaftlichkeit stets im Blick.
„Wir wollten vor allem zeigen, dass es funktionieren kann, ein gutes Produkt,
dass gut verarbeitet ist, auch ehrlich zu präsentieren. Dazu muss man
mit den Gästen arbeiten und ihnen erklären, warum Fleisch teuer ist, und
dass es wichtig und richtig ist, für gutes Essen auch Geld auszugeben“,
erklärt Kinfelt. Mit seinem Serviceteam veranstaltet er Food-Tastings,
weil „der Service mein verlängerter Arm ist“. Nur so lassen sich aber
seine Menükreationen, wie etwa Gelbflossenmakrele – Miso – Wildkohl –
Physalis oder Iberico-Schwein – Trüffel erklären. „Ich versuche exakt
das auf den Teller zu bringen, was Saison hat oder in Vergessenheit
geraten ist. Den Wildkohl beispielsweise, beziehe ich aus dem Alten
Land“, sagt der Küchenchef.
Trüffel rückt nach vorn
Mit dem Stern wird sich am Konzept nichts verändern. „Wir haben
den Stern genau dafür bekommen und werden uns lediglich noch weiter
steigern wollen“, sagt Kinfelt. Das Schwein im Namen soll deshalb mehr
in den Hintergrund, der Trüffel in den Vordergrund rücken. Im Innenraum
des Restaurants sollen Fotoquerschnitte das Produkt in Szene setzen.
Schwarzer Trüffel aus dem Perigord und weißer Albatrüffel werden je nach
Saison angeboten. Daraus wird zu jedem Abendmenü Trüffelbutter
gereicht, genauso wie gebackenes Brot und Olivenöl mit Meersalz. Die
Tester hat wohl aber auch die Weinkarte mit rund 120 Positionen und die
Digestif-Theke überzeugt. Beim Wein wollen die beiden Inhaber jetzt noch
weiter aufrüsten, weil „Deutschland momentan unglaublich gute Weine zu
bieten hat“, so Kinfelt.
Silke Liebig-Braunholz
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